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Reinhard Döhl | Kunst und Sport oder Von der schönsten Nebensache der Welt

Da im Folgenden auch die Rede davon sein soll, daß Kunst und Sport gleich berechtigte Partner sind auf jenem gesellschaftlichen Spielfeld, auf dem sich Kultur zu tummeln pflegt, möchte ich mit einem Zitat beginnen, das mich irritiert hat. "Spezielle Kulturprogramme im Schlepptau sportlicher Großereignisse sind inzwischen ein Muß für jeden Ausrichter". Nachzulesen im Amtsblatt der Landeshauptstadt Stuttgart unter dem Datum vom 7. September 1989. Was mich an dieser Formulierung irritierte, war die aufgestellte Rangordnung, war das "Kulturprogramm im Schlepptau". Das mag zwar der Realität entsprechen. Aber diese Realität entspräche nicht der kulturgeschichtlichen Entwicklung und wäre in der Sache ebenso unbegründet wie der absurde Versuch spezieller Sportprogramme im Schlepptau zum Beispiel einer Ausstellung oder kulturellen Veranstaltung.

Mit gutem Recht reden wir heute vom Eiskunstlauf, vom Kunstturnen. Und unsere Sprache will damit andeuten, daß Sport sehr wohl etwas mit Kunst zu tun hat - einer Kunst allerdings, die immer noch von Können kommt. Nicht ohne Hintersinn verwandte seinerzeit der Pädagoge und Politiker Friedrich Ludwig Jahn, einer der Ahnväter des Kunstturnens, das Wort "Turnkunst" (1) und ersetzte mit ihm das bis dahin gebräuchlichere "Gymnastik".

Sport und Kunst, Kunst und Sport haben in der Tat sich nicht nur sprachlich immer wieder berührt, sondern auch voneinander profitiert, so daß es sinnvoll ist, ein wenig auch von diesen Wechselbeziehungen zu sprechen, nicht zuletzt eingedenk der Arroganz mancher Vertreter und Sachverwalter der Kunst gegenüber dem Sport, wie umgekehrt der Ignoranz mancher Aktiver und Funktionäre des Sports gegenüber der Kunst.

Es gab einmal einen deutschen Dichter, der so leidenschaftlich gern Schlittschuh lief, daß er darüber gleich mehrere Oden verfaßte. Besonders drei dieser Oden wurden von der Literaturgeschichte als "makellose Begleitbilder des zugehörigen gymnastischen Vorgangs", als "Tänze und Läufe des Geistes" bewertet, die den "Bewegungen des Leibes aufs Akkurateste folgen". Da sich der Dichter "auch um die künstlerische Vollendung des Eislaufsports unermüdlich" bemüht habe, könne man von ihm "mit Fug behaupten", er habe "auf diesem Gebiete der musischen Betätigung wirklich der antiken Orchestik Ähnliches angestrebt: ein Gesamtkunstwerk aus Tanz, Dichterwort, Mimik und Musik" (2)

Der Eislaufliebhaber, von dem hier die Rede ist, hieß Friedrich Gottlieb Klopstock. Und seinem Beispiel folgten alsbald die Fans aus der Generation des jungen Goethe, indem sie den Eislauf zur modischen Lieblingsbeschäftigung der Winterzeit machten (3), ja sogar, als Schlittschuhläufer portraitiert, in die Kunstgeschichte eingingen. Das ist lange her.

Es gab einmal ein Land, in dem obsaß ein Minister der Kultur. Und wenn er nicht der Kultur obsaß, dann oblag er dem Sport. Diese friedliche Ab- und Nachfolge von Haupt- und wichtigster Nebensache der Welt ist ebenso märchenhaft, wie jene Gentilphase der griechischen Gesellschaft Vergangenheit ist, in der die Sportstätten direkt an Kultstätten angeschlossen waren (4).

Pindars berühmte olympische Oden oder der Diskuswerfer von Myron sind heute allenfalls noch Gegenstand altphilologischer, archäologischer oder kunsthistorischer Seminare. Und wer heute verlangt, daß auf der Schule Schillers "Kraniche des Ibykus" behandelt oder gar auswendig gelernt werden, wird Kultus und Sport kurzschließen, wird den Schülern erklären müssen, was Wagenrennen und Gesang miteinander zu tun hatten und haben.

Dabei war Pierre Baron Coubertin seinerzeit durchaus guten Willens gewesen, als er sich immer wieder nachdrücklich dafür stark machte, mit den neu eingerichteten Olympischen Spielen und Wettkämpfen auch Kunstwettbewerbe zu verbinden. Denn dies und nur dies entspräche, war er überzeugt, dem griechischen Ideal einer harmonischen Einheit von Körper und Geist.

Um es kurz zu machen: die von Coubertin geforderten Kunst-Olympiaden kamen tatsächlich zustande. Und man konnte auf ihnen - ebenso wie bei den sportlichen Wettkämpfen - Gold-, Silber- und Bronzemedaillen gewinnen. Jedoch ließ die Qualität der Beiträge - reziprok zu den sportlichen Leistungen - zunehmend zu wünschen übrig. So daß 1949 die Kunst-Olympiaden eingestellt werden mußten.

Ich will hier nicht untersuchen, ob dies an den Künstlern lag oder an der Entwicklung des Sports, ob es sich um eine gesellschaftlich notwendige Entfremdung handelte oder ob auf beiden Seiten von falschen Vorstellungen und Voraussetzungen ausgegangen wurde. Ich möchte aber festhalten, daß sich

1. die idealistische Vorstellung einer Verbindung von Sport und Kunst nie ganz verloren hat, daß immer wieder einmal, jetzt zumeist auf nationaler oder regionaler Ebene, Versuche unternommen wurden, beides miteinander in Beziehung zu setzen. Die Ausstellung "Kunst und Sport" der Galerie der Stadt Stuttgart 1986 aus Anlaß der Leichtathletik-Europameisterschaften (5) wäre zum Beispiel ein solcher Versuch, ebenso wie eine Ausstellung von "SportBildern" Reinhard Döhls, Fritz Genkingers, Ulrich Zehs anläßlich des 58. Schwäbischen Landesturnfestes im Sommer 1989 in Heilbronn, ebenso wie die Ausstellung der "SportBilder" Ulrich Zehs durch die Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen der Kunstturn-Weltmeisterschaften im Oktober 1989.

2. möchte ich festhalten, daß sich die bildende Kunst im 20. Jahrhundert auch jenseits der Kunstolympiaden des Themas Sport als eines aktuellen Themas immer wieder angenommen hat. Daß dabei Künstler des deutschen Südwestens besonders beteiligt waren, kann, muß aber kein Zufall sein. Wobei ich besonders an Willi Baumeister denke, dessen umfangreich auch dem Sport gewidmetes grafisches Werk ja erst kürzlich in der Staatsgalerie zu besichtigen war (6).

Und ich denke an Baumeister vor allem deshalb, weil sich an seinem grafischen Werk sehr eindrucksvoll studieren läßt, daß Sportbild nicht Sportbild ist, daß neben ästhetischen auch gesellschaftliche Fragen hineinspielen. Denn während Baumeisters berühmte Lichtdruckmappe "Sport und Maschine" den Künstler 1929 als einen der Vielen ausweist, die Sport und Maschine für die beiden "zeitgemäßen Erscheinungsformen menschlichen Geistes" hielten, während Baumeister also mit dieser Mappe gewissermaßen in war, war er 1934, als die Nationalsozialisten ihre Olympiade inszenierten, out. Und so müssen seine zahlreichen Arbeiten dieses und der folgenden Jahre auch interpretiert werden als ästhetischer Gegenentwurf, als ohnmächtiger Protest mit ästhetischen Mitteln gegen eine politische Indienstnahme des Sports. Wozu ich mir die Anmerkung erlaube, daß sich im September 1933 auch das "Deutsche Tumfest" in Stuttgart politisch vereinnahmen ließ.

Man darf sich also bei einer Ausstellung von Sportbildern, bei der Frage nach Wechselbeziehungen von Kunst und Sport oder auch Literatur und Sport nicht mit der Feststellung begnügen, daß Literatur und Kunst im 20. Jahrhundert zunehmend auch den Sport als aktuelles Thema (wieder) entdecken, wobei nur noch zwischen dem jeweiligen Sujet, der jeweiligen Machart zu differenzieren wäre. Denn die Künste als ästhetischer Reflex auf eine den Künstler umgebende Wirklichkeit spiegeln diese Wirklichkeit kritisch oder zustimmend und wirken - im günstigen Fall - auf diese Wirklichkeit zurück.

Es scheint mir deshalb kein Zufall, daß sich Kunst und Literatur dem Sport erneut und zunehmend zu einem Zeitpunkt zuwenden, an dem sich der Sport vom Eliten- zum Breitensport und vom Breitensport zum Sport für die Massen entwickelt, an dem der Sport zunehmend seinen echten oder auch unechten Amateurstatus zugunsten der Profikarriere aufgibt. Die Angst des Torwarts beim Elfmeter ist heute, dank Peter Handke, sprichwörtlich. Und Ludwig Hang machte selbst dem größten Fußballmuffel klar, daß Netzer aus der Tiefe des Raumes kam, nachdem er zuvor den 1. FC Saarbrücken hörspielfähig gemacht hatte, ein Kunststück, das kurze Zeit später Ferdinand Kriwet für Fortuna Düsseldorf und Ror Wolf für Eintracht Frankfurt wiederholten, während Fritz Genkinger dem VfB Stuttgart zur Ausstellungsreife verhalf, aber auch der Leichtathletik und dem Turnen seinen Tribut zollte (7).

Wie Genkinger betritt Ende der 60er Jahre auch Ulrich Zeh zum ersten Mal als Künstler die Sportarena, die er als Leistungsportler bereits kannte, ein Aspekt, der ebenfalls bei der Einschätzung von Sportbildern nicht uninteressant ist. Baumeister zum Beispiel hatte einschlägige Erfahrungen in Boxkampf und Tennisspiel, Genkinger war Amateur-Fußballer gewesen und Ulrich Zeh gehörte, nach einer Stippvisite in einem Turnverein, der Leichtathletikmannschaft von Salamander Kornwestheim an und gewann unter dieser respektablen Adresse in der 4xl00-Meter-Staffel die Württembergische Jugendmeisterschaft, im Fünf- und Zehnkampf die Württembergische Juniorenmeisterschaft in der Mannschaft.

Ulrich Zeh wußte also, was er kritisierte, als er sich 1970 auf eine Auseinandersetzung mit dem Sport aber auch mit den ästhetischen Lösungen Genkingers einließ (8). Wobei seine bis heute häufigen Sujets einmal aus der Erfahrung des Zehnkämpfers und Staffelläufers resultierten, aus einer Erfahrung, aus der heraus er sie zum zweiten auf die Anatomie des sportlichen Bewegungsablaufs, den Torso reduzieren konnte, den er zunächst und drittens einsperrte in den Käfig der Disziplin: die Hüde, die Latte der Hochsprunganlage, Balken und Sprunggrube, Aschen- bzw. Tartanbahn. Das Eingesperrtsein des Menschen in, seine Ausweglosigkeit aus den Zwängen einer Leistungsgesellschaft war damals das Thema, das Ulrich Zeh in immer neuen Ansätzen beschäftigte. Es stand im Vordergrund seiner Arbeiten dergestalt, daß oft erst auf den zweiten Blick der ästhetische Reiz einer angespannten Muskulatur, die kompositorische Lösung sichtbar wurde. Daß und wieweit Zeh dabei seine Sportzeichnungen und
-radierungen durchaus in einer größeren Tradition verstanden wissen wollte, hatte er mit einem "Gestürzten Ikarus" (9) und dem mehrfachen Bildzitat des Diskuswerfers von Myron (10) angedeutet.

Ulrich Zeh hatte damals in einigen wenigen Zeichnungen den Käfig der Disziplin ausgespart, dann aber diese Versuche nicht weiter verfolgt. Offensichtlich stieß er mit ihnen an eine Grenze, die zu überschreiten ihm noch nicht möglich war. Auf die Formel gebracht: die Grenze zwischen der thematischen und der ästhetischen Realität des Bildes.

So endete, als Genkinger das Thema Sport für sich abhakte, auch für Ulrich Zeh eine erste intensive Auseinandersetzung vornehmlich mit der Leichtathletik, und es dauerte immerhin fast zehn Jahre, bis Zeh sein Thema wieder aufgreifen konnte.

Es ist hier nicht der Ort, die künstlerische Entwicklung zu diskutieren, die Zeh durchlaufen mußte, um sich 1984 erneut dem Thema Sport - nun in größerer Breite und vor allem in größeren Formaten - zuzuwenden, und damit einer zweiten Phase der "SportBilder".

Auf ihnen allen ist der Käfig der Disziplin nunmehr ausgespart. Deutlicher als die Arbeiten der ersten Phase lassen sie erkennen, daß es Ulrich Zeh um Bewegungsabläufe, um Dynamik geht. Hinzu aber kommt etwas entschieden Neues. Die jetzt zumeist großen Formate ermöglichen dem Künstler Bewegungen aus dem Körper heraus, eine kreisende Gestik, deren Radius der Malarm ist. Das zieht einmal - und dabei berühren sich Zehs "SportBilder" mit seinen großformatigen Landschaften - das zieht einmal den Betrachter gleichsam in den Strudel des Bildes hinein, schön zu studieren etwa an dem Stabhochspringer, den Turnern an Barren und Ringen. Das erinnert zugleich an action painting und hinterläßt zufällige Malspuren, die fast kalligraphische Qualität gewinnen können.

Und das scheint mit dem Thema Sport nurmehr wenig zu tun zu haben, entführt es doch den Bildgegenstand in eine eher ästhetische Dimension. Aber indem die Malbewegungen gleichsam spurenhaft stehen bleiben, korrespondieren sie mit den Bewegungsabläufen der Sprinter, Stabhochspringer, Radfahrer und Turner, die das Bild fixiert. Es entsteht zwischen dargestellter und darstellender Bewegung ein wechselseitiges Spannungsverhältnis. Die Anspannung des nur torsohaft erscheinenden Sportlers findet ihre Entsprechung in der ästhetischen Spannung des Bildes, zu der die sichtbaren Reste des oft grauen Grundes das Ihrige
hinzutun.

Daß hier in der Werkentwicklung Zehs noch Überraschungen wahrscheinlich sind, deuten in den letzten Jahren nicht nur die neu hinzugekommenen Themen des Radsports und Kunstturnens an, sondern auch eine jetzt fast pastellhafte Chromatik, ein zunehmendes Weiß auf der Palette, die weitgehende Reduktion der Torsi auf Farbflecken und -flächen, die nachträglich oft noch durch Farbstiftstriche aufgerissen werden. Nicht um Kunst "im Schlepptau" handelt es sich also bei diesen Arbeiten, sondern um gleichwertige ästhetische Korrespondenzen, die nicht Abbildungen von Sportlern sind oder Bilder, die sich der Künstler vom Sport gemacht hat. Ulrich Zehs "SportBilder" bieten das ästhetische Äquivalent zu sportlichen Bewegungsabläufen im Erfassen bzw. Fixieren spezifischer Haltungen, spezifischer Bewegungsmomente höchster körperlicher Anspannung und ihrer Dynamik. Und das bereitet, wie man leicht nachvollziehen kann, dem Betrachter primär ästhetisches Vergnügen.

Dieses ästhetische Spiel mit dem sportlichen Spiel ist dabei durchaus anspruchsvoll, anspruchsvoller jedenfalls und von anderer Art, als es Karl Valentin spielte, der das Frisch-Fromm-Fröhlich-Frei des Turnens wie folgt auflöste: "Ich glaubte", sagte er seinerzeit, "jeder Turner muß vor dem Turnen ein Bad nehmen, daß er frisch wird. Hierauf muß er in die Kirche gehen, daß er fromm wird. Dann muß er einige Maß Bier trinken, daß er fröhlich wird, und dann muß er sich von seiner Frau scheiden lassen, daß er frei wird. Dann ist er F.F.F.F.". (11)

[Rathaus Stuttgart 10.11.1989. Druck in: Ulrich Zeh. Farblandschaften und -ereignisse. Hrsg. von R.D., zus. mit Ute Bopp und Sibylle Mockler, o.O. [Stuttgart]: Eine Edition des Schwarzen Lochs o.J. [1991]]

Anmerkungen
1) vgl. den einschlägigen Artikel in: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Bd.11, Abt.l, Teil II. Leipzig 1952.
2) Karl Kindt: Klopstock. Berlin-Spandau 1948, S. 220.
3) Vgl. Hans Jürgen Balmes (Hrsg.): Die Dichter auf dem Eise. München 1986; August Gassner: Goethe als Eisläufer. Bern,
Frankfurt/Main, New York, Paris 1990.
4) Vgl. Franz-Joachim Verspohl: Stadionbauten von der Antike bis zur Gegenwart. Regie und Selbsterfahrung der Massen.
Gießen 1976, S. 61 ff.
5) Vgl. den von Brigitte Reinhardt hrsg. Ausstellungskatalog mit Abb. nach Arbeiten von Max Ackermann, Willi Baumeister,
Adam Lude Döring, Altred Lörcher, Reinhold Nägele, Karl Rösing, Salome., Oskar Schlemmer, Walter Wörn, Ulrich Zeh
u.a.
6) Willi Baumeister: Zeichnungen, Gouachen, Collagen, Staatsgalerie Stuttgart 1989. Katalog: Ulrike Gauss, mit Beiträgen
von Ulrike Gauss, Ursula Zeller, Rene Hirner, lna Conzen-Meairs und Peter Ohametzky.
7) Zu Genkingers Werkentwicklung vgl. Günter Wirth: Kunst im deutschen S?dwesten. Stuttgart 1982, S. 88.
8) Zu Ulrich Zehs Werkentwicklung vgl. Döhl (Hrsg.): Ulrich Zeh. Stadt & Landschaft weiß. Leutenbach 1985, S. 24 ff.; terner
Döhl (Hrsg.): Ulrich Zeh. SportBilder. Waldshut 1986.
9) Auffällig ist die Häufigkeit, mit der das Ikarus-Thema in den 70er und 80er Jahren in der bildenden Kunst begegnet, im
deutschen Südwesten z.B. als Zyklus "lkarus-Vogelmensch" bei Marlies Weber-Raudenbusch, in den Ikarus-Zeichnungen
Fritz Ruoffs (1980/81), in zwei Kreidezeichnungen Uwe Ernsts ("Ikarus 1, 2", 1974), als Guckkastenbild 1980 bei Heinz Hir-
scher, als Mosaik bei Atila ("Icare"), als "Stürzende Figuren" (1987/88) bei Wolfgang Bier, oder als Collagen-Folgen (Bilder-
geschichten, 1988/89) bei Döhl. - Weitere zahlreiche Bildnachweise, auch der Gegenwart, bietet Herwarth Röttgens Untersu-
chung "Daedalus und Ikarus. Zwischen Kunst und Technik, Mythos und Seele" in: Kritische Berichte, Jg. 12, 1984, H. 2 und
3.
10) Myrons Skulptur galt lange Zeit als "der Wirklichkeit auf den Leib gerückt", als "unmißverständlich" fixierter "Augenblick".
Dagegen ist man heute überzeugt, daß sich Myrons Diskobol zwar in dem Augenblick darstelle, "wo der Diskus abwärts
geführt" werde, "bevor sich der Körper wieder" aufrichte, daß es sich aber primär um "eine willkürliche Komposition auf der
Grundlage eines geometrischen Schemas aus vier übereinandergestellten Dreiecken" handle, "die eine Abfolge verschie-
dener Positionen des Rumpfes und der Glieder ergeben" (Die griechische Kunst, Bd. 3, Jean Charbonneaux u.a.: Das klassi-
sche Griechenland. München 1977, S.138). Ulrich Zehs Bildzitat vernachlässigt durch Anschneiden der kopflos erhaltenen
Skulptur das Kompositionsschema und legt durch Repetition der Figur in wieder aufgerichtetem Zustand im Hintergrund
der Zeichnung das Gewicht auf den fixierten Augenblick eines sportlichen Bewegungsablaufs.
11) Allerhand Sport... In: Michael Schulte (Hrsg.): Alles von Karl Valentin. München 1978, S. 73.