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Reinhard Döhl | Finsterlin & Schömberg

Wandmalereien Hermann Finsterlins | Zu den Schömberger Fresken | Bezüge zum Gesamtwerk | Rätsel, Widerpruch, Annäherung | Genie und Dilettant / Sinn und Unsinn | Daten und Fakten | Farb- und Linieninspirationen | Spiel

Wandmalereien Hermann Finsterlins

1957 wurden von Hermann Finsterlin in diesem Hause Wand- und Deckenmalereien ausgeführt. die, 1979/80 überklebt, seit kurzem wieder freigelegt und restauriert sind. Das ist sicherlich die Feierstunde wert, zu der Sie eingeladen sind und man könnte damit zur Tagesordnung übergehen, würde es sich nicht um die einzig heute noch erhaltene, gerettete Wandmalerei Hermann Finsterlins handeln. Um den einzigen Beleg eines Teilaspekts eines Gesamtwerks, das mehr ist als die Summe seiner Teile.

Ich möchte versuchen, dies im Laufe der nächsten halben Stunde zu skizzieren und dabei einen Künstler vorstellen, der in seiner Art wohl einmalig war. Und ich beginne aus gegebenem Anlaß mit den jetzt wieder freigelegten Schömberger Fresken bzw. ihrer Einordnung in das umfangreichere Werkkapitel der

Wandmalereien, Wandbilder, Fresken stellen im Gesamtwerk Finsterlins einen durchaus größeren Komplex dar. Der Stuttgarter Kunsthistoriker Hans Hildebrandt hat in seiner 1924 erschienenen "Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts" den Maler Hermann Finsterlin zwischen Paul Klee und die Surrealisten eingeordnet, ihn
zunächst als utopischen Architekten gewürdigt, um dann fortzufahren:

Dem Wunsch nach grenzenloser Freiheit des Gestaltens geht Finsterlin als Maler, Plastiker und Dichter nach. Die Bezeichnungen sind so absonderlich wie jene Klees. Bei den Gemälden scheinen die Farben das Erstgegebene. Sie verwandeln sich, wie Wolken vor dem träumenden Auge, in Menschenwesen, Fabeltiere, Riesenvögel, Meerungeheuer, Wunderpflanzen, Gebirge, auftauchend und versinkend in einem unendlichen, unirdischen Raum. Erinnerungen an das Liniengeschlinge des Jugendstils verschwinden mehr und mehr. Die plastischen Gebilde, kleinen Umfangs, doch durch ihr Bedeuten ins Große wachsend, ordnen die fremdesten Dinge und Materialien zu überraschenden Gruppen, die ein verfeinerter Sinn für Beziehungen zusammenhält.
Abgebildet hat Hans Hildebrandt die Wandmalerei "Würfelstadt und Brillenschlange" die sich, einer rückseitig beschrifteten Photographie aus Hermann Finsterlins Nachlaß zufolge, in Berchtesgaden befunden hat. Ich füge als Hinweis hinzu, daß Hans Hildebrandt bereits 1920 ein Standardwerk über "Wandmalerei" veröffentlicht hatte, seit 1921 an der Technischen Hochschule Stuttgart wiederholt Vorlesungen über "Wandmalerei, Bau und Bild" anbot und noch in den 50er Jahren Vorträge zu diesem Thema hielt.

[Wer es genauer wissen will, müßte sich freilich ins Getty Research Institute for the History of Art and Humanities in Los Angeles bemühen, wo heute der Nachlaß Hans und Lilly Hildebrandts aufgebahrt ist.]

"Würfelstadt und Brillenschlange" ist die früheste Abbildung eines Finsterlinschen Wandbildes, wenn auch nicht sein erstes. Wesentlich früher dürfte eine in der Photographie erhaltene Wandmalerei für das Weinhaus Gilitzer in München zu datieren sein, die schon wegen ihrer Attribute, darunter eine im Frühwerk Hermann Finsterlins häufiger begegnenden Eule, auffällig ist.

Als Hermann Finsterlin 1935 den Auftrag bekommt, die Orchestermuschel und einige Wandfüllungen der sich anschließenden Wandelhalle des Bad Mergentheimer Kurhauses auszumalen, wird dies (sogar zweimal) auch in der heimatlichen Presse unter "Erfolge Berchtesgadener Künstler" mitgeteilt in einer Meldung, die ablesen läßt, daß sich die Botschaft der Wandmalerei den allzunüchternen, verhärteten Beschauern offensichtlich nicht ohne Kommentar (Beiworttafel) erschloß:

Die malerische Ausgestaltung, die sich auf die große Orchestermuschel und ein paar Füllungen der anschließenden Wände beschränkt, besorgte Hermann Finsterlin aus Berchtesgaden-Schönau mit seinen märchenhaften Gestalten einer schwerelosen Welt, deren dekorativen, wie hauptsächlich auch befreiend-befreuenden Heilsinn eine Beiworttafel in Form einer kleinen Dichtung allzunüchternen, verhärteten Beschauern vermittelt.
Auch diese Wandmalerei hat sich nicht erhalten, doch lassen einige Entwürfe (bzw. Skizzen), die wir im Katalog zu dieser Ausstellung abgebildet haben, wenigstens Vermutungen zu.

Auf einem ersten findet sich unter den Tieren, die die Arche Noah (links) über die Brücke des Regenbogens verlassen, wiederum eine, wenn auch anders gestaltete, den Kopf aufrichtende Schlange. Gleichzeitig wird der Regenbogen als Liniensystem interpretiert und mit einer durchaus sinnvollen Notenfolge besetzt.

Deutlicher noch in zwei weiteren Entwurfsvarianten, auf denen sich, ohne die Tiere der Arche, auf der einen Seite der Regenbogenbrücke ein Menschenpaar, auf der anderen Seite ein Flügelroß befinden, das gleichfalls zur Ikonographie Hermann Finsterlins gehört und im konkreten Fall die Dichtung der Musik an die Seite stellt. Nur hingewiesen sei darauf, daß der Berg/Felsen, auf den die Arche aufgesetzt ist, als Form auch in den Architekturen Hermann Finsterlins begegnet.

Eine weitere, die Wandmalereien Hermann Finsterlins betreffende, ihr Unübliches und Märchenhaftes betonende Nachricht erscheint am 27. Juni 1936 unter der Überschrift: "Berchtesgadener Künstler im Ausland":

Aus Spanien wird uns geschrieben: "Es bedeutet in der Fremde, besonders in Deutschen armen Gebieten stets ein Fest, einem artigen Landsmann zu begegnen, vertraute Sprache zu hören und arteigenen Geist; noch erlesener aber wird die Stimmung, solchen Landsmannes reinsten Wesenseindruck, sein Werk, fern der Heimat und seiner Person, zu entdecken. So begrüßen den Besucher der gepriesenen spanischen Insel Mallorca in derem jüngsten, aufblühendem Strandorte Cala Ratjada im Speisesaal des herrlich gelegenen Hotels Castellet 2 große Fresken des Berchtesgadener Malers Hermann Finsterlin. Märchenhaft, wie alle seine Gebilde, wirken sie in dieser an sich schon gesteigerten Natur kaum überirdisch, - nur den gewohnten Wandbildern solcher Stätten gegenüber wohltuend unüblich, und erfreulich, daß auch in diesen Ländern ein Verständnis wach ist für die schöpferische Romantik und das handwerkliche Können eines deutschen Künstlers.
Den genannten Wandbildern in Bad Mergentheim und auf Mallorca folgen nach 1945 Arbeiten in Tripolis (bisher nicht belegbar), Schömberg und Tripstrill, die sich - mit Ausnahme Schömbergs - nicht erhalten haben. Ob weitere von Hermann Finsterlin und in der Literatur angegebene Wandbilder wirklich realisiert wurden, war bisher nicht zu ermitteln. Mehr als die genannten hat es aber wahrscheinlich gegeben.

Soweit sich Photographien oder Entwürfe erhalten haben, lassen diese unschwer erkennen, daß Finsterlins Wandmalereien in der Regel Vergrößerungen dessen sind, was zuvor als Miniatur oder Skizze, als Ideenentwurf ausgeführt wurde. Wobei sich im Laufe der Jahre ein bestimmter, einmal gewonnener Formen- und Figurenschatz mit meist geringer Spannung zunehmend wiederholt. So daß jeder Interessierte vor dem Problem steht, einen bei Hermann Finsterlin auch sonst eigentümlichen Prozeß ikonographischer Instabilität und Wanderung, einen Widerspruch von inhaltlich hoch Gestelltem und ästhetisch oft schwächerer Realisation aufzulösen.

Zu den Schömberger Fresken

existieren, mit Ausnahme des Deckenfreskos, Skizzen (Entwürfe), die wir bei Vorbereitung der heutigen Ausstellung in einer Fülle Finsterlinscher "Miniaturen" entdeckten und im Katalog abgebildet haben. Skizzen, die zu Teilen nicht mit den realisierten Fresken übereinstimmen und vor allem deshalb interessant sind.

So bietet beim ersten Schömberger Wandgemälde eine Miniatur, auf der sich in einer kristallinen Berglandschaft Figuren tummeln, den Vergleich mit seiner endgültigen Ausführung an. Auf ihr vermehren sich [nicht: "fehlen", wie im Katalog irrtümlich zu lesen ist] diese Kristallwesen, die Finsterlin auch anderen Orts "Kristallelfen" genannt und wiederholt zur Belebung von Skizze und Bild instrumentiert, aber auch literarisch bedacht hat:

Türm mal in den Turmalin
Quickes Elflein der Kristalle,
Warum gingst du in die Falle
Der verruchten Zauberin?
Hinzugekommen sind in der rechten unteren Bildhälfte stärkere Wellen, die dem Kristall, dem Harten, Ruhenden, Statischen das Bewegte, Dynamische entgegen setzen.

Auch für das Schömberger Wanddoppelbild haben sich zwei solcher Miniaturen erhalten, Die dem rechten Wandbild zugrunde liegende Miniatur (Abb. 2) zeigt den seitlich gewendeten Kopf und angedeuteten Körper eines Hasen, aus dem ein weiblicher Akt herauswächst. Die Einschrift am unteren linken Bildrand lautet OSTARA, und benennt damit eine von Jacob Grimm aus einer Notiz bei Beda Venerabilis und aus der althochdeutschen Bezeichnung ostara für das Osterfest erschlossene altgermanische Frühlingsgöttin, deren Existenz und Verehrung bei den Germanen allerdings bis heute ungesichert ist. Ihr den Naturkäften zugehörender Kult war nach Bächtold-Stäubli vor allem in ganz Niederdeutschland, aber auch in Bayern verbreitet, und der Hase war eines der ihr heiligen Tiere.

Dem Äußeren nach wird sie beschrieben als ein gleich der Eos sich leicht fort-bewegendes, in ein goldschimmerndes Gewand gehülltes Wesen, vielleicht aus dem Meer aufsteigend, mit gelben Schuhen, jeden Morgen weckt sie alle lebendigen Wesen aus ihrem Schlummer und naht sich den Häusern mit schimmernden Schätzen. Zarte Keime brechen aus ihren Spuren hervor, wenn sie über die Erde dahinwandelt.
Ist es mit Hilfe der Namenseinschrift relativ leicht, den Akt des rechten Wandbildes als eine, allerdings unbekleidete Ostara zu enträtseln, ist dies beim linken Wandbild, bei dem die weibliche Figur der Skizze in eine nackte männliche Figur mutierte, nicht ohne Exkurs möglich.

Die dem linken Wandbild zugrunde liegende Miniatur zeigt eine nackte weibliche Figur mit Schwert im Kampf mit einer dreiköpfigen Schlange. Eingeschrieben ist ihr von oben nach unten in griechischen Großbuchstaben HRAKLEA [= Heraklea], ein Wort oder Name, der sich zunächst nicht erschließt. Denn eine Heraklea gibt es in der Mythologie nicht, wohl aber einen Herakles, der von Hermann Finsterlin dann als Heraklea feminisiert wäre, was bei Finsterlins Freude an Sprachspielen, an eroti-schen Anspielungen in vielen seiner Arbeiten durchaus angenommen werden darf.

Bezeichnet Heraklea die agierende Person, wäre die Heraklea der Skizze auf dem Wandbild in einen Herakles zurückmutiert, der allerdings statt der Keule ein Schwert schwingt. Die dreiköpfige Schlange ließe sich dann als die (in der Mythologie freilich neunköpfige) Hydra deuten, die sich im Kampf mit Herakles um einen seiner Füße wand und daran festhielt (vgl. Skizze und Wandbild links unten).

Wenn auch in ihrer Ikonographie nicht eindeutig - die Tendenz der beiden Wandbilder und der ihnen zugehörigen Skizzen ist klar: auf dem linken Bild der Kampf gegen das Zerstörerische, auf dem rechten das Belebende: aufsteigendes Licht, Morgen, Frühling.

Bezüge zum Gesamtwerk

Was die Kristallelfen schon andeuteten, daß sich Bezüge zum anderen Werk Hermann Finsterlins herstellen lassen, wird im Falle der Schlange komplex.

Es gibt sie in allen möglichen Varianten als Spielzeug, als Schlangenbaum, als geringelte Schlange u.a.
Sie hat ihren Part in den unsinnigen Textwelten eines Karten- und Märchenspiels:

Hiebei regnet es hellblaue Fächer, die auf eine Kette wächsener Glocken sinken und drauf nach einer roten Schlange aus Wasser jagen, die plötzlich in einem goldenen Wechseltierchen verschwindet.
Sie wird in einem Szenarium Hermann Finsterlins, "Sphinx hoch drei" von Bellachini beschworen:
Seh ich einen Ring,
gleich muß ich ihn vermehren, -
daß ihn der Löwe fing,
das soll mich nicht betören!
Ringe, Range - schling Dich, Schlange,
Ohne Bange [...].
Sie war bzw. ist in allerdings unterschiedlicher Instrumentierung und inhaltlicher Besetzung ikonographisches Element der Wandmalereien in Berchtesgaden und in Bad Mergentheim, in Schömberg sowohl im linken Wandbild wie im großen Deckenfresko. "Geringelt liegt die Schlange der Entwicklung im Mittag" hat Hermann Finsterlin einen seiner Architektur-Essays überschrieben. Und als Finsterlin im Oktober 1928 eine erste umfassende Werkausstellung im Landesgewerbemuseum Stuttgart bekam, auf der er nach eigenem Bekunden das Beste zeigte, was er bis dahin geschaffen hatte. Die großen WandbiIder, die Holzplastiken, die Architekturen, Bühnenbilder, Portraits, Textil und die drei Baukästen, da spielt die Schlange auf den Beistelltafeln (Beiworttafeln) eine nicht unwesentliche Rolle unter den Urbildern der Organismen, der Bewegungsspindel, dem Gliederstern, der Schlange, dem Baum und im Reich von Typen zweiten Grades, welche uns zum Teil mehr oder minder rein, merkwürdig gleichweise im Weltmythus wie im Mikroskope entgegentreten: z.B. die Hydra (Schlangenbaum) des indischen und griechischen Mythus und der unendlich teilbare Hydrapolyp des Teiches.

Das weist - alles in allem genommen - der Schlange, die ja nur ein ikonographisches Element unter vielen anderen ist, in Hermann Finsterlins Werk und Weltbild gewichtige Plätze und Funktionen zu, gibt aber auch Rätsel auf, die Betrachter und Interpret von Fall zu Fall [kontextuell] zu lösen haben.

Rätsel, Widerpruch, Annäherung

Wer sich Person und Werk Hermann Finsterlins nähern will, hat es aber nicht nur mit inkonographischen Lösungsaufgaben zu tun, er stößt schnell auf weitere Rätsel, Widersprüche, die sich oft nur schwer (auf)lösen lassen. Und das beginnt bereits mit des Vielfalt seiner künstlerischen Tätigkeitsfelder.

Die einschlägige Literatur kennt ihn fast ausschließlich als utopischen Architekten und ordnet ihn hier dem Expressionismus zu. Und wenn er auch Zeit seines Lebens keine seiner utopischen Ideen verwirklichen konnte, die praktische Architektur beginnt, freilich zögernd, ihm zu folgen. Das Dach der Münchner Olympiade, die Oper in Sydney wären hier zwei bekanntere Beispiele.

Gelegentlich präsentiert man Finsterlin fast ausschließlich als Maler, nicht ohne auf die Schwierigkeiten historischer Zuordnung zu verweisen, auf Finsterlins Herkunft vom Jugendstil aber auch die Surrealität seiner Bilder. Ich erinnere an die zitierte Einschätzung durch Hans Hildebrandt aus dem Jahre 1924, die nach wie vor das Vernünftigste ist, was über den Maler Hermann Finsterlin bis heute geschrieben wurde.

Drittens nennt man Finsterlin auch noch als Dichter, verlas und verliest - nachdem Finsterlin dies mit der Beiworttafel in Bad Mergentheim erstmalig, seit 1953 bei seinen Ausstellungen wiederholt erprobt hatte - im Rahmen von Ausstellungen und Eröffnungen Gedichte des Künstlers, wie ich es jetzt auch tun werde. Das erste Gedicht, das ich lesen möchte, ist "Das Lied der Schöpfer" überschrieben.

Wenn Deine Pulse nimmer hämmern,
Nicht sinnverwirrend Dir's vor Aug und Ohren sprüht,
Nicht jeden Augenblick die neusten Morgen dämmern,
Und jedem Atem jüngster Stern erglüht,

Wenn nicht Dein Blut mehr heißläuft in Deim Röhricht,
Dein Nervenbaum zerbricht unter der Früchte Last,
Wenn Du nicht mehr so ganz unmenschlich töricht
Urallgefeiht in höchster Weltglut faßt,

Du nimmer wühlst in himmlischen Visionen,
Lustgeist um Geist in Deinem Arm zerpreßt,
Dann stell Dich vor die nächste der Kanonen
Und schenk der Welt noch heut Dein Totenfest.

Dieses Gedicht, das sich auf den Satz "Wenn du nichts Großes mehr schaffen kannst, laß Dich erschießen" versimpeln ließe, ist aus zwei Gründen vor allem interessant.

Erstens, weil es Anrede und Possessivpronomona (Deine Pulse, Dein Röhricht, Dein Totenfest) großschreibt, was einiges über das Selbstbewußtsein seines Verfassers verrät.

Zweitens ordnet sich der Verfasser den Künstler-"Schöpfern" zu, die ihre ästhetischen Welten unter höchsten Einsatz (mit hämmernden Pulsen, heißlaufendem Blut) schaffen, Werke, die sich, anspruchsvoll genug, durch Formulierungen wie höchste Weltglut, himmlische Visionen definieren.

Das weist vom Anspruch her Hermann Finsterlin den Neuen Pathetikern des frühen 20. Jahrhunderts, dem Expressionismus zu, der in seinen Publikationen von "Menschheitsdämmerung", von "Der jüngste Tag" sprach, der in Hermann Finsterlins Gedicht etwa den jeden Augenblick dämmernden neuesten Morgen entspricht.

Und das weist zurück auf den Sturm und Drang des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in dem der Künstler begann, sich als Schöpfer sui generis zu verstehen. Johann Wolfgang Goethe hat sich damals die Rolle des Prometheus zugeschrieben, Johann Heinrich Füssli hat - durchaus selbstbezogen - diesen Prometheus mehrfach Bild werden lassen.

Hermann Finsterlin wird etwa 150 Jahre später nicht nur ebenfalls den Prometheus bildnerisch gestalten, sondern sich - im Briefwechsel der "Gläsernen Kette" - selbst diesen Namen zulegen.

Wir nennen die Zeit des Sturm und Drang heute, dem Selbstverständnis Ihrer Künstler entsprechend, "Genieperiode", stellen aber dem Genie den Dilettanten an die Seite, dem Meister den Liebhaber, der Meisterschaft die Liebhaberei.

Entsprechend hat aber auch Hermann Finsterlin dem Schöpfertum den "Autodidaktismus" an die Seite gestellt mit der Begründung, der wahre Künstler könne nur bei sich in die Schule gehen.

Diese Polarität Meister-Autodidakt, Genie-Dilettant führt mich zu einer weiteren parallelen Polarität, undzwar der von Sinn und Unsinn.

Auch hier zunächst eine Rückerinnerung. Goethes berühmte Ode "Wanderers Sturmlied" ist, so hat es Goethe in "Dichtung und Wahrheit" fingiert, auf einer Gewitterwanderung improvisiert. Wichtig ist mir dabei eine bestimmte Formulierung:

Unterwegs sang ich mir seltsame Hymnen und Dithyramben, wovon noch eine, unter dem Titel "Wanderers Sturmlied" übrig ist. Ich sang diesen Halbunsinn leidenschaftlich vor mich hin, da mich ein schreckliches Wetter unterwegs traf, dem ich entgegen gehen mußte.
Es ist die Formulierung des Halbunsinns, auf die es mir hier ankommt, die ja nicht den Nonsens, den Unsinn um des Unsinns wegen meint, sondern den Halbunsinn gegen eine übermächtige Natur und Wirklichkeit stellt. Und genau das ist auch bei Hermann Finsterlin mitzubedenken, wenn man in seinem Gesamtwerk plötzlich mit scheinbar Unsinnigem konfrontiert ist, wenn sich z.B. dem "Lied der Schöpfer" plötzlich Gedichte zugesellen wie
Der Glühwurm in der Glühbirn saß
Und fraß am zehen Volte,
daß fern im Himmelssassafraß
erwacht der Onkel Nolte;

Ach viel, ach viel zu früh! -
Es hing an seinem Wirbelschwanz
noch eine Wirbelerdsubstanz,
wer nun entfernet die?

Der Schlemmergeyer "Weltproblem"
Verabreicht ihm ein chrysanthem-
enfarbiges Gelübde,
im Fall er sich betrübte.

Salpetrus etwas außer sich,
tauft um den Himmelsdieterich,
weil er den Felsen siebte;
und in den Zweifelsdrillig jäh
Trotz Creaturenhirnpurree
Unsterblich sich verliebte. -

Sie werden bereits beim Zuhören entdeckt haben, daß der Text Sankt Peter, den heiligen Petrus in einen Salpetrus mutiert, sie werden das Wort "Weltproblem", von Finsterlin hier freilich in Gänsefüßchen gesetzt, ebenso wenig überhört haben wie den Hinweis auf den "Onkel Nolte". Ich lasse noch einen zweiten unsinnigen Text Hermann Finsterlins folgen, mit dem Hinweis, das ich in dem genannten Gambrinus den angeblichen Erfinder des Bieres und Schutzherrn der Bierbrauer und -trinker vermute.
Im Sextilschein des Textilschwein
Badet sich ein Osterlamm,
Und das Minus
Des Cambrinus [Gambrinus?, R.D.]
Kämmt es mit dem Zauberkamm.

Alle Löckchen
Alle Flöckchen
Fließen um den Spiegelfisch
Rufend laut, wir kennen Dich,
Du bist das gelbe Luder
Und stahlst uns unsern Puder.

Der lahme Lama Lamas reit'
Von wegen seiner Heiligkeit,
Das Lama hat sich ungeniert
Zum Osterlama avanciert -
Ama.

Gemessen an der Entdeckung Hermann Finsterlins als Dichter relativ neu ist seine Entdeckung als Komponist. Man hatte übersehen, daß sein Interesse an der Musik bereits seinen bildnerischen, etwa einem Orpheus-Aquarell, und vor allem literarischen Arbeiten, etwas dem Gedicht "Musik der Kugeln" deutlich ablesbar war. Unbekannt geblieben waren seine Aphorismen mit ihren zahlreichen aufregenden Hinweisen auf die Musik.
Nicht nur einmal, schreibt z.B. eine längerer dieser Aphorismen, hat man meine Architektur gefrorene Musik genannt. Mir selbst ist es erst spät ganz zum Bewußtsein gekommen, wie sehr ich meine Bauten von Anfang an als ein musikalisches Geschehen erlebt habe. Man hat versucht, Musik auf technische Weise nicht nur grafisch, sondern auch flächig-farbig sichtbar zu machen. Das gelingt nun nur für die Melodie; die Harmonie technisch zu versichtbaren ist noch nicht gelungen, aber vielleicht wird das wirklich nur auf dem Wege der harmonischen Formintuition möglich sein. Und warum wollen wir nicht einmal in Musik wohnen, statt in kristallinisch mineralischen Gefängnissen?
Unbekannt geblieben war schließlich, daß Hermann Finsterlin sich auch praktisch mit der Musik auseinandergesetzt hat, musizierend und komponierend. Die meisten seiner nicht zahlreichen Kompositionen sind eher konventionell, erwähnenswert allenfalls als Nebenwerk. Einige seiner programmatischen Aphorismen dagegen, vor allem in Verbindung mit einer auffälligen Partitur, deren Realisationsversuch Sie vorhin gehört haben, ordnen also auch die Musik als nicht zu übersehende bzw. nicht zu überhörende Facette der Gesamtkunst Hermann Finsterlins zu.

Zeit seines Lebens hat sich Hermann Finsterlin als Berchtesgadener Künstler gefühlt. Zu dieser 'Regionalität' , die auch Unterschriftensammlungen gegen den Auto- und Flugzeugverkehr auf bzw. über der Schönau mit einschloß, zu dieser 'Regionalität' auf der einen Seite gehört - eine weitere Polarität - auf der anderen Seite eine auf letzte Fragen drängende Essayistik, kosmische Bildlichkeit und utopische Architektur.

Da diese Facetten - utopischer Architekt, Maler, Dichter, Musiker, Essayist - immer nur punktuell wahrgenommen wurden, haben wir heute den Fall, daß amerikanische oder japanische Architekten von Finsterlin wissen, daß die große Stuttgarter Ausstellung der "Aquarelle und Modelle" aus dem Jahre 1988 im Moskauer Architektur-Museum (mit einem eigenen Katalog in russischer Sprache) Station machte, daß Finsterlins Architekturen gerade jetzt wieder von den Amigos di Gaudi in Barcelona ausgestellt und diskutiert werden, daß aber der in München geborene, in der Schönau bei Berchtesgaden bis zum zweiten Weltkrieg beheimatete, wenn auch schon in Stuttgart ansässige Hermann Finsterlin hier wie dort eigentlich immer noch auf seine Entdeckung wartet. Und dazu waren in den letzten Jahren erst einmal eine Reihe von

Daten und Fakten

zu sichern. Ungeprüft hat nämlich eine Publikation nach der anderen eine widersprüchliche Biographie kolportiert.

So lautet zum Beispiel die entwicklungsgeschichtliche Abfolge nicht, wie überall nachzulesen: Abitur - abgebrochenes Studium der Naturwissenschaften - Kunstakademie - freischaffender Künstler, sondern praktisch umgekehrt: Abitur - abgebrochene künstlerische Ausbildung in München - freischaffender Künstler überwiegend schon in der Schönau und in München - abgebrochenes Studium wiederum in München - Heirat und endgültiger Umzug als freischaffender Künstler in die Schönau, wo Hermann Finsterlin noch - zumindest im Sommer - wohnen blieb, als seine Familie längst nach Stuttgart umgezogen war. Seine regelmäßigen Beteiligungen an den Gemeinschaftsausstellungen der Berchtesgadener Künstler bis Ende der 30er Jahre, und dies, obwohl er seit 1919 national und international bekannt wurde, sprechen hier eine deutliche Sprache, lassen fragen, was Finsterlin mit Antäuskräften an dieses sein Bergasyl fesselte.

Eine Antwort könnte das künstlerischen Schlüsselerlebnis bieten, das sich in Wirklichkeit aus zweien zusammensetzt:

Erstens aus einer nächtlichen Watzmannbesteigung, die, der vorliegenden Literatur zufolge, entweder in einer Silvesternacht oder in einer Frühlings-vollmondnacht oder einfach nur in one moon-lit night entweder 1910 oder 1919 oder sogar erst 1920 stattgefunden hat - Forschungsergebnisse, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muß. Korrekt fand diese Bergfahrt 1918 statt mit dem Gipfelergebnis, daß Finsterlin, ich zitiere: die schöpferischen Künste als einziger grandioser Abglanz der gesamten Schöpfung [erschienen].

Die Allmacht, die Urphänomene ins Unendliche komponieren und variieren zu können, zeit- und raumlos gebundene Ereignisse bildhaft, klanglich oder wörtlich erstehen zu lassen und in einem unbeschränkten grenzenlosen Spiel unter dem einzigen Gesetz einer lebensfähigen Bild-, Klang- oder Wortorganisation eben der naturgesetzlichen Ästhetik sine qua non, die selbst den groteskesten Naturgebilden eignet, da hier jede Dissonanz, jede Übertreibung in die lebensfähige Balance rückt, in die überordnete Harmonie, war mir höchster Sinn des Lebens.
Erst ein zweites Schlüsselerlebnis fügt den in diesem Zitat genannten drei Kunstarten der Malerei, Musik und Dichtung, der Bild-, Klang- oder Wortorganisation die Architektur hinzu. Es war dies ein zwischen Watzmannbegehung und Anfang 1919 zu datierender Architekturtraum, in dem sich Finsterlin aus dem architektonischen Gefängnis der primitiven Steinwürfel mit den paar Kisten drin [...] in eine seltsame farbige Grotte mit reizvoll ausgekurvten Wänden und Ecken träumte. Mit der Folge, daß er einige solcher "Traumhäuser" auf dem Papier entwarf, um in ihnen - nach eigenem Bekunden - in der Phantasie zu leben.

Diese "Traumhäuser" waren es auch, die er Anfang 1919 - einem Aufruf Walter Gropius folgend - nach Berlin sandte und die ihm zum künstlerischen Durchbruch verhalfen.

Dennoch - dieser schnelle und heute auch international unbestrittene Erfolg als utopischer Architekt darf nicht davon ablenken, daß es daneben und von den Architekturen eigentlich gar nicht zu trennen, auch das andere Werk aus Bild, [...], Klang und Wort gab und gibt, das Finsterlin in einer bis heute nie wieder erreichten Komplexität 1928 im Stuttgarter Landesmuseum ausstellte, unter der bezeichnenden Überschrift Formen- und Farbenphantasien und -spiele.

Das Hin und Her dieser Bezüge kann ich in der Kürze eines Fetsvortrags nicht nachzeichnen. Ich beschränke mich deshalb auf die Skizze zweier für das Verständnis der Finsterlinschen Kunst zentraler Aspekte, die Entwicklung seiner Bilder und Architekturen aus Farb- und Linieninspirationen und das für dieses Werk zentrale Moment des Spiels.

Jedes meiner phantastischen Ereignisbilde, [schreibt es Hermann Finsterlins Selbstbiographie, sei] von je erst aus gegenstandslosen Farb- und Linieninspirationen erwachsen, wie die Architektur auch.
Das verweist auf eine Traditionslinie der abstrakten Malerei, deren Kronzeuge der italienische Kunstkritiker Vittorio Imbriani ist. Der hatte 1868 gefolgert, die macchia, der malerische Ansatz sei das Entscheidende eines Bildes, nicht seine literarische Idee. Die Mehrdeutigkeit von macchia (= Fleck, Klecks, Buschwerk, Dickicht, und in übertragenem Sinne: Skizze) ist es auch, die Imbrianis Folgerung für Hermann Finsterlins Arbeiten interessant macht. Denn eine Reihe kleinerer, mittlerer und großer Blätter voller Farb- und Linieninspirationen haben mehr als nur Atelierwert. Sie bestätigen, daß das, was Finsterlin Farb- und Linieninspiration nannte, automa-tische Form- und Farbnotation war, eine peinture automatique, die Hermann Finsterlin als Fundus, als - wie er es nannte - Mutterlauge für seine Ereignisbilder betrachtete.

Diese Skizzenblätter - von denen wie einige in diese Ausstellung mit aufgenommen haben - zeigen ferner, wie Finsterlin durch Ausgrenzen, Nachzeichnen, Fortführen en détail die jeweilige macchia, das jeweilige Lineament in eine phantastische Gegen-ständlichkeit oder in Richtung der Architektur trieb. Zuschriften am Blattrand oder im Blatt lassen ablesen, in welche phantastische Richtung Finsterlin das jeweilige Ereignis deutete, welches Ereignis er in die jeweilige Farb- und Linieninspiration hineinsah.

Hatte Imbriani gefolgert, nicht die literarische Bildidee, der malerische Ansatz sei das Entscheidende, wird Finsterlin mit dem Ausdeuten der macchia allerdings rückfällig. Denn indem er seinen malerischen Ansatz, seine automatische Niederschrift nach-träglich inhaltlich besetzt, nimmt er seinem Ansatz die abstrake Unschuld. Überzeugt von der Richtigkeit seines Verfahrens, hat er so Anfang der 20er Jahre den radikalen Schritt zum Informel, zum Tachismus, zu dem er mit seinen Farb- und Linieninspirationen schon auf dem Weg war, nicht vollzogen.

Der zweite Aspekt, auf den ich abschließend zu sprechen kommen wollte, war das Spiel. Eines der vielen Spiele, die Finsterlin erfindet, bestand aus Karten, die entweder Zahlen oder Farben oder Eigenschaften oder Gegenstände oder Tätigkeiten bezeichneten und nach bestimmten Regeln aufzunehmen waren. Das ergab Texte zum Beispiel der Art:

Grüne Tintenfische sprossen aus elf roten Glasspinnen und schießen aus ihren Näpfen Ketten von orangefarbenen Herzen. Die zerfallen in blaue Kamele aus Papier, während Elefanten aus Metall gelb-violette Wachsbäume aussaugen mit ihren Rüsseln.
Aus schwarz-rot wechselnden Spinnen entpuppen sich blitzende Frösche, die orangefarbene Blumen ausbrüten, und kleine Wappenlöwen verschlingen. Blaue Masken aus Wachs schmarotzen dieweil auf gelbgestreiften Wolkenbogen, aus denen es goldene Elfen regnet.
Zwei schwarze Glaszähne saugen rote Lichttempel aus und verwandeln sich dann in Metallregenbogen, deren jeder Farbenbogen, aus einer Zahnwurzel wachsend, zu einem gleichfarbigen Herz wird. Ein Schachtelsatz aus gelben singenden Seepferdchen kriecht in die Herzen und wandelt sich zu Glockenklöppeln, womit die Herzen sich in die Luft erheben und läuten. [...]
Das erinnert nicht nur, das berührt sich sogar konkret mit den instabilen, unsinnigen Textwelten der Dadaisten, die Finsterlin trotz seiner immer wieder beteuerten Bergeinsamkeit sehr wohl kannte. Wichtiger als dies aber ist noch, daß Finsterlin sein Kartenspiel nicht ausschließlich als Anregung zu phantastischen Geschichten für Erzählung, Bühne usw. gedacht hatte oder in Gedichte umformte - so reimte er z.B. aus der zweiten zitierten Sequenz die Strophen
Aus schwarzrot spiel'nden Spinnen blitzen Frösche,
Die brüten goldenwarme Blüten aus,
Herald'sche Leue werfen lauter Päsche
Mit fleckigen Masken, Stern schmarotzt darauf.
Aus gelbgestreiftem wächsernem Gewölke
Regnen gar goldne Elfen auf ein Herz.
Das kocht in einem Kelch der Feuernelke,
Und plötzlich fließt das alles himmelwärts,
was freilich die ursprünglich erspielte unsinnige Textwelt nicht besser macht sondern ihr, ähnlich den nachträglichen inhaltlichen Besetzungen der Farb- und Linieninspirationen, den spielerischen Ansatz nimmt -

Wichtiger als dies aber ist, sagte ich, daß Finsterlin sein Kartenspiel nicht ausschließlich als Anregung zu phantastischen Geschichten für Erzählung, Bühne usw., also literarisch gedacht hatte, sondern in gleichem Maße als Quelle für bildhafte Komposition und Illustration. Man darf den zitierten Text also auch auf jene Bilder beziehen, auf denen sich zum Beispiel - wie in der heutigen Ausstellung - Elefanten tummeln, die ihrerseits wiederum aus einer Farb- und Linieninspiration erwuchsen und sofort.

Für das Spielen, das Spiel als ein zentrales, sein künstlerisches Arbeiten bestimmendes Moment hatte sich Finsterlin schon um 1920 entschieden, als er sich eine Permutation des phantastischen Dichters Paul Scheebart

Im Stil ist das Spiel das Ziel
Im Spiel ist das Ziel der Stil
Am Ziel ist das Spiel der Stil
als er sich diese Permutation auf seine Weise anverwandelte und bekannte: Auch mein Ziel und mein Stil ist das Spiel.

Dieses Spiel war, wie ich hoffe deutlich gemacht zu haben, nicht nur auf die heute vor allem bekannten Architekturen beschränkt, es war gleichermaßen auf die großen Wandbilder, die Holzplastiken, [...], Bühnenbilder, auf die Literatur und die Musik mit ausgerichtet. Es schloß die großen Wandmalereien und Fresken, von denen hier in Schömberg jetzt wenigsten die letzte restauriert und damit gerettet ist, von Anfang an mit ein, aber auch die späteren Collagen, die erstmals in dieser Ausstellung gezeigt werden.

Die Frage, ob Hermann Finsterlin mit seiner Kunst, mit seinem und seinen alle Kunstarten umfassenden und sie verbindenden Spielen am Ziel angekommen ist, wird allerdings nur eine alles berücksichtigende, fächerübergreifende vergleichende Kunst-, Architektur- und Literaturwissenschaft beantworten können. Und sie wird dies erst können, wenn Finsterlins Werk als Gesamtwerk gemustert, die Rangfolge seiner Teile sine ira et studio und insgesamt gewichtet sind.

Das Wiederfreilegen der Schömberger Fresken schließt dies - so sehe ich es jedenfalls - als Verpflichtung mit ein. Und hier wollen die heutige Kabinettausstellung und ihr Katalog, hier wollte mein kleiner Vortrag die ersten Schritte getan haben.

[Schömberg 18.9.1999]