Helmut Heißenbüttel / Reinhard Döhl: Klappentext über 10 Jahre [1970]

Eine spielerische Bestandaufnahme der zahlreichen Veranstaltungen von Niedlichs Bücherdienst Eggert / der Buchhandlung Niedlich in den ersten 10 Jahren veröffentlichte Helmut Heißenbüttel 1970 in seiner "Homage à Wendelin in fünf Teilen", Dieser "Klappentext über 10 Jahre" wurde von Reinhard Döhl für den Internet-Reader "Als Stuttgart Schule machte" durchgesehen und ergänzt.

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10.9.1960 Die Buchhandlung Bücherdienst Eggert in der Schmalen Straße tritt neuerdings auch mit Kunstausstellungen hervor.

12.2.1961 Die kleine Buchhandlung "Der Bücherdienst" in der Schmalen Straße setzt ihre Bemühungen um die moderne Kunst fort.

6.6.1961 Neue Federzeichnungen, Monotypien und Radierungen von Roland Dörfler sind im Bücherdienst Eggert ausgestellt.

7.7.1961 Handdrucke von Josua Reichert sind in den Räumen des Bücherdienstes zu sehen.

23.9.1961 In den Räumen des Bücherdienstes sind Siebdrucke von Wolfgang Schmidt zu sehen.

Dienstag 17.10.1961 Eine holländische Graphikerin präsensiert der Bücherdienst.

Dienstag 16.1.1962 "grafik 60-61" nennt der Bücherdienst eine Ausstellung des 1932 geborenen Piet Moog.

6.3.1962 Ein junger Grafiker stellt sich im Bücherdienst vor.

Freitag 24.7.1962 Heißenbüttels neue Texte, aus denen Heißenbüttel jetzt in der Buchhandlung "Bücherdienst Eggert" einige charakteristische Beispiele vorlas.

Juni 1962 Allerlei Untiere bevölkern die Wände des Bücherdienstes.

Für die Enge kann ich nichts... Am Freitag, den 30. November 1962 - letzter Tag der Ausstellung "Druck und Buchstabenbilder von Klaus Burkhardt" und Vorabend der Calender-Blätter-Matinee - im Bücherdienst Eggert, Stuttgart, Schmale Str. 14, liest Ludwig Harig aus Saarbrücken um 20 Uhr bisher unveröffentlichte Texte.

13.12.1962 Unter der Decke hängt ein feister Rauchpilz. Die unter ihm hocken, lassen ihn munter gedeihen schauen die sie umgebenden Wände aus Büchern hinauf und hinab, und sie atmen ein wenig schwer, wenn sie hinüber zu dem Glas blicken, dessen Inhalt von fern wie Wasser aussieht und von V.O. Stomps wie Wasser getrunken wird.

Sonntag 30.12.1962 Auch Stuttgart hat sein Schwabing. Man trifft sich bei Wendelin Niedlich in der Innenstadt, und der Uneingeweihte stellt mit Entzücken fest, daß er auf eine kleine Insel geraten ist, wo er sich  auf der Flucht vor dem Zeitgeist - mit eben diesem Zeitgeist wieder aufs engste anfreunden kann.

5.2.63 Ein junger Fotograf wird im Bücherdienst vorgestellt.

9.4.63 Lettern unter sich. Josua Reichert beim Bücherdienst.

10.5.1963 Schließlich hat kein Geringerer als Professor Max Bense den Lithographien Paul Wunderlichs im Bücherdienst die Weihe erteilt.

Montag 20.5.1963 Wenn es mit Adornos Folgerung "Die authentischen Künstler der Gegenwart sind die, in deren Werken das äußerste Grauen nachzittert!" seine Richtigkeit hat, so steht das ganze Riesenunternehmen des Künstlerbundes in Stuttgart derzeit im Schatten der kleinen Graphikausstellung Paul Wunderlichs beim Bücherdienst in der Schmalen Straße.

1.7.63 Max Bense: Meine Damen und Herren, sehr verehrter Herr Kunz, sehr verehrter Herr Niedlich, als jetzt schon nicht mehr aus dieser Stadt wegzudenkender Aussteller.

6.8.63 Dadas Wiederkehr. Viel junge, bärtige Intelligenz drängte sich im Bücherdienst.

11.8.63 Der rührige Bücherdienst in der Stuttgarter Schmalen Straße präsentierte in seiner Augustveranstaltung den Sprachwerker Bazon Brock, der sich selbst in der Rolle des "Bewegers" sieht.

Samstag 9.11.1963 Etüden mit dem Bleistift. Ausstellung Fritz Ruoff beim Bücherdienst.

26.11.63 Wendelin Niedlich lädt regelmäßig junge Autoren zu Lesungen ein. Jetzt las Claus Henneberg.

14.1.64 Stuttgart, Schmale Straße 14: In Wendelin Niedlichs Buchhandlung treten die Leute einander auf die Zehen. Das Publikum, das kurz zuvor von dem Einführungsredner Reinhard Döhl auf "Textrealität", methodentechnische Überlegungen und "makro- und mikrosprachliche Gedichtmodelle" aufmerksam gemacht wurde, lauscht mit frommem Ernst.

Januar 1964 Im Bücherdienst lernt man den Graphiker Victor Vasarely kennen. ["Es gibt Künstler, die, wenn sie hören, daß wo was Mode wird, sofort hinter her sind. Das sind Künstler, die immer auf dem Laufenden und dabei sind, weil sie dabei gewesen sein wollen. Das ist ihre Masche. Die kann man abziehen. Und dann gibt es Künstler, die, wenn sie hören, daß wo was Mode wird, ruhig weitermachen. Das sind Künstler, die dabei bleiben und bei etwas dabei sind, das man als ihre Methode bezeichnen könnte. Ihre Methode ist in etwa ihr handwerkliches Programm. Zu diesen Künstlern rechnen wir Victor Vasarely." Reinhard Döhl]

6.5.64 Es hängt an der Wand, ist rund und drehbar, und wenn man näher hinschaut, sind Buchstaben drauf - was ist das? Erraten: es ist Literatur, und zwar "ausschließlich Literatur"... versichert jedenfalls der Hersteller, der es wohl wissen muß. Ferdinand Kriwet (dies der Name des Herstellers) zeigt seine Geduldspielproduktion gegenwärtig in Wendelin Niedlichs Bücherdienst.

12.6.64 Die Buchhandlung Bücherdienst fährt fort, den Liebhabern der konkreten Kunst und Dichtung mit Neuigkeiten aufzuwarten.

7.7.1964 "Es gibt Fotos und Fotos". Mit dieser Feststellung, die ihm gewiß unbenommen bleibt, eröffnete Reinhard Döhl im Stuttgarter Bücherdienst W. Niedlich die erste Ausstellung der jungen Fotografin Abisag Tullmann.

12.10.64 Herr Wendelin Niedlich hatte geladen, und viele, viele kamen. Anlaß zu solchem Andrang gab Karlheinz Deschner, der gekommen war, um in den Räumen des Bücherdienstes die "Öffnung" seines jüngst gedruckten Buches "Talente, Dichter, Dilettanten" vorzunehmen.

20.10.64 In Stößen wurden Max Frisch seine Werke zum Signieren vorgelegt, als er in die Buchhandlung Niedlich kam, um mit den Kunden zu plaudern.

12. Januar 1965 Wendelin Niedlichs Bücherdienst Eggert hatte ursprünglich zu einem Vortrag Max Benses geladen; der Vortrag mußte abgesagt werden. Statt dessen eröffnete Reinhard Döhl die Ausstellung der "serie 11" von Wolfgang Schmidt.

Dienstag 9. März 1965 Wielands Wiederkehr. Mit Reinhard Döhl, seinem Assistenten mehrfach Stuhl und Rednerplatz tauschend, gewährte Martini dann seinen Hörern einen Einblick in die Werkstatt mühsamer Editiorenpraxis undf offenbarte die gemeinsam dafür aufgestellten Dienstvorschriften.

12.2.1965 Die Linie dominiert in den Radierungen und Zeichnungen von Karl Bohrmann (...), doch kann man in sie oft Landschaften hineinsehen. Sie aktivieren also die Vorstellungskraft des Betrachters, für den Referenten das entscheidende Kriterium ungegenständlicher Kunst.

Dienstag 20.4.1965 Wie aber sprach der Verleger des bibliophilen Bands, der Stuttgarter Buchhändler Wendelin Niedlich? Dieses Buch, sprach er, liegt genau auf der Linie unseres neuen Verlagsprogramms - will heißen: "Der Worte sind
genug gewechselt."

14.9.65 Eine makabre, gespenstische, nächtliche Welt scheint in den Radierungen und Lithographien des Hamburgers Horst Janssen auf, die gegenwärtig bei Wendelin Niedlich zu sehen sind  .[Mit einem "Klappentext für Horst Janssen" eröffnet von Helmut Heißenbüttel]

30.9.65 Brisanz des Abstrakten. Heißenbüttel im Bücherdienst Niedlich.

Dienstag, 12. Oktober 1965 Einem gewitzten Feuilletonisten dürfte es gewiß nicht schwerfallen, sich über diese Autorenlesung in Niedlichs' Bücherdienst Eggert munter lustig zu machen. [...] Über die (für normale Ohren gar sonderlich klingenden) Texte, die Reinhard Döhl und Ludwig Harig aus ihren soeben erschienen Büchern "Prosa zum Beispiel" und "Reise nach Bordeaux" lasen. Doch: die Sache liegt tiefer.

20.11.65 Mit der ersten öffentlichen Ausstellung von sogenannter Computer-Kunst, Computer-Grafik kann Wendelin Niedlich in seiner Stuttgarter Buchhandlung aufwarten, mit der Weltpremiere also der "schöpferischen" Rechenmaschine. [Max Bense in seiner Eröffnung: "Vor einem Jahr haben wir im Rahmen des 'Ästhetischen Colloquiums' die ersten Arbeiten von Herrn Nees gezeigt, zu denen er selbst einen Euinführungsvortrag gehalten hat. Hernach stellte sich heraus, daß auch Herr Nake vom hiesigen Rechenzentrum  sich seit längerem mit dieser Produktionsweise beschäftigt"]

20.12.65 Rache am schönen Schein. Janssen und Wunderlich im Bücherdienst.

25.2.66 Bravour der Linie. Hans Bellmer in Niedlichs Bücherdienst.

18.3.66 Hajeks Briefe. Ausstellung in Niedlichs Bücherdienst.

22.4.66 Artikulationen. Franz Mon in Niedlichs Bücherdienst.

1966 Gerhard Rühm liest bei Niedlich.

27.8.66 Eine Auswahl der "Schaufensterkritiken", die in Niedlichs Bücherdienst Eggert ausgehängt wurden, ist nun als "kritisches Jahrbuch 1" vom Verlag Wendelin Niedlich publiziert worden.

Donnerstag 22.9.1966 Wendelin Niedlichs Bücherladen platzt fast aus den Nähten. Ehrung für Käte Hamburger.

Donnerstag 29.9.1966 Jacov Lind bei Niedlich.

12.10.66 Armin Sandig im Bücherdienst.

Montag 24.10.1966 Apokalyptik des Animalischen. Ror Wolf liest bei Wendelin Niedlich.

 5.12.1966 Behagliches bei Niedlich. Reinhard Döhl las "Es Anna"

10.12.66 Stirner nicht die Stirn geboten. H.G. Helms las in der Buchhandlung Niedlich.

8.3.67 Fleisch wie Gras. Graphik von Rudolf Schoofs bei Niedlich.

24.4.67 Vieles steht senkrecht. H. Heißenbüttel liest bei Niedlich.

Freitag 5.5.1967 Spiel mit Wortleichen. Chotjewitz las bei Niedlich.

Juli 67 Galerie Brockstedt. In Niedlichs Bücherdienst. Kulturnachrichten: In der Galerie Wendelin Niedlich wird am 28. Juli durch Helmut Heißenbüttel eine Ausstellung mit Grafiken von Reiner Schwarz eröffnet. ["Ich fange ganz allgemein an."]

August 1967 erotisches Mythenschauspiel des neckischen Gottes, der sich im Zauberwald schlank behenden Weledamädchen annähert in üppig ornamentaler Eurythmie. [Hermann Finsterlins zum 80sten].

September 1967 Die Einladung für den Freitagabend, 15. September in Niedlichs Buchladen, war knapp gehalten: "Reinhard Döhl liest Hans Arp ... aus gegebenem Anlaß". [...] Feierten doch viele [...] den achzigsten, während man bei Niedlich ganz exklusiv den [...] richtigen und zwar den einundachzigsten Geburtstag des Meisters feierte. Der zudem auch mit Döhls dreiunddreißigsten zusammenfällt.

12.10.67 Telefonisch eröffnet. Friedrich Meckseper bei Niedlich.

13.10.67 Schuldt bei Niedlich.

24.11.67 Eigenlich nur drei der Schriftsteller hatten gemerkt, daß sie sich in der Öffentlichkeit aufhalten. Sie wählten Texte aus, die durch ihren intelligenten Witz wie fürs Ohr geschaffen sind. So Reinhard Döhls haikuistische Spielereien. [...] Helmut heißenbüttel stellte die Naivität mit einer Vehemenz an den Pranger, daß man hätte meinen können, sie stehe nie wieder auf.[...] Professor Max Bense hat in gewohnt exakter Manier in die Bewußtseinslage des modernen Dichters eingeführt. 0rganisiert war die literarische Großkundgebung von dem Stuttgarter Buchhändler und Verleger Wendelin Niedlich.

6.12.67 Der Graphiker Ernst Fuchs bei Wendelin Niedlich.

10.1.1968 Lohn für Bewegung. Bruno Demattios Objekte bei Niedlich. Auf dem Einladungszettel [...] wußte Reinhard Döhl "noch nicht, was er dazu sagen soll".

22.1.68 Die Rixdorfer Balltreter in Stuttgart. Es war ein Riesenspaß, dieses erste Kunst-Fuß-Ball-Spiel, zu dem am Sonntag Stuttgarter Buchhändler Wendelin Niedlich einzuladen sich Ehre gegeben hatte.

10.2.68 Mescalin und Morphium. H.C. Artmann bei Niedlich.

1.3.1968 Helmut Heißenbüttel eröffnet Wolfgang Oppermann. ["Ich fange an wie ein Lehrbuch."]

5.4.1968 Klaus Warmuth, Zinkätzungen. Eröffnung

6.5.68 Der konstruierte Roman. Jürgen Becker las in Niedlichs Buchhandlung.

Dienstag 30.7.1968 Nach drei Monaten fiel Niedlich in der Bauhausausstellung um.

12.9.68 Dichtes und Diffuses bei Niedlich.

5.11.68 Von den Strapazen der "Tage für [neue] Literatur in Hof" kaum erholt, kam Claus Henneberg jetzt nach Stuttgart, um sich im unorthodoxen Buchladen Wendelin Niedlichs als ebenso unorthodoxer Erzähler vorzustellen.

22.11.1968: Große Lesung Tschechoslowakische Avantgarde (mit Josef Hirsal, Josef Honys, Jiri Kolár, Vera Linhartová, Milan Nápravník, Ladislav Novak, Jiri Valoch]

24.1.1969 Modelle und Momente, Karin Székessys Fotografie. ["Auch Karin Székessys Fotografie erinnert wieder daran, daß ein neuer 'Laokoon' geschrieben werden müßte, daß aber sein 'Lessing' weniger über die "Grenzen der Malerei und Poesie" zu sprechen hätte, sondern vielmehr von den Unterschieden und Übereinstimmungen zwischen Malerei und Fotografie". Max Bense]

Dienstag 18.2.1969 Niedlichs Buchladen und Galerie, wo sich die junge Generation und was sich dafür ausgibt, bei einer Tasse Kaffee inmitten einer internationalen Auslese avantgardistischer Literatur und wechselnder Ausstellungen von Graphik und Photos (gegenwärtig von Karin Sczékessy) trifft.

1969 Hände, Hände, Hände bei Wendelin Niedlich. In der Buchhandlung Niedlich sprach am Montag, dem 19. Mai 1969, Oswald Wiener über einen Aspekt seines Buches "Die Verbesserung von Mitteleuropas".

Montag 9.6.1969 Schizophrenie. Manfred Esser bei Niedlich.

Freitag 20.6.1969 Lust für Architekten bei Niedlich.

4.7.1969. Helmut Heißenbüttel eröffnet Rupprecht Geiger. ["Bilder, auf denen nichts zu erkennen ist?"]

21.7.1969 Kirchentägliches mit Wittgenstein. Wendelin Niedlichs Hit-Parade in der Liederhalle.

Mittwoch 24.9.1969 Wendelin Niedlich: Müßiger Streit. Kunst kommt von künstlich.

1969 Wendelins Buchladen bietet nicht nur Druckwerke feil. Er ist - Eingeweihte wissen das - auch ein Markt für Ideen  und Konzeptionen, denen man später durchaus in Buchform begegnen kann. Mit anderen Worten: Es gibt dort von Zeit zu Zeit interessante Vorträge und Diskussionen.

3.3.1970 Helmut Heißenbüttel eröffnet Armin Sandig. ["13 Verallgemeinerungen für Armin Sandig"]

12.2.1971 Helmut Heißenbüttel eröffnet Jan Peter Tripp. ["wenn einer käme und erzählen würde von Jan Peter Tripp"]

Usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw.