Reinhard Döhl | Prosa
Letzten Endes

Exkurs | Und Witwen besprechen Männer | Nicht scharf darauf | Wasser läuft an den Scheiben herunter | Magelone verreckte | Er steht an der Haltestelle | Wie gesagt | Er steht in der Rue de Douai | Ein menschenleeres Gesicht || Variante

1
Exkurs: dreizehnUhreins einUhrdreizehn jeder Zeit nach einem Kursbuch erfahren Züge Menschen Züge und Landschaft verbleibt ein Gespräch mit dem Nachbarn ein Gegenüber tauschen Gedanken Worte aus Taschen gegenüber das Gepäck verzettelt wassienichsagen bezeichnet eine Hand verweist ein paar Häuser da draußen zum Bleiben Kaffeegewünscht unterbrochen fährt das Gespräch fort ununterbrochen Menschen und Landschaft mit kurzem Blick erfaßt die Lage ein Gegenüber mit Weitblick die Lage zum Schlaf dieFahrkartenbitte von Hand zu Hand wechselt Ort zu Ort beziehen Menschen Züge mit Nachbarschaft bewechseln Häuser die Landschaft des Fensters müde eine Lektüre exKursbuch.

2
Und Witwen besprechen Männer die tot sind die Rente nachts sind die Betten leer und Witwen besprechen den Tod am Morgen fällt die Erinnerung ein mit Schatten aufs Tischtuch schmutzige Nägel Rauch gelb gefärbt legen schwarze abgegriffene Münzen um und um mit beiden Händen achwissensieschon die Engel sind käuflich was kommt ist nicht Himmel derErnaihreTochter aber was kommt was kommt. Magelone kippelt mit dem Stuhl. Mein Gott, sagt Magelone. Der Stuhl fällt nach hinten. Witwen retten die Ehre der Tochter mit Schuldschein und Schleier. (Sie saßen immer an den kleinen runden Tischen am Fenster) Magelone richtet sich auf. Mein Gott, sagt Magelone und verbeugt sieh. Entschuldigung, sagt Magelone und grinst. Jemand wirft mit Zuckerstücken nach Fliegen ist beschäftigt. Im Hintergrund wächst das Schweigen zu Spitzen Blicken Tote im Raum im Café trinken Tote Kaffee aus den Tassen der Schatten die Witwen beklagen es laut hals tanzen die Kröpfe zu Zucker Kuchen Headlines und Sahne. Der General wirft sein Korsett zu der Milch in den Kaffee. Jemand steht stramm. Jemand wirft mit Zucker nach Fliegen die gehen in Sturzfug. Janek beugt sich über den General. Ohne mich, sagt Janek und schlägt dem General auf die Schulter. Magelone beginnt zu singen: Maikäfer flieg mein Vater ist im - aber Janek sagt: ohne mich. Und der General steht stramm. Jemand sagt das Gedicht gegen die Wiederbewaffnung auf und den Krieg. Er weiß daß er nicht mehr mitspielt. Waren Sie in Rußland? Ja, sagt der General und hält es sich zu Gute. Sind Sie gefallen? Nein, sagt der General und hält es sich zu Gute. Dann haben Sie kein Recht General, sagt Janek und färbt sein Gesicht weiß. Sie schreiten zur Hinrichtung. Sie denken: zur eigenen. Magelone kippelt mit dem Stuhl und schreit: da capo. Witwen besprechen Männer die tot sind die Rente. (Morgens saßen sie immer am Fenster an Tischen die sauber waren das Café war nicht sauber wo der Kaffee am billigsten aber gut da heiß war). Schatten auf dem Tischtuch. Es geht vorüber. Aber was kommt was kommt wächst die Verfärbung der Nägel. Jemand wirft mit Zucker nach Fliegen. Die gehen in Sturzflug. Janek zeichnet obszöne Figuren an Wände. Gesichter erstarren. Janek verfärbt sich. Magelone geht kotzen. Maikäfer flieg morgen gibt es Trallala und schwarze Münzen fallen in klebrige Tassen. Die Sonne verdunkelt die Fenster legen Falten aufs Tischtuch. Janek macht sein Gesicht ganz weiß. Mit Zucker beworfen rettet ein General sein Korsett. Und spitze Witwen trocknen fromme Wünsche.

3
Nicht scharf darauf alt zu werden wenn der Ständer zögert wer immer vorbeigeht nichts auf das Gerede geben es ist nicht wahr der Hutständer im Rücken ist kein Zeichen für Potenz aber ein sinnloses Ding und hinter der gestärkten Brust werden die Witze schal wie billiger Vin rouge und die Phantasie trocken wie alte Hoden nicht sagen daß Greise weise sind darüber überhaupt nichts sagen. Die klassenlose Gesellschaft, sagt Janek, ist lautlos und einfach. Kanonen haben sie gehabt den totalen Krieg mit ihrer Schnauze das letzte Scheißhaus verteidigt, sagt Magelone. Aber am Ende, sagt Pinarius Natta, waren sie mehr ausgewechselt als abgeschafft. Das Ende ist lautlos und einfach. Denken daß es keinen Zweck hat aufzustehen wie Lazarus mit seinem Bett herumzuwandeln. Gelesen haben daß sich die alten Eskimofrauen auf eine Eisscholle legen und ins Meer hinaus treiben lassen wenn ihre Zeit kommt und wissen was sie tun warum bevor die Touristen kommen. Und die Erde wird schön sein die Fenster sind tot wer jetzt durch die Straßen geht der Asphalt weiß der Himmel ein unbeschriebenes Blatt und leere Blätter fallen aus den Papierkörben hierhin und dort fallen noch Worte verloren damals als es anfing am Abend irgend einem Abend paar Worte verloren gewechselt Magelone sagte

4
Wasser läuft an den Scheiben herunter und auf der Straße regnet es. Er sieht noch einmal in den Spiegel. Der ist alt und hat Risse. Sein Gesicht wirft nur fast einen Schatten. Der hat Risse. Wenn ein Auto vorbei fährt zittert der Spiegel. Aber er fällt nicht herab wie gestern ihr Bild. Da war ihr Gesicht zersprungen. Wasser läuft an der Scheibe herunter und auf der Straße regnet es. Er beobachtet den Schatten den sein Gesicht wirft. Er dreht sein Gesicht und nickt es aus ein ander. Das sieht lustig aus. Morgen hast du es vergessen denkt er. Er muß sich mit den Händen auf den Waschtisch stützen so stark sind jetzt die Schmerzen. Morgen hole ich dich wieder ab hatte er gesagt. Abends war das Bild von der Wand gefallen. Morgen hast du es vergessen dachte er. An den Scheiben läuft Wasser herunter und auf der Straße regnet es. Er hat Schmerzen die jetzt stark sind. Nach den Tabletten würden sie aufhören. Schwächling sagt er zwischen den Zähnen. Er versucht sich vorzustellen, was sie gerade macht. Aber er hat zu viele Möglichkeiten. Irgendwie bin ich ein elender Schwächling sagt er zwischen den Zähnen. Auf der Straße regnet es und Wasser läuft an den Scheiben herunter. Die Müdigkeit kommt in seine Augen. Erst nimmt sie von seinen Beinen Besitz. Sie geht in Sprüngen. Sie stößt in sein Sonnengeflecht. Sie kommt in seine Augen. Aber sie zerreißt ihn ganz langsam. Er legt sich auf das Bett. Wenn er die Augen schließt fängt alles an sich zu drehen. Meistens ist es Erinnerung und der Film gefällt ihm nicht sehr. Das kommt von der Müdigkeit denkt er. Die Müdigkeit macht mich fertig. Sie läßt sich nicht betrügen wie der Schmerz. Dann denkt er daß morgen alles gut sein würde. Und dann denkt er noch daß morgen bestimmt alles gut sein würde. Wasser läuft an den Scheiben herunter und auf der Straße regnet es. Er hält die Augen fast leichtsinnig geschlossen.

5
Magelone verreckte, Pinarius Natta, Gary Snyder, Özdemir Nutku, Bulle Westphal, Janek und Janosch, Dorothea Opitz wer auch immer. Schreiben wenn man schreibt beschreiben was nicht wirklich ist mit der Sprache herstellen, was wirklich ist Texte ohne Rechenschaft über Welt. Die Handlungsabläufe sind immer die gleichen in Sprache. Mit der Sprache eben Abend erfinden eine Stadt letzten Endes und so weiter Figuren sich bewegen lassen in einer Landschaft von Wörtern statt eines Romans / Hartwig ist Magelone, Özdemir Dichter, Johannes Kraus, Janek Knipser, Henner ist Opitz, George fährt Auto, Pinarius selig, Magelone ist tot und Jutta ist doof, Gärtner Candide / Die Stadt verlassen die unbelehrbar versehen mit jedem Sakrament und rückversichert im Himmel wie auf Erden Rosen züchten Gärten Blumen Kästen müder werden müde Ehen schließen wie ehedem Kleingeld in die Musicbox werfen für Fegefeuer Scheiterhaufen von veil und grünem kle sitzen die Dummen Gericht über die Sager der Wahrheit und hören auf zu

6
Er steht an der Haltestelle der 17. Straße. Er steht schon seit fünf Minuten da am 13. oder 14. Mai. Er steht an der Haltestelle der 17. Straße und sagt einem Hund daß sein Bein kein Baum ist. Er sagt es ihm seit fünf Minuten und er weiß daß es keine Bäume gibt in der 17. Straße nur Mülltonnen. Er steht auf einer weggeworfenen Zeitung vom 13. oder 14 Mai. Überall liegt Papier. Zwei andere gehen an ihm vorbei auf der anderen Seite der Straße. Sie kommen aus dem Schatten kommen langsam der Mann gehen an ihm vorbei die Frau. Der Hund läuft zu ihnen hinüber. Sie kommen aus dem Schatten der Straße und sprechen leise der Hund macht einen Bogen sie gehen langsam der Hund macht eine Spirale. Er sieht hinüber sie sprechen leise. Die Frau hebt das weiße Gesicht ans dem Schatten und sieht ihn an. Der Schatten läßt das Gesicht nicht frei. Die Frau sieht ihn an der Hund macht eine Spirale die Frau sieht durch ihn hin durch. Er steht an der Haltestelle der 17. Straße. Ein Gesicht schwimmt an ihm vorbei. Das Gesicht ist im Schatten löst sich auf. Er bückt sich zum Hund und sagt daß sein Bein kein Baum ist. Er steht auf einer Zeitung vom 13. oder 14. Mai. Der Hund geht zu einer Mülltonne. Ein anderer Schatten kommt auf ihn zu. Er bezahlt bis zur 33. Straße. Es ist Nacht und er sieht aus dem Fenster.

7
Wie gesagt die Wahrheit ist immer das Leichtere. Es genügt eine Menge von Elementarsätzen und die Tatsache daß es alle sind um Welt zu beschreiben. Die Stadt ist müde ist ein Elementarsatz der nicht genügt weil die Nacht warm ist und das Herz schwer ist und die Liebe schön ist und der Kuß süß ist immer noch undsoweiterweil wenn die Stadt müde ist die Rosen wachsen. Aber bald wird ein Satz genügen morgen vielleicht übermorgen vielleicht wann einmal wird es genügen zu sagen die Erde ist schön und es wird die ganze Wahrheit sein und nichts als die Wahrheit und die Tatsache daß es alles. Aber mit der Welt wird es anders sein obwohl es keinen Sinn mehr hat wenn der Ständer obwohl alles dann leer sein wird Menschen leer Straßen leer alles dann eine Kette von Tautologien sein wird anstelle Girlanden und Odufröhliche Kette von Tautologien sein wird ohne Sinn wird es sein der Mensch ist gut und die Erde ist schön und der Himmel ist blau es ist wahr es ist Himmel Himmel Erde Erde Felsen Felsen Meer Meer was allen in die Jugend schien worin noch niemand war

8
Er steht in der Rue de Douai vor dem Hotel du Massif-Central Thérèse wie hieß sie eigentlich oder Georgette er steht vor dem Hotel du Massif-Central wo man im ersten Stock Zimmer du weißt wofür sagte Georgette oder hieß sie Thérèse es regnet vor dem Hotel du Massif-Central regnete es als er sich auszog wußte er daß er impotent du Schwein sagt Thérèse Georgette sagte du Schwein warum hast du nicht gleich aber er hatte es vorher nicht gewußt es regnet in der Rue de Douai er steht vor dem Hotel der Regen verdirbt seinen Anzug die Haare hängen in sein Gesicht da wußte er daß es aus er weiß daß jetzt Schluß ist mit ihm der Regen ich will nicht aber der Regen hört nicht auf in der Rue de Douai in der Rue Bergere in Paris er ist jung und steht seit drei Tagen im Regen seine Schultern sind müde da geht er zurück.

9
Ein Menschen leeres Gesicht auf sich zu kommen lassen über sich eine Straßen leere Stadt hängen Ketten von Tautologien und nichts als die Wahrheit. Sagen daß es keinen Sinn mehr hat der Zustrom polarer Luftmassen nach Deutschland läßt vorübergehend etwas nach bei frischen südwestlichen Winden anfangs freundlich und etwas wärmer später im Westen Eintrübung meist stärker bewölkt und zeitweise Regen mäßig warm und schwül mit Höchsttemperaturen um 18 Grad später einzelne Schauer. Wetterlage: atlantische Tiefausläufer überqueren Nordwestdeutschland und gestalten unser Wetter veränderlich Höchsttemperaturen gestern Hamburg 17 Schleswig 16 Hannover 18 Berlin 18 Düsseldorf 17 Frankfurt 20 Freiburg 22 München 20 Grad relative Luftfeuchtigkeit heute 0 Uhr 83 Prozent Barometerstand 759,1 Millimeter gleich 1012,0 Millibar Tendenz fallend Luftradioaktivität 0,2 Mikroröntgen und die Erde wird schön sein Himmel Felsen Meer.
_____________

Variante
Wasser läuft an den Scheiben herunter und auf der Straße regnet es. Er sieht noch einmal in den Spiegel. Der ist alt und hat Risse. Sein Gesicht wirft nur fast einen Schatten. Der hat Risse. Wenn ein Auto vorbei fährt zittert der Spiegel. Aber er fällt nicht herab wie gestern ihr Bild. Da war ihr Gesicht zersprungen. Wasser läuft an der Scheibe herunter und auf der Straße regnet es. Er beobachtet den Schatten den sein Gesicht wirft Er dreht sein Gesicht und nickt es auseinander. Das sieht lustig aus. Morgen hast du es vergessen denkt er. Er muß sich mit den Händen auf den Nachtisch stützen so stark sind jetzt die Schmerzen. Morgen hole ich dich ab hatte er gesagt. Abends war das Bild von der Wand gefallen. Morgen hast du es vergessen dachte er. An den Scheiben läuft Wasser herunter und auf der Straße regnet es. Er hat Schmerzen. Die sind jetzt stark. Nach der Tablette würden sie aufhören. Schwächling sagt er zwischen den Zähnen. Er versucht sich vorzustellen was sie gerade macht. Aber er hat zu viele Möglichkeiten. Irgendwie bin ich ein elender Schwächling sagt er zwischen den Zähnen. Auf der Straße regnet es und Wasser läuft an den Scheiben herunter. Die Müdigkeit kommt in seine Augen. Erst nimmt sie von seinen Beinen Besitz. Sie geht in Sprüngen. Sie stößt in sein Sonnengeflecht. Sie kommt in seine Augen. Aber sie zerreißt ihn ganz langsam. Er legt sich auf das Bett. Wenn er die Augen schließt fängt alles an sich zu drehen. Meistens ist es Erinnerung und der Film gefällt ihm nicht sehr. Das kommt von der Müdigkeit denkt er. Die Müdigkeit macht mich fertig. Sie läßt sich nicht betrügen wie der Schmerz. Dann denkt er daß morgen alles gut sein würde. Und dann denkt er daß morgen alles gut sein würde. Wasser läuft an den Scheiben herunter und auf der Straße regnet es. Er hält die Augen fast leichtsinnig geschlossen.

< Eines Abends | Eine Stadt| Letzten Endes

ã by the author