Reinhard Döhl | Albrechts Privatgalerie | Benachbarte Galerien / Institutionen

Galerie Folkmar von Kolczynski
R.D.:  Ausstellungen | Lesungen | Sonstiges

Veranstaltungen | Pressespiegel

Veranstaltungen

1987
- Collagen. Stuttgart: Galerie Folkmar von Kolczynski (14.2.-7.3.1987). Beteiligung
- Handschriften. Temperamente in Zeichnung und Skizze. Rottenburg a.N.: Kulturverein Zehntscheuer 24.2.-22.3.1987 / Balingen, Landratsamt Zollernalbkreis (12.5.-5.6.1987) / Stuttgart: Galerie Folkmar von Kolczynski (9.12.1987-10.1.1988). Beteiligung

1989
- 15.4.1989 Wolfgang Ehehalt / Reinhard Döhl: Kunst&Kompostkarten / Reinhard Döhl: Sport / Wolfgang Ehehalt: Bilder Objekte. (15.4.-13.5.1989)
- Collagen. Stuttgart: Galerie Folkmar von Kolczynski (19.8.-16.9.1989). Beteiligung

1990
- 4.4.1990 Sho/Schreibspuren, zus. mit Kei Suzuki. (4.-28.4.1990). Eröffnung

1992
- 19.9.1992 Sho/Schwarze Bilder. Zusammen mit Kei Suzuki. (19.9.-8.10.1992). Eröffnung

1993
- Einblicke - Ausblicke. 1968-1993. 25 Jahre Galerie Folkmar von Kolczynski (31.7.-21.8.1993). Beteiligung zus. mit Kei Suzuki

1994
- 27.8.1994 Weiße Göttin und Schwarzer Mond. Zus. mit Dieter Göltenboth. Stuttgart: Galerie Folkmar von Kolczynski (27.8.-17.9.1994). Eröffnung. 13.9.1994 Lesung R.D. ("Streckverse") / Dieter Göltenboth

1995
- 14.1.1995 Wolfgang Ehehalt, Masken. Stuttgart: Galerie von Kolczynski (14.1.-11.2.1995). Eröffnung

1998
- 31.7.1998 30 Jahre Galerie von Kolczynski (1.8.-9.8.1998). Beteiligung zus. mit Kei Suzuki, Eröffnung ("Querdenker")

1999
- 12.11.1999 Wolfgang Ehehalt, Objekte und Collagen. Stuttgart: Galerie von Kolczynski (12.11.- 20.11.1999). Eröffnung
der Ausstellung und einer homepage wolfgang ehehalt


Pressespiegel

Stuttgarter Nachrichten, 12.5.1989
[nbf]: Galerie Kolczynski
Kunstkompost gegen Kummer

Die Reste der anderen, der intellektuellen sechziger Jahre, warten noch immer darauf, zusammengekehrt zu werden - allein aus den Dialogen zwischen den Künstlern Reinhard Döhl, Max Bense und Diter Roth, ihren H"rspielexperimenten und "Konkrete Poesie"-Spielen käme ein ganzer Resteberg zusammen. Inzwischen sitzt der Literaturprofessor Döhl, liebevoll Gift und Galle gegen "Stuttgarts Kulturverweser" speiend, fest im universitären Professorensattel an der Universität Stuttgart und verweist bevorzugt auf skurrile Typen.

Hoffnungslos unmodisch,  der  Mann. Kein Wunder, wenn er Freunde wie Wolfgang Ehehalt anzieht wie dieser die Fliegen in seinen künstlerischen "Fundsachen". Fehlt jetzt noch zum gemeinsamen  Auftritt: ein Galerist. Ein Außenseiter auch dieser - Folkmar von Kolczynski (Foto), Hohenheimer Straße 40 in Stuttgart, hält mehr von Aussagen als von Gags, mehr von der Kunst als von deren neuzeitlich-kühler Präsentation. Glühbirnen statt Niedervolt-Inszenierungen dienen zur Beleuchtung, Reinhard Döhl und Wolfgang Ehehalt reichts für ein Frage- und Antwortspiel ganz besonderer Art. Gegen Liebeskummer und Buckelweh empfehlen sie "Kunstkompostkarten" - nun, von Ehehalt in Klarsichtfolie verpackt, von der Decke herunter baumelnder Beweis eines dreijährigen Künstlerdialoges: Postkarten, bemalt, collagiert, bekritzelt mit Kommentaren zur aktuellen Lage zwischen Neckar und Nesenbach.

Um dieses museumsreife Stück herum hecheln die von Döhl hemmungslos zerschnipselten Zeugnisse sportlicher Groß-Anstrengung vergeblich ihrer Zusammenfügung hinterher - aus den Collagen gibt es kein Entrinnen. Und Ehehalt verankert selbst in der bemalten Leinwand noch ein kleines Weindepot Na denn: Ein Prosit auf Stuttgart.
*
*
Stuttgarter Nachrichten 11. April 1990
Nikolai B. Forstbauer: Sogar der Dämon weint.
Der japanische Sho-Meister Kei Suzuki bei Kolczynski

Er lebt in der Riesenstadt Tokyo und arbeitet doch an der Vervollkommnung einer altjapanischen Tradition: Kei Suzuki, Meister und Lehrer der "Sho"-Kunst. "Sho" hat auf den ersten Blick mit Kalligraphie und auf den zweiten mit der abstrakten Malerei der fünfziger Jahre zu tun, zumindest aber winkt scheinbar die "Écriture automatique" der Surrealisten aus den kunstgeschichtlichen Schubladen. Doch leider: mit all dem hat Sho gar nichts zu tun.

Es geht vielmehr, die der Meister Ijima Tsutomu sagte, um die "unendlich vielen Möglichkeiten, die eigene Freiheit zu behaupten und dem Zeichen die Gestalt zu geben, wie sie dem eigenen absoluten Leben entspricht". Das vielgebrauchte und oft mißbrauchte Wort "Selbsterfahrung" kommt zu seinem Recht, wenn Kei Suzuki betont, daß die entstandene Form des jeweiligen Wortes ihm Rückschlüsse auf den Zustand der Seele ermögliche. Meister Morita Shiryu sagt hierzu: "Jedesmal, wenn ich mit meiner Arbeit nicht zufrieden bin, prüfe ich meinen inneren Zustand, ehe ich die unbefriedigenden Formen und Linien entdecke. In der Tat, die meisten Fehler an meinem Werk haben ihre Ursache weit eher im inneren Seelenzustand als in der technischen Unzulänglichkeit. Auf diese Weise versuche ich durch Sho-Schreiben mein Ich zu finden."

Reinhard Döhl, in Stuttgart weniger als Künstler und Ausstellungsmacher denn als Literaturwissenschaftler bekannt, bringt die Selbstbefragung auf die Formel: "Wenn im Blatt was nicht stimmt, stimmt mit mir was nicht." Döhl, nach mehreren Japan-Reisen selbst der Faszination "Sho" erlegen, holte Suzuki nach Stuttgart - in der Galerie Folkmar von Kolczynski (Schloßstraße 85) demonstrierte der Sho-Meister seine Arbeitsweise.

Suzuki betastet das Papier - gemalt bzw. "geschrieben" wird nur auf der glatten Seite -, legt das dünne Blatt auf eine Unterlage und beginnt, Tinte ("Boku") zu "reiben". Döhl: "Die Tusche besteht aus einem länglichen harten Block, der zum Beispiel aus Kiefernholzruß und Leim unter Zugabe von Duftstoffen gepreßt wird." Suzuki vergewissert sich daraufhin des Zeichens "Hogetsu" - "im Mondschein gehen" - taucht den gewählten Pinsel in die Tusche und setzt an: in weniger als einer Minute ist alles vorbei - fast alles. Denn das Wichtigste, der Stempel als Zeichen des Künstlers wie als formaler Spannungspunkt, fehlt noch. Aus Speckstein sind die Stempel der Sho-Meister geschnitten, und stets werden sie in Rot getaucht.

Rot (Stempel), Schwarz (Tusche) und Weiß (Papier) reichen den Sho-Künstlern als Farben, kommt es ihnen doch auf den sichtbaren Ausdruck ihres inneren Zustands an. "Sansei" - "immer wieder nachdenken über sich selbst" - heißt denn auch eines der zentralen Blätter in der noch bis zum 28. April zu sehenden Ausstellung.

"Die Blätter sind Spiegel meiner Seele, und das können Sie nur erfassen, wenn Sie ein Wort mehrere Male geschrieben sehen", begründet Suzuki die Schau. Tatsächlich unterstreichen gerade die feinen Unterschiede zwischen denselben "Wörtern" den Reiz der Sho-Kunst.

Als "Lebenspuren" bezeichnet Reinhard Döhl das "Schreiben" von "Sankai ("Das Herz frei") oder "Kikoku" ("Sogar der Dämon weint"). Die Meister beschreiben das Lernen von Sho "als lebenslangen Prozeß". Demnach hat Reinhard Döhl noch eine Menge vor sich: Auch er zeigt "Sho-Arbeiten - rot und an der richtigen Stelle gestempelt.
*
*
Stuttgarter Zeitung, 26.4.1990
[B.S.]: Denkformen
Sho-Malerei bei Kolczynski

Die Sho-Malerei ist mehr eine Kunst des Denkens denn des Berechnens. Die Tuschezeichen auf den zart strukturierten Maulbeerblattbögen sind lediglich das Endprodukt tiefer gedanklicher Konzentration und Meditation. Der große japanische Zen-Meister Suzuki, als Zen-Künstler immer auch Philosoph und Verfasser verrätselter Aphorismen, verweist auf die fast zweckgebundene Mittlerfunktion japanischer Tuschemalerei mit den Worten: "Die Kunst ist vollkommen erst, wo sie aufhört, Kunst zu sein, das heißt, wenn sie die Vollkommenheit des Kunstlosen erreicht".

Reinhard Döhl, Literaturprofessor an der Stuttgarter Uni, früheres Mitglied der Konkreten~Poesie-Schule um Max Bense und  Verfasser von Hörspialen und Schriftbildern, hat sich in der Galerie von Kolczynski (Schloßstraße 85) nicht nur mit der japanischen Denk-Kunst kunstvoll auseinandergesetzt, sondern auch dem Vergleich mit dem Tokioter Sho-Meister Kei Suzuki, ein Nachfahre des großen Zen-Priesters, bis zum 28. April ausgesetzt Seit 1962 beschäftigt Döhl sich mit der abstrakten Schriftkunst, die das Niemandsland zwischen Schrift und Bild, zwischen kalligraphischem Symbol und eigenständiger Form markiert; doch sie zu begreifen ist, wie Suzuki sagt, "ein lebenslanger Prozeß".

Im Vergleich zu den mit "immer wieder Nachdenken über sich selbst" oder "das Herz frei" intitulierten Tuschebildern Suzukis fällt es schwer zu erkennen, ob die Schriftrollen ähnlichen Längsformate Döhls lediglich die "Schreibspuren" eines "Anfängers" oder die "Lebensspuren" eines "Meisters wie Suzuki" - so differenziert er selbst - darstellen. Die graphische Schönheit der kraftvoll bis leicht wirbelnden Tuschebahnen besticht zwar, Sinn und Inhalt, an denen sich auch formale Qualitäten ablesen ließen, bleiben dem westlichen Betrachter jedoch gänzlich verschlossen.
*
*
Stuttgarter Zeitung, 10. September 1994
[Ho] Kunst-Kontrahenten
Reinhard Döhl und Dieter Göltenboth in der Galerie von Kolczynski

Der Galerist Folkmar von Kolczynski schickt aus Anlaß eines kommenden und eines schon überstandenen sechzigsten Geburtstages zwei Kontrahenten in Sachen Kunst und langjährige Stuttgarter Freunde in den Ring: Reinhard Döhl und Dieter Göltenboth.
"Im übrigen wissen wir, daß wir den Begriff Kunst erst loswerden müssen, um zur Kunst zu gelangen", ein Wort von Kurt Schwitters, das den jungen Reinhard Döhl, der nach dem Skandal der Veröffentlichung seiner "missa profana" von Max Bense nach Stuttgart geholt wurde, auf dem Weg zur konkreten Kunst und Poesie begleitete. Es galt, die Natur als Objekt aus der Kunst zu verbannen, sie auf das sprachliche Zeichen zu reduzieren. Der Döhlsche "Apfel" war da ein Markstein.
Für Postkartenformat und die Nichtfarbe Schwarz hat Reinhard Döhl seit jeher eine Vorliebe. Auf schwarzer Grundfläche zwei schwarz gestrichene Nußschalen mit einem kleinen Spalt Naturbraun, das ist "Aesthetica in nuce". Bunt und frech dagegen die "SPottCRuzifixe", schrille Flüche, unter denen Kreuze zu Hampelmännern, Flugzeugen und Eselsköpfen mutieren. Aus der Folge "RomSiebenSachen" sind zwei Ansichten zu den Katakomben zu sehen. Mit Collagen und Tuschmalerei nach Art japanischer Sho-Kunst setzt Reinhard [Döhl] poetische Zeichen für das, was seine Aufmerksamkeit als Literaturwissenschaftler, Künstler und Schriftsteller erregt.
Dieter Göltenboth lebt jedes Jahr mehrere Monate auf der Insel Ibiza, für den Schriftsteller ein Ort der Freiheit, für den Bildner dazu ein Ort, an dem er das Material findet. das ihn zu Materialcollagen und -assemblagen inspiriert. Der Sammler von abgestorbenen Pflanzen, Steinen und Zivilisationsmüll richtet seine Wahl nach den Spuren, die der unendlich langsame natürliche Zerfallsprozeß hinterlassen hat.
"Ich halte und benütze sie wie Beweise von Existenz und wie Masken für Inhalte, die unheimlich und beängstigend sind", sagt Göltenboth, für den Schönheit und Häßlichkeit eher moralische als ästhetische Kategorien sind. Er hat eine Sensibilität für die Sichtbarkeit einer unserem Zeitbewußtsein fremden Zeit entwickelt. Ein Grund, warum sich seine Objekte kaum beschreiben lassen: Ihre Wirkung beruht auf der über Form und Oberflächenstruktur hinausgehenden Ausstrahlung. Einige Arbeiten beschwören die Inselgöttin Tanit aus  punisch-karthagischer  Zeit.  Die "Weiße Göttin Tanit" - eine stelenartige hoheitsvolle Figur aus verblichenen, von Sand und Meer rundgeschliffenen Planken und kleinen Holzstücken. Weiße und erdfarbene Bemalung und der Rhythmus der horizontalen Linien bilden das maßvolle Gegengewicht zur Vertikalbetonung. "Aubarca" (Fischen im Raum) besitzt Inselatmosphäre. Eine lockere Kombination von  Metallgitter,  unscheinbaren  Holzstückchen mit porös-blättriger Struktur, eingestreut ein paar rote Schwimmer von Fischernetzen. Die Kombination der Fundstücke unterliegt dem Willen zu bildhafter Synthese gegensätzlicher Formen und Strukturen. Für Dieter Göltenboth sind es Sinnbilder für "Hoffnung und Scheitern, Aufbruch und Zerfall, Zeichen und Rückkehr in den Naturzustand". (Bis zum 17. September)

**
*