im gegensatz zu den - wenn ich recht orientiert bin - betont gegenständlichen arbeiten der vergangenen ausstellungen in der galerie ellitzer, haben wir es heute hier mit zwei künstlern zu tun, für die eine weitgehende gegenstandslosigkeit ästhetisches programm ist. beiden künstlern ist dabei ein bewußt materiales vorgehen gemeinsam, indem sie den herstellungsprozeß, die materialen vorgänge beim fertigen produkt nicht verdecken oder vertuschen, vielmehr ihren fertigen produkten immer noch ein deutlich ablesbares maß 'atelier' belassen.
dieses 'atelier' läßt sich für den betrachter der ölkreidezeichnungen hans dahlems an den nicht verdeckten schmutzrändern, am randschmutz, den er mit ins bild einbezieht, ebenso deutlich ablesen wie an den bei manchen blättern rechts oder links unten vorgenommenen versuchen möglicher farbkombinationen, sozusagen der dem betrachter mitgeteilten palette, die hans dahlem konsequenterweise nicht mit passepartouts verdeckt hat.
dieses 'atelier' wird von lothar messner in seine kleinbronzen miteinbezogen, indem er die gußhaut nachträglich nicht ganz entfernt, die bronzen nicht vollkommen poliert, und so die struktur der schmelzhaut augenscheinlich in die plastische komposition miteinkalkuliert, sie also als einen teil des ästhetischen gesamtaspektes seiner arbeiten verstanden wissen will.
darüber hinaus setzen sich beide künstler auf jeweils eigenständige art und weise mit einem heute höchst aktuellen problem einer gegenstandslosen figürlichkeit, abstrakte gegenständlichkeit (bense) in folge einer determination auf das gegenstandslose kunstwerk auseinander;
hans dahlem, indem er bei seinen an sich gegenstandslosen ölkreidezeichnungen durch nachträglich vorgenommene abschabungen und einkritzelungen in den flächig und additiv aufgetragenen ölkreiden eine art abstrakter gegenständlichkeit, eine art gegenstandslose figürlichkeit intendiert.
lothar messner reduziert vor allem bei seinen linear aufgefaßten kleinbronzen das figürliche auf die puren funktionellen abläufe des figürlichen, wobei wir die meisten hier ausgestellten arbeiten bevorzugt als demonstration purer funktionen des figürlichen verstehen, ohne daß sie figürliches an sich zeigen.
wir können hier nun nicht ins detail gehen, die arbeiten der beiden künstler fur sich nehmen. das wäre aufgabe einer einzelausstellung, einer gesonderten betrachtung der arbeiten. auf die ölkreidezeichnungen hans dahlems, die in köln und stuttgart ein gewisses und berechtigtes aufsehen erregten, wiesen wir überdies anläßlich der mai-ausstellung in stuttgart in der saarbrücker zeitung ausführlicher hin.
zu den kleinplastiken lothar messners möchten wir noch hinzufügen, daß ihnen offensichtlich werkstattüberlegungen zugrunde liegen, indem sie sozusagen eine serie gußtechnischer versuche vorstellen, die uns - von ihrer fraglos ästhetischen qualität einmal abgesehen - auch insofern interessieren, als sie unseres erachtens sehr schön zeigen, wie wichtig in der modernen kunst und gerade bei der plastik die handwerkliche fertigkeit und nicht nur das theoretische interesse des künstlers an den materialen prozessen in hinsicht auf das zu verfertigende kunstobjekt ist.
damit aber unterscheiden sich die kleinplastiken messners ebenso wie die arbeiten hans dahlems als sauberes handwerk deutlich vom hobbysmus einer ungelernten intelligenz, der mit seinen produkten unsere galerien weitgehend heimsucht und den kunstmarkt überschwemmt, indem ihm die popularität vor der schöpfung, die entdeckung eines putzlappens vor dem sauberen handwerk gilt. und schließlich zeigen die hier ausgestellten arbeiten auch, daß kunstobjekte nicht aus einem irrationalen vokabular, nicht aus vagen, unkontrollierbaren und unformulierbaren gesten fabriziert werden, sondern in folge einer endlichen anzahl bewußter materialer entscheidungen des künstlers, die er zur herstellung seines kunstwerks aufwenden muß.
bei bildern und kleinplastiken, die in einem solchen maße wie die arbeiten hans dahlems und lothar messners sauberes handwerk zeigen, möchten wir deshalb auf zwei künstler schließen, deren entwicklung uns außerordentlich interessiert, wobei wir unsere anmerkungen nur als hinweis, als möglichen ansatz verstehen, wie man ihre arbeiten vielleicht sehen sollte. daß ihre arbeiten mehr zeigen, als wir in diesem Zusammenhang andeuten können, wird dem betrachter, der sie gewissenhaft und ganz genau studiert, alsbald ins auge fallen. und es wird ihm manche überraschende entdeckung im bereiche einer mikroästhetik bevorstehen. die arbeiten laden jedenfalls dazu ein. und wir möchten so nur noch die künstler, die wir schätzen gelernt haben, und natürlich die galerie zu dieser ausstellung beglückwünschen.
[saarbrücken, galerie ellitzer, 7.6.1963]