Reinhard Döhl | Prosa
Während Mama weiterschläft, erzählt Papa eine Geschichte. Aber wo ist Wendelin?

Es war einmal ein Vater. Der hatte sieben Söhne. Und der älteste sagte: Vater erzähl uns eine Geschichte. Und der Vater begann: Heute geht Wendelin zum Bahnhof, kauft sich eine Fahrkarte und fährt mit der Eisenbahn. Swimmy durchschwimmt einen prächtigen Märchenwald. Tante Katze, die immer nervös und besorgt ist, besucht Hannibal und Esmeralda. Josette geht mit der Haushälterin in einen Laden; dort trifft sie ein kleines Mädchen mit seinen Eltern. Das kleine Mädchen geht mit dem kleinen Schiff und der Tante Janine fast jeden Tag zu dem See. Das alte Auto fährt durch die Stadt hindurch und aus der Stadt hinaus auf die Landstraße. Atuk schwimmt stundenlang im Fluß.

Es war einmal ein Vater. Der hatte sieben Söhne. Da sagte der zweite: Vater erzähl uns eine Geschichte. Und der Vater fuhr fort: Atuk greift jetzt nach seinem Speer. Schon wird aus Wendelin eine Fliege und fliegt aus dem Haus; dort kann man essen. Der Thunfisch verschlingt alle kleinen roten Fische mit einem Maulaufreißen; nur ein Fisch entkommt ihm; das ist Swimmy. Um zwölf Uhr kommen Hannibal und Esmeralda mit einem herrlichen großen Mittagsfisch vom Meer zurück. Josette heult; aber weil sie gefräßig ist, beruhigt sie sich in der Küche. Das ist dem Luk schon recht, denn am Ende mag er sieben neue Zigaretten doch lieber als ein kleines Schiff. Das alte Auto aber sieht die Brezel und den Vogel nicht.

Es war einmal ein Vater. Der hatte sieben Söhne. Da sagte der dritte: Vater erzähl uns eine Geschichte. Und der Vater erzählte: Das alte Auto fährt wieder denselben langen Weg zurück, den es gekommen ist. Atuk knallt mit der Hundepeitsche und fährt kreuz und quer über die Schneefelder. Der Traktor kommt plötzlich nicht weiter; Wendelin läßt ihn stehen; er geht in den Wald - da verirrt er sich. Als Swimmy schließlich wild wedelnd am Kopf des Aales angekommen ist, kann er sich schon nicht mehr an die Schwanzspitze erinnern. Früh am Donnerstag morgen gehen Hannibal und Esmeralda ans Meer. Josette geht mit der Haushälterin weg zum Einkaufen. Das kleine Schiff liegt ganz allein in der Gosse.

Es war einmal ein Vater. Der hatte sieben Söhne. Da sagte der vierte: Vater erzähl uns eine Geschichte. Und der Vater fuhr fort: Dann trägt Poppoff Chmurek das kleine Schiff nach Hause. Das alte Auto steht in seinem grünen Haus und kann nicht schlafen. Stundenlang steht Atuk vor dem lglu und betrachtet die endlosen Schneefelder. Am anderen Ufer steigt Wendelin wieder aufs Land, und siehe da - er ist wieder zu Hause. Erschrocken, traurig und einsam wedelt der kleine Swimmy hinaus ins große, große Meer. Hannibal und Esmeralda wohnen ganz allein in einer alten Hundehütte weit draußen auf dem Lande. Eines Morgens läuft Josette mit kleinen Schritten zur Schlafzimmertür der Eltern; das macht sie jeden Morgen.

Es war einmal ein Vater. Der hatte sieben Söhne. Da sagte der fünfte: Vater erzähl uns eine Geschichte. Und während Mama weiterschläft, weil sie noch müde ist von der letzten Nacht, erzählt Papa Josette eine Geschichte. Es war einmal ein ganz kleines Schiff. das gehörte einem kleinen Mädchen mit rabenschwarzen Haaren. Julius ist mein Name! sagt das alte Auto und bleibt stehen. Atuk nennt seinen kleinen Hund Taruk. Wendelin steht plötzlich zwischen vielen, vielen Leuten: die freuen sich und schauen alle in die gleiche Richtung. Aber nicht nur in der Farbe unterscheidet sich der kleine Fisch von seinen Schwestern und Brüdern: er schwimmt auch schneller - sein Name ist Swimmy. Hannibal und Esmeralda finden siebenundsiebzig verschiedene Namen, aber keiner ist ihnen gut genug.

Es war einmal ein Vater. Der hatte sieben Söhne. Da sagte der sechste: Vater erzähl uns eine Geschichte. Und der Vater fuhr fort: Als die Nacht kommt, träumen Hannibal und Esmeralda von all dem, was sie machen werden am Freitag, am Samstag, am Sonntag und an allen anderen Tagen. Da drehen sich die Leute im Laden nach Josette um und schauen sie mit großen Augen ganz bestürzt an. Und Poppoff Chmurek fängt sofort an, kleine Schiffe zu malen; auf Leinwand und alle gelb; im ganzen matt er einhundertsiebenundzwanzig Schiffe. Das alte Auto fährt den Hügel hinab. Atuk geht mit Pfeil und Bogen in die Nacht. Dort sieht Wendelin eine Vogelscheuche, zwei Vögel, drei Berge, vier Wolken, fünf Bäume und dreihundertneunundneunzig Blumen. Swimmy kommt aus dem Staunen nicht heraus.

Es war einmal ein Vater. Der hatte sieben Söhne. Und der jüngste sagte. Vater erzähl uns eine Geschichte. Da dachte der Vater: Da muß man sich etwas ausdenken, denkt Swimmy; und er denkt nach, Hannibal ist sehr stolz und Esmeralda sehr glücklich. Während Papa der kleinen Josette diese Geschichte erzählt, kommt die Haushälterin herein. Und da erkennt das kleine Mädchen, daß dieses sein kleines Schiff von damals ist. Julius, sagt Herr Flups zu seinem Auto, du bist genauso schwarz und alt wie ich. Atuk nimmt den Bogen über die Schulter, steckt den Pfeil in die große Robbenfelltasche und geht in die Tundra. Gerade ist der Mond aufgegangen - wo ist Wendelin?

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