Möglichkeiten, Umfang und Wurzeln experimenteller Literatur Kunst und Musik im 20. Jahrhundert
Reinhard Döhl | Musik - Radiokunst - Hörspiel*)

Musik - Nachricht - Literatur | Rundfunk ohne Hörspiel | Begrifflichkeit | Mehr Theorie als Praxis | Akustische Literatur und Rundfunk | Das hörbare Buch der Zukunft | Theorie und Praxis | Ein Meisterwerk des schöpferischen Tons | Das musikalische Hörspiel | Musik als Hörspiel | Hörspielmusik | Anmerkungen

Die folgende historische Skizze geht von der Hypothese aus, daß bei der Genese des Hörspiels in Deutschland die Musik eine wesentlich größere Rolle gespielt hat, als seine vom Standpunkt des literarischen als des eigentlichen Hörspiels geschriebene Geschichte wahrhaben will. Und daß sich zugleich außerhalb der Funkhäuser eine akustische Literatur entwickelte, die sich zum ersten Mal im Club d'Essai der O.R.T.F. mit der Musik zu Rundfunkeigenkunstwerken fruchtbar zusammenschloß.

Die hörspielgenetische Rolle der Musik kann eigentlich nur den überraschen, der sich noch keine Gedanken über die Bedingungen des Rundfunkprogramms, die ja auch die Bedingungen des dort plazierten Hörspiels sind, gemacht hat. Von ihnen ist also als einer durchaus nichtliterarischen Bedingung des Hörspiels (1) zunächst auszugehen.

Musik - Nachricht - Literatur

Hörspielgeschichte und -theorie zitieren gerne aus Alfred Döblins berühmter Kasseler Rede von 1929 (2). Und sie zitieren mißverständlich, da verkürzt, als Definition:

Es ist mir sicher, daß nur auf ganz freie Weise, unter Benutzung lyrischer und epischer Elemente, auch essayistischer, in Zukunft wirkliche Hörspiele möglich werden, die sich zugleich die anderen Möglichkeiten des Rundfunks. Musik und Geräusche, für ihre Zwecke nutzbar machen (3).

Dieses Zitat nimmt als Definition, was Döblin als Prospekt meinte: in Zukunft wirkliche Hörspiele möglich werden. Wobei gerne überlesen wird, daß Döblin in seinem Prospekt eine Verbindung mit den anderen Möglichkeiten des Rundfunks, Musik und Geräuschen herstellt. Drittens bleibt unberücksichtigt, was Döblin über diese Möglichkeiten, genauer: aber die Möglichkeiten des Rundfunks und ihre Rangfolge zu Beginn seiner Rede festgehalten hatte.

Das akustische Instrument Rundfunk vermittle, hieß es dort, seiner Natur nach Töne und Geräusche, das ist ungleich wichtiger als die Literaturvermittlung für ihn die Verbreitung von Musik. Warum die Musik? Das folgt einmal aus dem riesigen Umfang der Hörermasse. Die Musik ist einfach universeller als die Literatur, allgemein leichter verständlich, und darum ist sie die gegebene Kunst des Rundfunks [!, R.D.]. Neben die Musik tritt dann als wichtiges Gebiet des Rundfunks die Nachrichtenverbreitung, die Journalistik, die gesprochene Tageszeitung. Daß der Rundfunk am schnellsten Nachrichten übermittelt und sie auch rasch ausmünzen kann, sichert diesem Instrument einen ganz besonderen Platz unter den Verbreitungs- und Wirkungsmitteln. Ich möchte glauben, wir tun nicht unrecht, wenn wir sagen: erst an dritter Stelle kommt das Gebiet [...] der geformten Sprache, der Literatur (4).

Eine solche Rangfolge, an der sich bis heute im wesentlichen nichts geändert hat, erklärt leicht, warum sich erstens ein literarisches Hörspiel, das Hörspiel als Literatur zunächst nicht recht entwickeln wollte. Daß sich dagegen zweitens ein mit Sensation und Aktualitat spielendes Hörspiel relativ schnell entwickeln und bis heute eine Vielzahl von Möglichkeiten erproben konnte. Und daß drittens speziell in den frühen Überlegungen zu einer rundfunkeigenen Kunst Musik und Geräusch eine so dominante Rolle gespielt haben, daß sich von Anfang an und vor den Literaten Musiker entwerfend und kritisch zu Wort meldeten. So aufregend Helmut Heißenbüttels "Horoskop des Hörspiels" auf der "Internationalen Hörspieltagung" 1968 in Frankfurt wirkte, bezogen auf die Rangfolge Döblins war es nur konsequent, wenn Heißenbüttel damals der Hörsensation zwei Grenzpole zuwies, die pure Nachricht auf der einen und die musikalische Sublimation des Sprachlichen auf der anderen Seite (5).

Rundfunk ohne Hörspiel

Die Geschichte des Hörspiels beginnt ohne Hörspiel. Eine Hörerbefragung im ersten Rundfunkjahr kannte das Hörspiel weder als Wunsch noch als Gattung. Sie ermittelte vielmehr für die Operette 83,3 %, für die Oper 48,2 % und für das Schauspiel 15 % der Hörerwünsche. Ihre Adaption als "Sendeoper" (6) und Sendespiel, ihre Aufführung zu den technischen Bedingungen des neuen Mediums sind unter anderem als Konsequenzen aus dieser Umfrage zu verstehen. Gleichzeitig werden sie in der theoretischen Auseinandersetzung zunehmend in Abgrenzung zum Hörspiel diskutiert, so wenn Hellmuth Falkenfeld in einem Essay "Hörspiel und Oper" feststellt:

Der schönste Text macht noch nicht die Oper wertvoll. Es ist eben hier wirklich die Musik, "qui fait la musique". Im Hörspiel dagegen macht das Wort 'die Musik'. Hier ist das Wort das Element der Partitur und die Musik ist die Kulisse. Und an späterer Stelle: In der Oper [...] dient das Wort dem Ton; im Hörspiel [...] der Ton dem Wort (7).

Begrifflichkeit

Falkenfelds Wortgebrauch des Tons, der Partitur, an anderer Stelle der Wortpartitur oder des Konzerts der Stimmen leitet aber zu einem weiteren, nicht uninteressanten Aspekt: der Begrifflichkeit der frühen Hörspieldiskussion, die sich, kaum überraschend, aus dem Spannungsfeld zwischen Musik und technischem Instrumentarium rekrutiert. Vom Rundfunk als akustischem Instrument zur Übertragung von Tönen, Geräuschen und Worten hatte Döblin 1929 in Kassel gesprochen. Doch schon 1925 wies Aloys Wilsmann einen Versuch zur "Dramaturgie des Hörspiels" ausdrücklich als "Studie über Klangprobleme im Rundfunk" aus, forderte er vom Hörspielautor, den dramatischen Spiel-Erlebnissen die adäquate akustische Gestalt zu geben, sie völlig in Klang und Schall aufzulösen und auszudrücken (8), stellte er der Hörspieltechnik als Aufgabe, akustische Kulissen aufzubauen, worunter er klangfähige Körper und Systeme verstand, die im Senderaum entsprechend aufgebaut werden und infolge ihrer schallbrechenden und überlagernden Wirkung 'akustische Perspektiven' eröffnen. Es handele sich bei ihnen um beabsichtigte, wandelbare, der künstlerischen Gestaltung zugängliche räumliche 'Klangbauten'(9).

Diese von Wilsmann geforderte akustische Kulisse war zwar schnell in aller Munde, führte aber auch zu folgenreichen Mißverständnissen, wenn sie die rhythmische Symbolisierung durch Musik und Geräusche bezeichnete, akustische Stimmungsmomente, die Wesenheit des Hörspiels, also engeres Material des Hörspieldichters und -komponisten seien (10). Wilsmann griff deshalb 1927 in einer Erörterung der "Probleme des künstlerischen Rundfunks" (11) seine Forderung einer akustischen Kulisse noch einmal auf und stellte klar, daß es nicht um das Wort vor einer akustischen Kulisse, durch die es bedeutsam aufgeladen werde, gehe, sondern um Sprache und Musik im akustischen Raum, in dem Klang und Ton [...] eingespannt würden in die klanglichen Beziehungen des betreffenden Raumes, den Wilsmann deshalb auch als Klang-Raum bezeichnet, während er Sprache und Musik die wichtigsten Faktoren des Hörspiels nennt. Wilsmann zielt dabei mit seiner Verbindung rundfunktechnischer und musikalischer Überlegungen auf nichts anderes als die uns heute so selbstverständliche Stereophonie, überzeugt, "daß sich die Wirkungen meiner 'akustischen Kulissen' und der Stereophonie aufs beste ergänzen (12).

Solche, in ihrer Konsequenz in diesem Rahmen gar nicht auszudiskutierenden Belege lassen sich bis in die 30er Jahre beliebig vermehren, zum Beispiel um das Wort Klangfarbe (13), das ja auch in Überlegungen Arnold Schönbergs und Wassily Kandinskys eine Rolle spielte. Schließlich gar um die Vorstellung des Hörspiels als eines Klangkörpers (14).

Mehr Theorie als Praxis

Wenn Edmund Wachten Überlegungen zum "Hörspiel mit Musik" einleitet: Die Auseinandersetzungen über das Hörspiel haben unverhältnismäßig mehr Literatur über theoretische Grundlagen hervorgerufen als diese neue heranwachsende Kunstgattung durch praktische wegweisende Beispiele gefördert, und diesen Tatbestand in der Problematik der Gattung selbst begründet sieht (15), legt dies auch für eine historische Skizze eine Trennung von Hörspieltheorie und -praxis nahe.

Bei den Wechselbeziehungen zwischen Musik und Hörspiel ist dabei festzuhalten, daß die Diskussion um die Möglichkeiten einer eigenen Kunstform des neuen Mediums bereits 1924 und 1925 forderte, was zum ersten Mai das Programm des Club d'Essai, in großer Breite erst das Neue Hörspiel Ende der 60er Jahre unter technisch verbesserten Bedingungen einlösen konnten. So war zum Beispiel lange vor Friedrich Knillis scheinbar so avantgardistischen Überlegungen über "Mittel und Möglichkeiten eines totalen Schallspiels< (16) - und zwar schon im ersten Rundfunkjahr - von einem Schallspiel die Rede, dessen Zustandekommen wesentlich auf der Wirkung eines akustisch- elektrischen Vorgangs beruhe (17). Da forderte Lothar Band, der einige Jahre später den Begriff der Klangfarben in die Diskussion einbrachte, 1924 in einem Aufsatz "Die Musik im Rundfunk", das ganze, weite, rein akustische Gebiet nach Hilfsmitteln und Quellen zu durchforschen - heißen sie Musik oder Geräusch - um sich hieraus seine eigene Kunst erst zu formen (18). Da sollen ein Jahr später die akustischen Ausdrucksmittel durch die Rundfunktelephonie ungeahnt vermehrt, gar eine akustische Zeitlupe erfunden werden, was in Konsequenz zu einer absoluten Radiokunst führen könne (19).

Nachzulesen ist letzteres in einem Artikel über "Möglichkeiten absoluter Radiokunst", dessen Verfasser kein geringerer als Kurt Weill war. Weill gehörte wie Paul Hindemith zu den Musikern, die sehr viel spontaner als die Schriftsteller die Entwicklung des Rundfunks von Anfang an begleitet haben. Es wird wohl mit der Behauptung nichts Neues gesagt", resumieren 1929 Hans Flesch und Ernst Schoen, daß der Frankfurter Sender seine stärksten Impulse auf musikalischem Gebiet empfängt und entsendet, und daß es besonders die zeitgenössische Musik ist, deren Pflege aus einer ganzen Reihe von Gründen zu den Hauptgebieten seiner Tätigkeit zählt (20). Und Flesch/Schoen nennen in diesem Zusammenhang Erst- und Uraufführungen von Hindemith, Béla Bartók und Philipp Jarnach, die Beziehungen des Frankfurter Senders zum Baden-Badener Musikfest sowie Kompositionsaufträge an Ernst Toch und Weill in Frankfurt, Frank Schreker in Breslau und Hindemith in Berlin.

Für die meisten von ihnen war der Rundfunk auch ein Instrument, das eine Erweiterung der musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten bot: Nun können wir uns sehr gut vorstellen, daß zu den Tönen und Rhythmen der Musik neue Klänge hinzutreten [...]: Rufe menschlicher und tierischer Stimmen, Naturstimmen, Rauschen von Winden, Wasser, Bäumen und dann ein Heer neuer unerhörter Geräusche, die das Mikrophon auf künstlichem Wege erzeugen könnte, wenn Klangwellen übereinandergeschichtet oder ineinanderverwoben, verweht und neugeboren werden würden (21).

Was Weill absolute Radiokunst nannte und Band als Klangphänomen, als das nur Akustische forderten, war - so muß man aus Gründen der historischen Korrektheit hinzufügen - nicht Hörspiel, war auch nicht an den eher spärlichen zeitgenössischen Hörspielansätzen orientiert. Eher am Rande erwähnte Weill, daß man davon spreche, das Hörspiel gänzlich vom herkömmlichen Theater (!, R.D.) loszutrennen, es als eine nach den eigenen Gesetzen und mit den eigenen Zielen des Senderaumes orientierte Kunstgattung auszubauen (22). Und als sich Weill 1929 wieder einmal zu Wort meldete, setzte er einem literarischen Hörspiel, an dem immerhin große Kreise des Unternehmertums und des Publikums interessiert seien, setzte er den immer noch gesendeten Opern und Operetten das musikalische Hörspiel entgegen, das in Zukunft leicht zu entwickeln sei angesichts der völlig anderen Rolle, die die Musik inzwischen im Operntheater spiele (23).

Weills Trennung von literarischem und musikalischem Hörspiel signalisiert, daß beides jetzt nebeneinander herläuft, daß eine dem Medium entsprechende und gemäße, aus dem Medium entwickelte Radiokunst vorerst Utopie blieb. Entsprechend wird auch, was sich theoretisch zunächst durchaus aufeinander zu bewegen schien, in den Prognosen und Prospekten immer deutlicher getrennt, erscheint in ihnen als künftiges musikalisches Eigenkunstwerk und als ein künftiges Hörspiel, das sich Hans Flesch aus dem Mikrophon heraus" komponiert wünschte (24).

Bezogen auf ein künftiges musikalisches Eigenkunstwerk des Rundfunks referierte er 1928 auf der ersten Programmrats-Tagung der deutschen Rundfunkgesellschaften in Wiesbaden:

Wir können uns heute noch keinen Begriff machen, wie diese noch ungeborene Schöpfung aussehen kann. Vielleicht ist der Ausdruck 'Musik' dafür gar nicht richtig. Vielleicht wird einmal aus der Eigenart der elektrischen Schwingungen, aus ihrem Umwandlungsprozeß in akustische Wellen etwas Neues geschaffen, das wohl mit Tönen, aber nichts mit Musik zu tun hat (25).

Es ist keine Frage, diese Überlegungen Fleschs lassen sich ebenso auf Weills Vorstellung von Geräuschen, die das Mikrophon auf künstlichem Wege erzeugen könnte, zurückbeziehen wie sie auf eine spätere elektronische Musik vorausweisen, die allerdings in ihrer hörspielgeschichtlichen Bedeutung in den größeren Zusammenhang von "Sprache und Elektronik" (26) zu stellen ist.

Akustische Literatur und Rundfunk

Die Geschichte einer akustischen Literatur als einer Alternative zur visuellen Poesie ist bisher, soweit überhaupt, ohne Berücksichtigung ihrer Medien geschrieben worden, ohne Beachtung der Rolle, die bei ihrer Entwicklung der Schallplatte, dem Tonband und - in Grenzen - dem Rundfunk zukommen. Andererseits ließ der Rundfunk an der Entwicklung dieser Literatur wenig praktisches Interesse erkennen, entzog er sich lange seiner Aufgabe der Aufbereitung im Studio, der Bereitstellung zur öffentlichen Diskussion (27). Sein Interesse war, falls überhaupt vorhanden, eher zufällig, zumeist kurzfristig, oft sogar abwehrend, so daß die Emanzipation der konkreten, der elektronischen Musik mit ihren fließenden Grenzen zu einer akustischen Literatur weitgehend außerhalb der Funkhäuser stattfand, an die sie in ihren Ansätzen gebunden war. Denn die elektronische Musik wurde 1953 in einem eigens dafür vom Westdeutschen Rundfunk in Zusammenarbeit mit dem Bonner Universitätsinstitut für Phonetik und Kommunikationsforschung eingerichteten Studio erprobt, allerdings ohne zunächst daran zu denken, eine neuartige, rundfunkeigene kompositorische Kunst ins Leben zu rufen. Man gab sich nur mit der Erzeugung und Montage besonderer Effekte für Wortsendungen ab, die außerhalb des Bereiches der traditionellen Instrumente und Aufnahmetechniken lagen (29).

Daß dies dennoch hörspielgeschichtlich von Bedeutung war, deutet ein Vergleich an. Bertolt Brechts 1929 erstaufgeführter "Lindberghflug", von dem später noch einmal zu reden sein wird, bemühte sich in einem Wechselspiel von Text und Musik (Hindemith/Weill) auch um eine Lösung dessen, was man seinerzeit Hörspiel mit Musik nannte. Blieben in seinem Fall die Stimmen noch bei starkem Musikeinsatz als Stimme z.B. des Nebels, des Schneesturms, des Schlafs verständlich, kommen jetzt bei einer das gleiche Thema behandelnden Hörfolge "Gegen den Dezembersturm" elektronische Klänge ins Spiel, werden menschliche Stimmen mit Hilfe eines elektronischen 'Verzerrers' in einer Weise verändert, daß sie aus dem Telefonhörer zu kommen schienen, um sie dann mit Sinustönen zu modulieren. Daß dabei der Sinn der Worte [...] zwangsweise verloren ging, wurde in Kauf genommen. da der Hörer noch hinreichend erkannte, daß es sich um ein sprechendes Organ handelte, um das Organ hinter dem Rücken des Fliegers auftauchender und wieder verschwindender Phantome (30).

Schon kurze Zeit später konnte das 1954 im Mailänder "Studio di Fonologia Musicale" produzierte radiophone Bild der Stadt Mailand, "Ritratto di Città", belegen, in welchem Maß konkrete und elektronische Geräusche und Klänge mit Worten eine fruchtbare Verbindung einzugehen vermögen, was in einem speziellen Vergleich mit Luigi Russolos "Risveglio di una città" noch deutlicher wird:

Elektronische Komplexe, aus dem Leben kopierte Alltagsgeräusche in denaturierter Form, Filterklänge und der Text des Sprechers mischen sich zu einer eigenartigen und immer noch eindrucksvollen Reportage, die oftmals die lyrische Qualität wirklicher Dichtung erreicht (31).

Das hörbare Buch der Zukunft

Die Vorgeschichte einer solchen Radiophonie (32) läßt sich bis in eine noch radiolose Zeit zurückverfolgen und unter anderem 1918 mit einem kleinen Essay Guillaume Apollinaires, "L'Esprit nouveau et les Poètes", besetzen, den man auch als Testament Apollinaires bezeichnet hat. Dieses Testament Apollinaires ist bedeutsam einmal wegen seines Prospekts einer ästhetischen Entwicklung zur Synthese der Künste (33), im augenblicklichen Zusammenhang vor allem wegen der Einsicht, daß künstlerische Produktion in einem zunehmenden Maße in Konkurrenz zu den Medien cinéma und phonographe treten werde:

Es wäre sonderbar gewesen, wenn die Dichter in einer Zeit, da die Volkskunst schlechthin, das Kino, ein Bilderbuch ist, nicht versucht hätten, für die nachdenklicheren und feineren Geister, die sich keineswegs mit den groben Vorstellungen der Filmproduzenten zufrieden geben, Bilder zu komponieren. Jene Vorstellungen werden sich verfeinern. und schon kann man den Tag voraussehen. an dem die Dichter, da Phonograph und Kino die einzigen gebräuchlichen Ausdrucksformen geworden sind, eine bislang unbekannte Freiheit genießen werden. Man wundere sich daher nicht, wenn sie sich, mit den einzigen Mitteln, über die sie noch verfügen, auf diese neue Kunst vorzubereiten suchen, die viel umfassender ist als die einfache Kunst der Worte und bei der sie als Dirigenten eines Orchesters von unerhörter Spannweite die ganze Welt, ihre Geräusch- und Erscheinungsformen, das Denken und die Sprache des Menschen, den Gesang, den Tanz, alle Künste und alle Künstlichkeiten und mehr Spiegelungen, als die Fee Morgana auf dem Berge Dschebel hervorzuzaubern wußte, zu ihrer Verfügung haben werden, um das sichtbare und hörbare Buch der Zukunft zu erschaffen (34).

Eine weitere Spur, die sich vor diesem Hintergrund vom italienischen Futurismus ausgehend über die Zürcher Dadaisten aufnehmen läßt und mit Kurt Schwitters' "Sonate in Urlauten" ihren ersten Höhepunkt erfährt (35), wäre die Geschichte des Lautgedichtes, das sich in Opposition zu Form und Inhalt traditioneller Lyrik, in radikaler Reduktion auf das Alphabet als eines Ensembles von Lautzeichen und akustischen Bausteinen entwickelte. Dichtung sei, hatte ich im letzten Kapitel bereits Raoul Hausmann zitiert, Dichtung sei gewollte Auflösung geworden und bediene sich nurmehr der Buchstaben des Alphabets. dem letzten Phänomen rein menschlicher Klangform, was nicht als destruktiv, als haltloses Gestammel anarchistischer Ungehemmtheit zu bewerten sei. Vielmehr handele es sich bei den Lautgedichten sehr oft um Wortballungen, die aus der Epimneme verschiedener Sprachen ins Bewußtsein steigen. Wenn wir die vielfachen Möglichkeiten, die uns unsere Stimme bietet, aufzeichnen, die Unterschiede der Klänge, die wir unter Anwendung der zahlreichen Techniken der Atmung hervorbringen, der Stellung der Zunge im Gaumen, der Öffnung des Kehlkopfes oder der Spannung der Stimmbänder, kommen wir zu neuen Anschauungen dessen, was man Wille zur schöpferischen Klangform nennen kann.

Als in Frankreich der den Dadaismus ablösende Surrealismus zunächst andere Tendenzen der Kunst- und Literaturrevolution aufgriff und weiterentwickelte, schien die akustische Poesie zeitweilig zu stagnieren, glaubte man schon ihr Ende gekommen. Da griff Isidor Isou 1945 noch einmal den Gedanken einer "évolution du matériel poétique" auf und radikalisierte zugleich den dadaistischen Ansatz, indem er erklärte, die Zentralidee des Lettrismus gehe davon aus, daß es im Geiste nichts gebe, was nicht Buchstabe ist oder Buchstabe werden könne (37), und entsprechend das traditionelle Alphabet um neunzehn neue Buchstaben wie Einatmen, Ausatmen, Lispeln, Röcheln, Grunzen, Seufzen, Schnarchen, Rülpsen, Husten, Niesen, Küssen, Pfeifen usw. vermehrte (38).

In der Nachfolge Apollinaires trifft man schließlich auf den 1928 etablierten, zu Unrecht in Vergessenheit geratenen, zahlreiche Tendenzen bündelnden "Poetismus" Karel Teiges, und dort, innerhalb des Versuchs einer auf die Sinne bezogenen Neuklassifizierung der Dichtung, auf den Entwurf einer Poesie fürs Hören. Diese Poesie fürs Hören umfaßt nach Teige als Untergattungen die Lärmmusik, den Jazz und die Radiogenie, die er auch als Radiotelephonie, radiogene Poesie oder Radiopoesie bezeichnet:

Das Gehör, dieser zweite de facto und de jure ästhetisch anerkannte Sinn weist in der zeitgenössischen Psyche ein viel schwächeres Potential auf als die übrigen sogenannten außerästhetischen Sinne wie der Tastsinn, Geruchssinn u.a. Man kann jedoch erwarten. daß er unter dem Einfluß der Radiotelephonie rehabilitiert wird. Der heutige Rundfunk ist allerdings in dem Stadium, in dem bis unlängst der Film war: er ist reproduktiv, dolmetschend. Aber uns geht es darum, uns der Radiotelephonie als eines produktiven Elements zu bemächtigen. Wie man mit dem Film Gedichte realisieren kann, die aus Licht und Bewegungsgeschehen komponiert sind, so schafft man eine radiogene Poesie als neue Kunst von Tönen und Geräuschen, die gleichermaßen von der Literatur, Rezitation entfernt ist wie von der Musik. [...] Der Poetismus erfindet eine neue radiogene Poesie [...], deren Auditorium der Weltraum und deren Publikum die internationalen Massen sind. Die Radiopoesie, auditiv, raumfrei, hat breite lebendige Möglichkeiten. Die bisher realisierten radiophonischen Dramen sind auditives Theater ungefähr so, wie viele Filme optisch verdolmetschtes Theater sind. So wie die reine Kinographie und photogene Poesie, so müssen auch die radiophonischen und radiogenen Gedichte nur mit elementaren Mitteln arbeiten (dort mit Licht und Bewegung, hier mit Ton und Lärm) und sich von der literarischen und theatralischen Eigenschaft lösen. Die radiogene Poesie als Komposition von Klang und Geräusch. in der Wirklichkeit aufgezeichnet, aber zu einer dichterischen Synthese verwoben, hat nichts gemeinsam mit der Musik oder der Rezitation, oder mit der Literatur oder auch mit der Verlainschen Wortklangmalerei. Es ist ebenfalls eine Poesie ohne Worte und keine literarische Kunst. Zur Musik steht sie dann im selben Verhältnis wie der Film zur Malerei (39).

Wie richtig Teige in seinem Manifest vorausüberlegt hatte, wird leicht einsichtig, wenn man seine Definition der Radiopoesie als Komposition von Klang und Geräusch, in der Wirklichkeit aufgezeichnet, aber zu einer dichterischen Synthese verwoben, mit Fred K. Priebergs Beschreibung des Mailänder Experiments "Ritratto di Città" vergleicht:

Elektronische Komplexe, aus dem Leben kopierte Alltagsgeräusche in denaturierter Form, Filterklänge und der Text des Sprechers mischen sich zu einer eigenartigen [...] Reportage, die oftmals die lyrische Qualität wirklicher Dichtung erreichte.

Theorie und Praxis

Die von Karel Teige noch nicht voraussehbaren elektronischen Komplexe und Filterklänge führen den Exkurs zurück zur Wiesbadener Programmrats-Tagung von 1928, auf der sich der Frankfurter Intendant Hans Flesch auf ein Gedankenspiel über künftige Rundfunkkunst eingelassen hatte, die als Hörspiel weder Theaterstück, noch Novelle, noch Epos, noch Lyrik sein werde und als musikalisches Eigenkunstwerk etwas Neues [...], das wohl mit Tönen, aber nichts mit Musik zu tun hat.

Auf weitergehende Spekulationen mochte sich Flesch damals nicht einlassen. Statt ihrer forderte er vielmehr, die schöpferischen Kräfte enger an den Rundfunk zu binden, ihnen einen Anreiz zu bieten, sich mit unserem Instrument zu befassen und zu versuchen, ihre Produktivität mit den seltsamen Möglichkeiten elektrischer Wellenumwandlung künstlerisch in Einklang zu bringen (40). Fleschs Forderungen, die in ihrer Konsequenz auf die Entwicklung einer elektronischen Musik zielten, ließen sich damals noch nicht einlösen. Sie sind aber Bestandteil eines gedanklichen Umfeldes, in dem schon 1926 auf dem Kammermusikfest in Donaueschingen vorgeschlagen wurde, Schallplatten nicht ausschließlich zur Wiedergabe, sondern auch als Mittel zur Produktion von Musik zu benutzen, was spätestens seit 1928 in der Rundfunkversuchsstelle der Berliner Musikhochschule auch erprobt wurde.

[Vgl. hier auch die entsprechenden Versuche von John Cage].

Um 1930 jedenfalls experimentierten Paul Hindemith und Ernst Toch mit instrumental verwendeten Grammophonen, indem sie durch veränderte Geschwindigkeiten mit Tonhöhe und Klangbild spielten und aus solchen mechanischen Manipulationen und Überblendungen Kompositionen entwickelten, so Toch eine vierstimmige "Fuge aus der Geographie", für die er vier Stimmen verschiedene Städtenamen in wechselndem Rhythmus sprechen ließ und auf Platte schnitt, dann die Drehgeschwindigkeit variierte, so daß sich die Sprache in einen seltsamen orchestralen Singsang verwandelte (41).

Weist die Veränderung der Geschwindigkeiten einerseits auf Weills Forderung einer akustischen Zeitlupe zurück, antizipiert die instrumentale Verwendung von Grammophonen andererseits Pierre Schaeffers "Etude aux Tourniquets", löst eine konkrete Musik manches von den Vorstellungen Weills und Fleschs ein.

Allerdings boten Schaeffer eine verbesserte Technik in Verbindung mit den Verarbeitungsmöglichkeiten des Tonbands (Schnitt und Montage) bald ganz andere Möglichkeiten, vorgefundene Geräusche zu isolieren, zu kombinieren und zu denaturieren. Dabei ist neben der "Etude über Plattenteller" (wegen ihres Rückverweises) vor allem die "Etude über Eisenbahn" (Etude aux chemin de fer) von einiger Bedeutung, weil sich die konkreten Autoren des akustischen Lagers wiederholt auf sie berufen haben. Dieser "Etude aux chemin de fer" gingen Aufnahmen von Eisenbahngeräuschen auf dem Bahnhof von Batignolles voraus, deren Komposition ein Tagebucheintrag vom 5. Mai 1948 folgendermaßen skizziert: Acht Takte Anfahren. Accelerando für Solo-Lokomotive, dann Tutti der Waggons. Rhythmen. Es sind sehr schöne dabei. Ich habe eine bestimmte Zahl Leitmotive ausgewählt, die kettengleich montiert werden müssen, im Kontrapunkt. Dann Langsamerwerden und Stoppen. Kadenz der Kolbenstöße. Da capo und Reprise der vorangegangenen Elemente, sehr heftig. Creszendo (42).

Ein halbes Jahr später sendete der französische Rundfunk ein erstes kurzes, aus drei Etuden zusammengesetztes "Concert de bruits", hörspielgeschichtlich bedeutend wegen seiner Plazierung innerhalb des Club d'Essai, einer Fortsetzung des Studio d'Essai der Radiodiffusion Française, das Schaeffer 1942 gegründet hatte. Chef des Club d'Essai war damals Jean Tardieu, der in einem Interview 1965 folgende Skizze des Club d'Essai gab:

Der Club d'Essai wurde nach dem Kriege gegründet und setzte die Arbeiten Schaeffers fort. Ich glaube. man muß Schaeffer dafür danken. daß er als erster in Frankreich neue radiophonische Formen zu erarbeiten suchte. [...] Der erste Club d'Essai [= Studio d'Essai. R.D.] war nur experimentell, während der zweite ein richtiges Radioprogramm wurde. Ich glaube, das wichtigste war, in allen möglichen Richtungen zu suchen und sich vor allem an junge Leute zu wenden und ihnen dabei alle möglichen Freiheiten zu lassen (43).

Mit der Aufführung des "Concert de bruits" am 5. Oktober 1948 innerhalb des Programms des Club d'Essai erreichte die konkrete Musik eine größere Öffentlichkeit, hatte in Frankreich auch hörspielgeschichtliche Folgen. Nicht so in Deutschland. wo der Hörer erst mit beachtlicher Verspätung ein Hörspiel aus dem Umkreis des Club d'Essai zur Kenntnis nehmen durfte: André Almuros "Nadja Etoilé" (1949) nach André Breton. Für seine Adaption hatte Almuro zusammen mit dem Regisseur Jean-Jacques Vierne ein auf Schock und klangliche Bezauberung angelegtes akustisches Ballett (Friedhelm Kemp), ein Klanggebilde erarbeitet, das die 'konvulsivische Schönheit', auf die Breton zielte, in der schizoiden Welt Nadjas nicht einfach illustrierte, sondern, in die Geräusch-Montage übersetzt, klanglich überhaupt erst schuf (44).

Neben diesem Hörspiel, von dem unter Verwendung der originalen Musik- und Geräuschbänder 1959 auch eine deutsche Version erstellt wurde, ist erst Jahre später ein zweites Hörspiel aus dem Club d'Essai, Robert Arnauts "Balcon sur le rêve: le western", für das Pierre Schaeffer Sprache, Musik und Geräusche arrangierte, wenigstens den Hörern des Saarländischen (45) und des Norddeutschen Rundfunks (46) in der Originalfassung vorgestellt worden. Wirkungsgeschichtlich in Saarbrücken noch zu früh, in Hamburg - auf dem Höhepunkt des Neuen Hörspiels - bereits zu spät, so daß weder diese beiden Hörspiele noch andere Leistungen des Club d'Essai, über die der Rundfunk immerhin informierte (47), in der westdeutschen Hörspiellandschaft direkte Spuren hinterlassen haben. Was von einigem Gewicht ist, wenn man in Anschlag bringt, daß in Studio und Club d'Essai experimentelle Traditionen fruchtbar wurden, daß in ihnen, wenn oft auch noch unbeholfen, zum ersten Mal bis dahin getrennte Tendenzen einer akustischen Literatur, der Geräusch- und Klangkomposition, technisch erzeugter Musik zu komplexen Rundfunkeigenkunstwerken zusammentraten.

Ein Meisterwerk des schöpferischen Tons

Erfuhren die Experimente der Rundfunkversuchsstelle der Berliner Musikhochschule durch Schaeffers "Etude aux Tourniquets" auch eine verspätete Rehabilitation, hörspielgenetisch blieben sie zunächst ohne Folgen. Dagegen kam eine Montage aus Geräuschen, Musikfetzen und Sprachpartikeln, Walther Ruttmanns "Weekend", am 13. Juni 1930 zusammen mit Fritz Walter Bischoffs Hörsymphonie "Hallo! Hier Welle Erdball" sogar zur Aufführung. Sie ist, auf Tonfilmstreifen aufgezeichnet, erhalten geblieben und, nach ihrer Wiederentdeckung vor einigen Jahren, inzwischen als hörspielgeschichtlich zentrales Dokument erkannt und mehrfach neu gesendet worden.

Ihre bis zur Wiederentdeckung einzig zugängliche Charakterisierung durch Hans Richter rückt Ruttmanns Montage in eine vergleichbare Nähe zu Kurt Weills Prospekt einer absoluten Radiokunst. In "Weekend", zitiert Richter zunächst das Lob Wsewolod Illarionowitsch Pudowkins, habe Ruttmann das Problem des Tones durch assoziative Montage auf die freieste Weise und grundsätzlich gelöst. Und, fügt Richter hinzu: Dadurch, daß Ruttmann den Ton nicht wie im Sprechfilm naturalistisch behandelte [...], sondern schöpferisch-musikalisch" (49), habe er tatsächlich die künstlerische Domäne des Tonfilms bestimmt. Aus isolierten Tonimpressionen bildete er neue Einheiten: vom Drängeln und Pusten der Sonntagsausflügler auf dem Bahnhof, dem Rattern des Zuges, dem Trampeln, Singen und Schimpfen, dem Schnarchen, Spielen und Zanken der Ausflügler bis zur Stille der Landschaft, nur unterbrochen vom Flüstern der Liebenden, bis zum Heimschleppen der weinenden Kinder - alles im Ton wie eine Perlenkette gereiht (49).

Trotz seiner vielbeachteten Aufführung durch die Funk-Stunde Berlin, seiner Einschätzung als eines Meisterwerks [...], das auch heute noch dem Studenten des schöpferischen Tons Anregungen und Einsicht geben sollte (50), blieb aber auch Ruttmanns "Weekend" hörspielgeschichtlich folgenlos, wird es bis heute in den einschlägigen Hörspielgeschichten nicht einmal dem Titel nach erwähnt.

Dabei müßte sich die Hörspielforschung noch aus einem zweiten Grunde seiner annehmen, nämlich wegen seiner Affinitat zum Film. Denn "Weekend" wurde nicht nur auf Filmtonstreifen aufgezeichnet, geschnitten und montiert, in seine Komposition sind auch sonst, wie die Erinnerung Richters belegt, Erfahrungen des Filmemachers Ruttmann eingegangen.

Damit aber wird in einem weiteren Punkt der Vergleich mit Kurt Weill interessant, der seine Vorstellungen von einer absoluten Radiokunst gleichfalls auf eine wirklich eigene Filmkunst (ohne) Handlung, Thema oder auch nur inneren Zusammenhang bezogen hatte. Der absolute Film sei eine 'melodische' Kunst, die nach [...] musikalischen Gesetzen erarbeitet sei. Die absolute Radiokunst sei eine Erweiterung der Musik (51). Aber nicht nur Weill, auch Bischoff, Flesch, Alfred Braun und andere haben sich in ihren Überlegungen zu einer rundfunkeigenen Kunst immer wieder auf den Film bezogen. Und ein weiterer Geniestreich (Richter) Ruttmanns, die Wochenschau "Melodie der Welt" berührt die Hörspielgeschichte wenigstens am Rande:

Zu Beginn des Film ertönen im nebligen Hafen von Hamburg (man sieht nur vage Umrisse) die Nebelsirenen der Schiffe. Einige haben hohe, andere haben tiefe Tone, manche sind kurz, manche lang, manche haben mehrere Sirenen oder benutzen die eine stoßweise, andere hingegen in langen klagenden Seufzern. Ruttmann machte daraus eine regelrechte Symphonie von Tönen, die eine neue musikalische Dimension erleben lassen, wie sie heute in der musique concrète "wiederentdeckt" wurde (52).

[Vgl. auch die Hinweise von Allende-Blin auf Burian und vor allem Dziga Vertovs "Laboratorium des Gehörs" sowie die Musik seiner "Donbaßsymphonie"]

Diese sich hier andeutende Bedeutung des Films und seiner Ästhetik für die Entwicklung des Hörspiels ist von den Sachverwaltern des Hörspiels als Literatur, als Wort- und Sprachkunstwerk ebenso gründlich vergessen und verdrängt worden, wie die konstitutive Rolle der Musik. Wobei ihnen entgegenkam, daß die Experimente der Musiker, der Wurf Ruttmanns hörspielgeschichtlich zunächst folgenlos blieben, bis sie, in der konkreten Musik 'wiederentdeckt', über die Programme des Club d'Essai und die Entwicklung einer elektronischen Musik gleichsam vermittelt der Hörspielgeschichte wieder zuflossen, ja jetzt erst eigentlich in ihrer Bedeutung erkannt wurden.

Was sich statt ihrer im Spektrum Musik und Hörspiel gattungsgenetisch niederschlug, war 1. ein sogenanntes "Hörspiel mit Musik", das man, Kurt Weill folgend, besser musikalisches Hörspiel nennen sollte, war 2. Musik als Hörspiel, in einer allerdings wesentlich anspruchsloseren Form, als Mauricio Kagel sie meinte, als er 1970 die 7. Kölner Kurse für Neue Musik unter dieses Motto stellte. Und das war 3. eine Hörspielmusik, deren Stellenwert sich leicht einer auf weit über 50 Titel angeschwollenen Liste an Sekundärliteratur ablesen läßt (53).

Das musikalische Hörspiel

Daß bei der gründlichen Austreibung der Musik aus dem literarischen Hörspiel auch das musikalische Hörspiel diskreditiert wurde, belegt "Reclams Hörspielführer" . Doch ändert sein Kurzschluß nichts an der Tatsache, daß 1929/30 Bertolt Brechts "Lindberghflug" mit den Musiken von Paul Hindemith und Kurt Weill als Paradigma einer sinnvollen Synthese von Literatur und Musik galt. Brecht/Hindemith/Weills "Lindberghflug" wurde unter der Regie Ernst Hardts 1929 auf dem Baden-Badener Musikfest zusammen mit Weber/Eislers "Tempo der Zeit", Toller/Groß' "Kammerkantate" und Feuchtwanger/Goers "Funkkabarett" uraufgeführt. 1931 benennt das "Rundfunk- Jahrbuch" als besondere Marksteine in der Entwicklung des Hörspielwillens der Schlesischen Funkstunde Erich Kästners/ Edmund Nicks "Leben in dieser Zeit", Franz Joseph Engels/Karl Sczukas "Rummelplatz" und Alexander Runge/Karl Sczukas "Musikke". Ernst Schoen, der sich das Hörspiel möglichst von der Musik ausgehend wünscht, erwähnt im "Rundfunk-Jahrbuch 1930" eine Jazzoper "Die Eingeladenen" von Tibor Harsany, während Hans Flesch den Text des Hörspiels "Ein Cello singt in Daventry" publiziert, mit dem 1929 das Studio der Berliner Funk-Stunde eröffnet wurde. Dieses musikalische Hörspiel von Robert Seitz und Werner Egk führte zwei rundfunkgeschichtlich nicht Unbekannte zusammen. Denn Egk hat sich bald darauf mit zwei Singspielen auch in die Geschichte des Kinderhörspiels eingetragen. Und Robert Seitz, der formaler und anders als Brecht das Lehrstück vor allem als kleine Form einer semi-szenischen Vereinbarung von Musik und Wort verstand, ist als Autor musikalischer Lehrstücke und Hörspiele damals mehrfach hervorgetreten. So wenig der Historiker unterschlagen darf, daß die literarische Qualität der Texte Seitz' umstritten war, was übrigens auch für die Texte anderer musikalischer Hörspiele gilt, so bemerkenswert ist andererseits der Anlaß, aus dem und um den herum sie entstanden. Und der waren, nach dem Erfolg der Baden-Badener Kammermusiktage von 1929, 1930 die Tage für neue Musik in Berlin, für die neben Robert Seitz/Hermann Reuters "Der neue Hiob" als weitere Auftragsarbeit "Das Wasser" von Alfred Döblin und Ernst Toch entstand. Schließlich läßt sich ins Umfeld dieser Berliner Tage für neue Musik noch eine Neuinszenierung des Brecht/Hindemith/Weillschen "Lindberghflugs" rechnen, der jetzt als radiophonische Kantate ausgewiesen ist. Seine Aufführung unter Leitung von Hermann Scherchen ist als Tondokument erhalten, wird immer wieder einmal gesendet und kann also als bekannt vorausgesetzt werden (55). Weill hat sich damals mit dieser Pasticcio-Fassung wegen der Unvereinbarkeit der beiden Kompositionsstile jedoch nicht zufrieden gegeben und, unter Verwendung der schon komponierten Teile, auch die restlichen Texte noch komponiert. Da auch diese Fassung als Schallplattenaufzeichnung neueren Datums zugänglich ist (56), bleibt der Interessierte bei der hörspielgeschichtlichen Bewertung dieses exemplarisch musikalischen Hörspiels nicht auf Spekulationen angewiesen.

Musik als Hörspiel

Unter Ausklammerung der Grenzfälle des Hörspiels nach Volksliedern (57), der spielerischen Präsentation von (vorgegebenen) Schallplatten (58) und der traditionsträchtigen "Singfabel" Gerhard Hermann Mostars (59) sind beim Typus Musik als Hörspiel interpretatorisch am ergiebigsten jene Stücke, bei denen Musik und Text in ein korrespondierendes Verhältnis treten.

Mit nur einem Musikstück kommt ein bisher unbekannt gebliebenes Hörspiel von Rolf Gunold und Leon Richter, "Ballade", aus: die fabelhafte Exegese bzw. fiktionale Paraphrase der Chopinschen Ballade g-moll, op. 23. In Sequenzen zerlegt, strukturiert sie akustisch die Lebensläufe dreier Freunde, um schließlich einen dieser Lebensläufe formvollendet zu beschließen:

Kurt: Wir legen ihn aufs Bett. Er wird die Krisis schon überwinden.
Georges: Er h a t sie überwunden.
Kurt: Mach keine schlechten Witze - Witzbold! - Wahrhaftig, Du hast recht. Herzschlag. - Wie ich Dich beneide, lieber Freund. Die Ballade Deines Lebens schloß formvollendet.
Georges: Und traurig - wie Opus 23 - g-Moll.
(Die Ballade spielt solo Takt 251 zweite Hälfte bis Takt 256 erste Hälfte und verklingt überirdisch fein) (60).

In welchem Maße derartige Spiele mit dem gattungsgenetischen Aspekt Musik und Hörspiel verbunden und sinnvoll zunächst in seinem Zusammenhang zu diskutieren sind, illustriert eine Situationsanalyse Rudolf Leonhards aus dem Jahre 1928. Leonhard, als Hörspielautor dem Westdeutschen Rundfunk verbunden, wird bei der Inszenierung seiner "Sprechoper" "Wettlauf" durch Rudolf Rieth auch mit dem Problem des akustischen Raums, seiner Bedeutung für das Hörspiel vertraut, erkennt, daß er anders erfüllt [ist] von Geräuschen als der reale Raum [...], da er von ihnen ja nicht erfüllt. sondern nur mit ihnen geschaffen, von ihnen konstruiert wird. Ein Jahr nach Wilsmann bestätigt Leonhard, daß die akustische Kulisse [...] eben nicht Kulisse sein, [...] sondern mit im Zentrum des Spiels stehen müsse:

Das "Geräusch", von dem die Musik der höchst organisierte und höchste Fall ist, kann begleiten und erklären; es kann Stimmung geben und untermalen [...], und sie [= Musik, R.D.] kann Teil der Handlung sein. Im Idealfall wird sie alles auf einmal sein: Ausdeutung der angenommenen realen Gelegenheit, suggerierende Übertragung der inneren Situation und Faktor des Geschehens. Orpheus' Gesang vor Hades, in einem Hörspiel "Orpheus", ist der Gipfel des Stücks. Die Aufführung von Mozarts "Kleiner Nachtmusik" ist in einem Hörspiel, das denselben Namen hat, der Kern der Handlung (61).

Ein drittes in diesem Zusammenhang besonders interessantes Beispiel ist weder als Tondokument noch als Manuskript erhalten. Es stammt vom Hamburger Schriftsteller und Schauspieler Erik Brädt, war so etwas wie ein akustischen Portrait E.T.A. Hoffmanns und verband, ja montierte Musiken aus Hoffmanns "Undine" und Mozarts "Don Giovanni" auf dem Texthintergrund der Hoffmannschen "Don Juan"-Novelle:

Wir fanden im II. Akt der Undine (Allegro agitato) eine Musik, die Mozartschen Don Juan-K1änge stimmungsartig, ja sagen wir: romantisch verbreitert und das Hoch und Nieder eines musikalischen Erlebnisablaufs deutlich zeigt. Diese sogenannte Intro-duktion geht in eine Arie über ("Abendlüftchen schweben..."), die in der Stimmlage, in der Tonart und in allen anderen Stilmerkmalen der Arie der Mozartschen Donna Anna (Don Juan: Zweiter Aufzug: Über alles bleibst Du teuer) so gleicht, daß sogar die einzelnen Musikabschnitte wechselseitig vertauscht werden können (62).

Hörspielmusik

Der Aufsatz, dem diese Angaben entnommen sind, ist "Stilgesetze der Hörspielmusik" überschrieben und signalisiert bereits mit dieser Überschrift die fließenden Grenzen zwischen einer Musik als Hörspiel und einer sinnvoll gehandhabten Hörspielmusik, die weniger als stimmungsvolle akustische Zutat, vielmehr als konstruktives Bauelement des Hörspiels verstanden und in ihren technischen und ästhetischen Bedingungen diskutiert wurde. Immer wieder war sie Gegenstand von Vortrag und Aussprache auf den Programmausschuß-Sitzungen und fand, wie das erste einschlägige Referat 1928 des Berliner Intendanten Carl Hagemann, durch zusätzliche Publikation in den Rundfunk- und Programmzeitschriften weitere Verbreitung (63).

Zusätzlich bieten die erhaltenen Tondokumente, vor allem aber zahlreiche Funkmanuskripte eine bisher nicht ausgeschöpfte Fundgrube, speziell zur Frage der akustischen Vorstellungen der Hörspielautoren. Zwei/drei Belege müssen ausreichen, anzudeuten, in welcher Breite Hörspielmusik eigentlich zu diskutieren wäre.

Der erste Beleg steht für die Seite der Hörspielverantwortlichen. In ihm erklärt Fritz Walter Bischoff,. daß mit Wort und szenischem Aufbau die Hörspielpartitur noch nicht abgeschlossen sei. Vielmehr habe sich erwiesen, daß das Wort, der Dialog im Hörspiel einer vielfältigen, klanglichen Unterstreichung bedarf, die auf bestimmte Spannungen hinweist, Konflikte vorbereitet, thematisch auf das Aufeinanderwirken gleichgerichteter und widerstrebender Kräfte untergründig aufmerksam macht. Es handelt sich gewissermaßen um eine psychologische Instrumentierung der Sprachhandlung. [...] Zwei Beispiele: In der Szene am Weiher 'Wozzek' dumpfe, schwüle Abendstimmung, verwandten wir einen motivisch wiederkehrenden Flötenlaut, mit Flatterzunge hervorgebracht. Die in 'Kalkutta, 4. Mai' von Brecht-Feuchtwanger eingefügte Sprecherrolle, die unpersönlich wie ein Spruchband zwischen den einzelnen Szenen laufen sollte, lockerten und steigerten wir durch bestimmte Klangmittel, die Trommel, Pauke, Horn, das Becken, tremolierend geschlagen, hergeben mußten (64).

Eine derart psychologische Instrumentierung der Sprachhandlung", ein ihr verwandter Einsatz von Geräuschen oder akustischen Versatzstücken konnte zum Wasserzeichen einzelner Regisseure werden. So sind zum Beispiel die Regien von Ernst Hardt, gleichgültig, ob es sich um Hör- oder Sendespiele han-delte, unschwer am symbolischen Einsatz signifikanter Geräusche, am Hackenschlag in "Der Narr mit der Hacke" (65), am Glockenschlag im "Don Carlos" (66), am tanzrhythmischen Streichereinsatz im "Wozzeck" (67), am das Lied begleitenden rhythmischen Spatenstich im "Hamlet" (68) zu erkennen.

Haben in diesen Fällen Hörspielgeräusch und -musik eine psychologisch instrumentierende, symbolisch überhöhende Funktion, können auf der anderen Seite Hörspielmusiken fast zu eigenständigen, eigengewichtigen Sequenzen werden. Dazu ein zweiter Beleg, diesmal von Seiten eines Hörspielautors. Hermann Kesser sieht gleichlautend in zwei zu "Straßenmann" erhaltenen Manuskripten folgende musikalische Einleitung vor, die auch in ihrer Realisierung erhalten ist (69):

Musik leitet den Prolog ein: fugiert zwei Motive: 1) Trio des Herzog-Siegfried-Marsches: bayerische Militärmarsch-Komposition aus den neunziger Jahren mit dem Wagnerschen Siegfried-Ruf im Marschtakt. 2) Die ersten Takte der Internationale: "Wacht auf, Verdammte dieser Erde". - Das Marschtrio (Siegfried-Ruf) geht in Moll über. Der Prolog setzt auf das letzte Motiv aus der Internationale wie auf ein Stichwort ein.

Baut im Falle des "Straßenmann" der musikalische Prolog die akustische auf, vor der sich das folgende Spiel entfalten wird, versuchen kurze Zeit später nationalsozialistische Hörspiele den Hörer wirkungsästhetisch zu manipulieren, exemplarisch zum Beispiel in einem Nibelungen-Aufguß, "Geburt des Reiches", in deren einleitender akustisch-musikalischer Montage über dem Basso ostinato von Marschtritten Marseillaise, Internationale und Deutschlandlied miteinder ringen [!, R.D.], bis sich schließlich das Deutschlandlied durchsetzt, vom Horn aufgenommen und an die Orgel weitergegeben wird, in deren letzten zarten Akkord eine wundervoll weiche Altstimme die ersten Verse des Nibelungenliedes spricht. Abgeschlossen wird der Textaufguß wiederum mit Orgelklang. Orgel schwillt ganz stark an, baut auf diesem Ton - wie einen gotischen Dom - das Anfangsmotiv des Horst-Wessel-Liedes auf. Das Fortissomo der Orgel abrupt weg. Absage: 'In dieser Nacht wacht Deutschlands bestes Blut!' Leiser Gongschlag (69a).

Der Ouvertüren-Charakter dieser und vieler anderer Hörspieleinleitungen ist unverkennbar und zeigt, wie selbst hier musikalische Traditionen versteckt weit in die Hörspielgeschichte hineinwirken. Darüber hinaus machen die Stichproben von Hörspielmusik ansatzweise deutlich, in welchem Maße selbst Hörspielmusik und -geräusch für Analyse und Interpretation der Hörspiele von Bedeutung werden können.

Mit Hinweis darauf wäre auch das Spannungsfeld zwischen der Musik als dem wichtigsten Programmbestandteil des Rundfunks und dem Hörspiel als einem sich entwickelnden Rundfunkeigenkunstwerk aus den technischen und Programmbedingungen des Mediums in etwa abgeschritten, die Bandbreite skizziert, in der Musik und Hörspiel miteinander in Verbindung treten konnten. Da die historische Entwicklung nach 1945 sowohl in der Praxis wie in der Theorie die eine Seite zunehmend vernachlässigte, verkamen die musikalischen Ansätze des Hörspiels allmählich zu völlig untergeordneten akustischen Requisiten im Hörspiel, auf die man dennoch nicht ganz verzichten konnte.

Eine zunehmende Dominanz des literarischen als des eigentlichen Hörspiels führte überdies in den 50er Jahren dazu, daß hörspielgeschichtlich wichtige Ansätze der Vergessenheit anheimfielen oder - wie das musikalische Hörspiel - durch Fehleinschätzung diskreditiert wurden.

Es ist sicherlich kein Zufall, daß der Boris-Blacher-Schüler Heinz von Cramer zu einem der wichtigsten Regisseure des Neuen Hörspiels wird, daß der Musiker und Komponist Mauricio Kagel 1969 den Fächer zwischen Hörspielmusik und Musik als Hörspiel wieder voll aufschlägt, indem er unter dem Vorwand, eine Hörspielmusik produzieren zu wollen, Musiker und Sprecher ins Studio bittet, um dort Aufnahmen von der Aufnahme zu machen, und damit dem Hörspiel jenen "Aufnahmezustand" zurückgewinnt, den sich 1924/25 Kurt Weill und andere allenfalls erträumen konnten.
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Anmerkungen
*) Druck in: Inventionen '86. Sprachen der Künste III. Sprache und Musik. Elektroakustische und instrumentale Musik, Film, Performance. Berlin: Akademie der Künste, Berliner Künstlerprogramm der DAAD, Technische Universität in Zusammenarbeit mit [...] 1986, S. 10-36
1) Die vorliegende historische Skizze , vorgetragen auf der "1. Acustica International 1985", versteht sich derart auch als Fortsetzung meiner Darstellung der "Nichtliterarischen Bedingungen des Hörspiels" (Wirkendes Wort, Jg 32, l982, H. 3, S. 154 ff.) und ergänzt zugleich in wesentlichen Punkten meine Skizze "Von der Klangdichtung zum Schallspiel" (in: Klaus Schöning (Hrsg.): Hörspielmacher. Königstein/Ts.: Athenäum 1983, S. 37 ff. ).
2) "Literatur im Rundfunk. " Im folgenden zit . nach Hans Bredow (Hrsg.): "Aus meinem Archiv." Heidelberg: Vowinckel 1950, S. 311.
3) Ebd., S. 317.
4) Ebd., S. 312.
5) Zit. nach H. Heißenbüttel: "Zur Tradition der Moderne." Neuwied und Berlin: Luchterhand 1972, S. 222.
6) Vgl. Cornelis Bronsgeest: "Die Sende-Oper" und Joseph Christean: "Von der Sendeoper." In: Rundfunk-Jahrbuch 1929. Berlin: Union Deutsche Verlagsgesellschaft o.J., S. 177 ff. und S. 183 ff.
7) Der deutsche Rundfunk, Jg. 5, 1927, H. 48, S. 3298.
8) Ebd., Jg 1925, H. 16, S. 994. Hervorhebungen im Original.
9) Ebd., S. 996.
10) Ebd., Jg 5, 1927, H. 21, S. 1434. - Wilsmann zitiert und setzt sich hier vor allem auseinander mit Hans S. von Heister: "Das Hörspiel. Klangraum - Akustische Kulisse." Ebd., Jg 3, 1925 H. 16, S. 993 f.
11) Ebd., Jg 5, 1927, H. 20, S. 1365 f. und H. 21, S. 1434 f.
12) Ebd., 5. 1435. - Vgl. auch Hans Bodenstedts Hinweis auf die Stereophonie, zwei Jahre später: "Spiel im Studio." In: Bredow, S. 147.
13) Lothar Band: "Raum, Klang und akustische Regie." In: Funk. 8. 46, 11, Nov. 1927, S. 377.
14) Edmund Wachten: "Hörspiel mit Musik." In: Rufer und Hörer, Jg 3, 1934, H. 12, S. 550 ff. - S. 544 schreibt Wachten, der auch auf den Begriff Klangfarbe (S. 551) eingeht: Man muß sich darüber im klaren sein, daß der Klangkörper, der die plastischste Wirkung eines Hörspiels erreicht und diesem als Formidee eingegliedert ist, sich auf Geräusch-Rede-Musik in gleichem Maße (Hervorhebung im Original, R.D. ) erstreckt, daß die Rede zum Geräusch und daraus zum Ton übergehen kann und umgekehrt oder in vielen anderen Arten von Verbindungen.
15) Ebd.. S. 550 f.
16) "Das Hörspiel. Mittel und Möglichkeiten eines totalen Schallspiels." Stuttgart: Kohlhammer 1961.
17) -es- (Hans Flesch?, R.D.): "Zur Problematik des Rundfunks." In: Der deutsche Rundfunk, Jg. 1, 1924, H. 38, S. 2153.
18) Funk, Jg 1, 1924, H. 33, S. 509.
19) Der deutsche Rundfunk, Jg 2, 1925, H. 26, S. 1627.
20) Rundfunk-Jahrbuch 1929, S. 48.
21) Der deutsche Rundfunk, Jg 2, 1925, H. 26, S. 1627.
22) Ebd.
23) Zum Thema "Musikalisches Hörspiel". Ebd., Jg 7, 1929, H. 7, S. 196.
24) "Hörspiel, Film, Schallplatte." In: Rundfunkjahrbuch 1931, S. 35.
25) "Rundfunkmusik". In: Rundfunkjahrbuch 1929. S. 146 ff. - Zit. S. 150.
26) Vgl. dazu: "Sprache und Elektronik. Über neue technische Möglichkeiten, Literatur zu erstellen und rezipieren." WDR III 17.2.1970.
27) Eine der wenigen Ausnahmen ist die Aufzeichnung von Teilen der Ursonate von Kurt Schwitters durch den Stuttgarter Sender 1932. Heute im Deutschen Rundfunkarchiv (dafür künftig DRA) 53.602.
28) Wie dies aussehen könnte, belegt beispielhaft das "Stockholm Festival 1968", das gemeinsam von der Fylkingen-Gruppe und dem Schwedischen Rundfunk im Stockholmer Museum of Modern Art veranstaltet wurde. Vgl. auch die Platten "Text-sound-compositions 1, 2" im Sveriges Radio förlag 1968, denen 1969 noch drei weitere Platten folgten.
29) Fred K. Prieberg: "Musica ex machina. Über das Verhältnis von Musik und Technik." Berlin. Frankfurt, Wien: Ullstein 1960, S. 156. - Zu den Experimenten mit elektronischer Musik im Kölner Funkhaus spez. Herbert Eimert: "Elektronische Musik"; Fritz Enkel: "Die technischen Einrichtungen der 'Studios für elektronische Musik"'; Enkel/Heinz Schütz: "Die Herstellung von Hörspielgeräuschen" - in: Technische Mitteilungen des NWDR, Jg 5, 1953. Jg 6, 1954. - Ferner Rudolf Frisius: "Das elektronische Studio des Westdeutschen Rundfunks Köln". WDR III, 10.12.1979.
30) Prieberg, S. 157.
31) Ebd., S. 143.
32 Prieberg verwendet den Begriff ohne Nachweis.
33 Les artifices typographiques poussés très loin une grande audace ont l'avantage de faire naitre un lyrisme visuel qui était presque inconnu avant notre époque. Ces artifices peuvent aller très loin encore et consommer la synthèse des arts, de la musique, de la peinture et de la littérature (Mercure de France, Nr. 491, 1.Dec.1918, S. 386).
34) Zit . nach Andre Billy: Guillaume Apollinaire. Neuwied und Berlin: Luchterhand 1968, S. 38 f.
35) Vgl. Anm. 27.
36) Zit. nach Döhl: Fußnote und chronologischer Exkurs zur akustischen Poesie (1). In: Die Sonde, Jg 4, 1964, H. 2, S. 3S.
37) Zit . nach Gustav Rene Hocke: "Manierismus in der Literatur." Hamburg: Rowohlt 1959, S. 29.
38) Vgl. Alain Bosquet: "Surrealismus 1924-49." Berlin 1950, S. 42
39) "Liquidierung der 'Kunst"'. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1968, S. 103 f.
40) Vgl. Anm. 25, S. 150.
41) Prieberg, S. 82.
42) Ebd.
43) Gespräch Jean Tardieu - Klaus Schöning. WDR III, 1.4.1965. - Vgl. ferner Bernhard Rübenach: "Auf der Suche nach der unsichtbaren Bühne. Bericht über das Versuchsstudio des französischen Rundfunks." SWF, 1.10.1959.
44) Rübenach: "Erfahrungen mit der Adaption fremdsprachiger Hörspielproduktionen." Referat auf der Internationalen Hörspieltagung in Frankfurt. 1968. Als Manuskript vervielfältigt, S. 90.
45) SR 1.6 .1966.
46) NDR III, 28.12.1971
47) Vgl. Anm. 43. Ferner Hansjörg Schmitthenner: "Der Club d'Essai, Paris". Co-Produktion HR/WDR (III, 3.4.1978).
48) Vgl. dazu Weill: Ein solches Opus dürfte kein Stimmungsbild ergeben, keine Natursymphonie mit möglichst realistischer Ausnutzung aller vorhandenen Mittel, sondern ein absolutes, über der Erde schwebendes, seelenhaftes Kunstwerk mit keinem anderen Ziel als dem jeder wahren Kunst: Schönheit zu geben und durch Schönheit den Menschen gut zu machen und gleichgültig gegen die Kleinigkeiten des Lebens ("Möglichkeiten absoluter Radiokunst", vgl. Anm. 19, S. 1627).
49) Hans Richter: "Köpfe und Hinterköpfe". Zürich: Arche 1967, S. 156.
50) Ebd.
51) Vgl. Anm. 19, S. 1626 f.
52) Richter, S. 157.
53) Uwe Rosenbaum: "Das Hörspiel." Eine Bibliographie. Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut 1974, S. 327 ff.
54) Stuttgart: Reclam 1969, S. 111: Brechts theoretische Darlegungen beweisen ebenso wie die weithin zum Singen bestimmten Texte, daß das Werk nicht als Hörspiel, sondern als Schuloratorium gedacht ist. So beruhen Rundfunksendungen als Hörspiel eigentlich auf einem Mißverständnis.
55) DRA 30.500.
56) Thorofon MTH 118.
57) Vgl. W. Grunicke: "Dennoch: Hörspiele! Das Volkslied als Hörspiel - Eine Anregung in Theorie und Praxis." In: Der deutsche Rundfunk, Jg. 3, 1925, H. 47, S. 3041 ff. - Ferner die Hörspiele "Traumlinde" von Wilhelm Fladt (1927) und "Ich träumt' in seinem Schatten. Szenen nach deutschen Volksliedern" von Günter Eich, Sigmund Graf und August Hinrichs (1934).
58) Günter Eichs Hörspiel "Leben und Sterben des Sängers Caruso", das nach Angaben der Zeitschrift "Die Sendung" eine Auftragsarbeit war, die Lebensetappen des großen Sängers der Neuzeit mit sehr schönen Schallplatten zu verbinden, ist verloren gegangen. Erhalten hat sich dagegen ein zusammen mit A. Arthur Kuhnert verfaßtes Manuskript: "Das Spiel vom Teufel und dem Geiger. Eine Ballade von Nicolo Paganinis Leben", das einleitend und im Text genau mit Firmenname und Bestellnummer angibt, welche Platten in diese "Ballade" einzuspielen sind.
59) Zu den der mittelalterlichen chantefable verpflichteten Hörspielen E. Mostars vgl. Horst-Günter Funke: "Die literarische Form des deutschen Hörspiels in historischer Entwicklung. Diss. Erlangen-Nürnberg I962, S. 39 ff. und Döhl: "Mittelalterrezeption im Rundfunk." In: Mittelalter-Rezeption II. Gesammelte Vorträge des 2. Salzburger Symposiums "Die Rezeption des Mittelalters in Literatur, Bildender Kunst und Musik des 19. und 20. Jahrhunderts". Göppinger Arbeiten zur Germanistik, Bd. 358. Göppingen: Kümmerle 1982, S. 264 f.
60) Zit. nach dem Manuskript, S. 31
61) Zit . nach Irmela Schneider (Hrsg. ): "Radio-Kultur in der Weimarer Republik." Tübingen: Narr 1984, S. 161 f.
62) Kurt Herbst: "Stilgesetze der Hörspielmusik." In: Rufer und Hörer, Jg 4, 1934, H. 1, S. 17 ff. - Zit. S. 22.
63) Hagemanns Referat wurde in "Die Sendung" (Jg 5, 1928, S. 251 f.), "Funk" (H. 22, 25. Mai 1928, S. 169 ff.) und - nach Angaben Bischoffs (in: Rundfunk-Jahrbuch 1929, S. 204) - in "Der deutsche Rundfunk" (Jg 6, H. 21) publiziert.
64) Die Dramaturgie des Hörspiels. In: Rundfunk-Jahrbuch 1929, S. 203 f.
65) DRA 73 U 2134/1.
66) DRA 53.914.
67) DRA 53.618
68) Vgl. den Diskussionsbeitrag Hardts, zit. Bredow, S. 359.
69) DRA C 1773.