reinhard döhl | gedichte | die vase, blaß, geborgen aus nacht und fahrt und licht
Jardins sous la pluie

(für Flöten)

Jardins sous la pluie | Nocturne | En face | Obelisk in Neon | Du hältst die Vase in deiner Hand | Largo für ein Holzinstrument

Jardins sous la pluie

Der Regen schlägt an die Scheiben,
ewiger Regen vom Meer,
es sind die Tage, die bleiben,
aber die Tage sind leer.

An Rausch und Sinnen verfallen,
tragen den dunklen Flor,
sinnst du das Blatt und das Fallen,
ist kein Geräusch für dein Ohr.

Ist auch kein Weg in den Gärten
zwischen Dingen des Lichts,
es sind nur Worte und Härten
und das schweigende Nichts.

Die Hoffnung, daß es dir bliebe,
was du nie schon gefaßt,
Scherben in Händen und Liebe
und das Bild, das du sahst.
 

Nocturne

Die nimmermüden Grillen saugen,
saugen den Abend aus,
unsere Liebe ist unser Haus,
und Nacht liegt auf deinen Augen.

Bloß der Wind stümpert
noch ein wenig am Dach.
Bald ist nur er noch wach,
wenn mit Ziegeln er klimpert.

Und wenn Grillen und Wind
auch zur Ruhe sich legen,
fällt ein leiser Regen.
Ruhig atmet das Kind.
 

En face

Soll wie ein Märchen sein,
was ich dir sage,
wie ein uraltes Märchen -
und das Zage
einer Kinderwelt,
kaum - behutsam auf den Tisch gestellt,
Licht brennt hell und rein, -
soll wie ein Märchen sein
zwischen Gestern und Welt.
 

Obelisk in Neon

Durch die Tage gegangen,
Tage, wie du und ich,
an den Gräbern gehangen,
schreiten und treiben sich.

Aus dem Asphalt geboren,
Jugend aus Neonlicht,
Das Geräusch in den Ohren
empfunden, du hörst es nicht.

An den Stellen gestanden,
abgebrochenes Sein,
schreiten, - und was wir fanden,
war die Erkenntnis: allein.
 

Du hältst die Vase in deiner Hand

Die Vase, blaß, geborgen
aus Nacht und Fahrt und Licht,
noch tragen deine Sorgen
und träumen ein Gesicht.

Aus Schlaf und Lagerstätten
in das dunkle Wozu,
letztes Rot und die Ketten,
letzte Rose und du.

Und langsam im Vorbeigehn
sehen und schweigen, aus
Traum und dann dabeistehn
und sagen: Liebe und Haus.
 

Largo für ein Holzinstrument

Das letzte Blatt gefallen,
der Apfel abgepflückt,
die Spieluhr hat den Zeiger
über die Stunde gerückt.

Nur für ein schwaches Atmen
war die Stille gereicht,
die Farben wurden älter,
in rauhen Winden gebleicht.

Im Dämmer die Konturen,
ins graue Licht gestellt,
nur Schwarz und Weiß, und tragen
sich und die sterbende Welt.

Schein auf letzten Altären,
die der Abend durchweht,
angelehnt an die Säule,
Schweigen als letztes Gebet.

Und dann gehen und schweigen,
aus Portalen gereiht,
weitergehen und tragen
sich und das Wissen: zu weit. 


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