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Reinhard Döhl | Hermann Finsterlin, Gesamtkünstler.

Zwischen allen Stühlen | Genie und Dilletant / Sinn und Unsinn | Schlüsselerlebnisse | Ein Gesamtwerk will beachtet werden | Farb- und Linieninspirationen | Vermischung der Kunstarten | Auch mein Ziel und mein Stil ist das Spiel | Anmerkungen

Zwischen allen Stühlen

Hermann Finsterlin [München 1887 - Stuttgart 1973] - so ist es in der Literatur über ihn festgeschrieben - war ein utopischer Architekt. Die einschlägigen Arbeiten von Udo Kultermann, Ulrich Conrads/Hans Sperlich, Nikolaus Pevsner, Denis Sharp, Wolfgang Pehnt und anderen (1) haben ihm in der Architekturgeschichte im Umfeld des Expressionismus seinen Platz zugewiesen und seine hier einschlägigen Arbeiten weltweit bekannt gemacht. Sogar in Japan konnte ich zwei Aufsätze über Hermann Finsterlin nachweisen (2), diesen rätselhaften Künstler, der zu Lebzeiten keine seiner utopischen Ideen realisieren konnte, der als entschiedener Gegenpol zur Architektur eines Mies van der Rohe aber nicht nur den ihm zugewiesenen ideellen Platz behauptet, sondern dem inzwischen die praktische Architektur - wenn auch zögernd - beginnt, zu folgen.

Ich verweise zum Beispiel auf die von Jörn Utzon gebaute Oper in Sidney, oder - näherliegend - auf die Olympiade 1972 in München, auf deren Baugelände ihn ein Brief der Architekten Behnisch und Partner einlud, ich zitiere wörtlich: weil wir glauben, daß auf dieser Baustelle ein kleiner Schritt in die Richtung getan wurde, die Sie mit Ihren Arbeiten gegangen sind. Mit einiger Verbitterung hat der erfolglose utopische Architekt Hermann Finsterlin diesen Brief, Abbildungen der Oper in Sydney und anderer vergleichbarer Architekturen gesammelt und immer wieder seinen Freunden gezeigt als Beleg für die Richtigkeit seines Ansatzes.
Gelegentlich nennt man Hermann Finsterlin als Maler, nachdem seine letzte Ausstellung 1973 im Stuttgarter Kunstverein, zwei Gedächtnisausstellungen in den 80er Jahren in Sindelfingen und anderen Orts diesen durchaus umfassenden Teil seines Oeuvres vorgestellt hatten.

Und schließlich kennt man ihn vielleicht noch als Dichter, verlas und verliest - nachdem Hermann Finsterlin selbst 1953 diese Kombination zum erstenmal erprobt hatte - im Rahmen von Ausstellungen und Eröffnungen Gedichte des Künstlers, zumeist aus den letzten Jahrzehnten. Eine Gedichtauswahl, die "Lieder des Pan", vom ihrem Verfasser nach mehreren vergeblichen Anläufen 1964 im Selbstverlag herausgegeben, bietet die hier gern genutzte Quelle und umfaßt doch nur einen Bruchteil seiner zahlreichen Gedichte.

Aber die Rangfolge ist festgeschrieben: Hermann Finsterlin, ein utopischer Architekt, der auch dichtete und malte. Damit wurde zum Nebenwerk, was über weite Strecken der Biographie Hauptwerk war: Malerei und Literatur; wurde zum Hauptwerk, was in der Biographie nur eine Werkphase und einen Werkaspekt darstellt: die Architektur.

Das ist verblüffend, weil Hermann Finsterlin bei Anfragen sich stets als Gesamtkünstler vorgestellt hat, als Gesamtkünstler eines Werkes, das noch wesentlich umfangreicher ist, als ich bisher angedeutet habe. Ausschließlich Spezialisten bekannt sind zum Beispiel Hermann Finsterlins zahlreiche, nur zu Teilen veröffentlichte Architektur- und kulturkritischen Essays. Seine nie realisierten Szenarien und Filmdrehbücher bleiben ein Desiderat der Filmgeschichte und Medienforschung. Auch seine Aphorismen müßten noch entdeckt werden (3), ferner einige Kompositionen unterschiedlicher Qualität, die sich im Nachlaß vorfanden.
Neben den Architektur-Essays, einer auf letzte Fragen zielenden Essayistik, der kosmischen Bildlichkeit der Gedichte und Szenarien, neben den gewichtigen Aquarellen und Architekturzeichnungen, die man erst seit kurzer Zeit im Zusammenhang wahrzunehmen beginnt, neben den Aphorismen und Kompositionen gibt es schließlich noch eine letzte, auffällig schwache Seite in diesem umfassenden Werk: Portraits, Wandmalereien und Tafelbilder, angewandte Kunst, einen Aufsatz über Ludwig Albert Ganghofer und andere regionale Essayistik: Unterschriftensammlungen gegen den und Kommentare zu dem Auto- und Flugzeugverkehr auf bzw. über der Schönau, Hermann Finsterlins Tusculum bei Berchtesgaden.

Der utopische Architekt und Gesamtkünstler hat diese Regionalität durchaus gesucht, sich Zeit seines Lebens als Berchtesgadener Künstler gefühlt, sich immer wieder, als seine Familie 1926 längst nach Stuttgart umgezogen war, in die Schönau zurückgezogen, bis weit in die 30er Jahre an den Ausstellungen des Berchtesgadener Künstlerbundes teilgenommen und die Lokalpresse stets über seine Aktivitäten informiert.

Genie und Dilletant / Sinn und Unsinn

Das ergibt, alles zusammengenommen, für Person und Werk Hermann Finsterlins eine beachtliche Menge von Widersprüchen, Rätseln und verkürzten Perspektiven, die sich nicht immer leicht auflösen und erklären lassen, deren Klärung und Auflösung aber für das Verständnis von Werk und Biographie unerläßlich scheinen.

Mit zwei Gedichten soll eine Annäherung versucht werden. Das erste ist "Musik der Kugeln" überschrieben und sehr wahrscheinlich mit 1918 zu datieren (4). Es nimmt unter anderem Bezug auf den Sphärengesang, die Sphärenmusik, das für den Menschen unhörbare (bzw. nach Platon nur dem geistigen Ohr zugängliche) Tönen der sich mit und gegeneinander bewegenden Himmelskörper. Die Vorstellung einer Sphärenharmonie geht auf die altgriechische Philosophenschule der Pythagoreer zurück, nach der die Gestirnssphären (im geozentrischen System) in ihren Abständen und Rotationsgeschwindigkeiten zueinander harmonisch angeordnet sind, so daß die bei der Bewegung entstehende Sphärenmusik je einen der harmonischen Töne einer Oktave der diatonischen Skala (5) ergeben. Ich komme am Schluß meines Vortrags noch einmal darauf zurück und zitiere hier zunächst das Gedicht.

O Ihr lichten Charaktere
Die so prächtig um mich stehn,
Ach Ihr überirdischen Chöre,
Daß ich lebe und Euch höre,
Ewig göttliches Versteh'n!
Meine Andacht ist unendlich
Wenn ich lausche Eurem Klang.
Doch der Meister wird Euch kenntlich
Und mein Wille Euch verständlich
Wenn die Gottheit in mich sprang.
Die Nähe dieses Gedichtes zur Lyrik eines Alfred Mombert und anderer Kosmiker (6) ist evident. Bemerkenswert ist jedoch, daß derselbe Hermann Finsterlin, der sich hier als Meister bezeichnet, in den die Gottheit springen wird oder könnte, was man mit Genie übersetzen darf, an anderer Stelle für sich den Autodidaktismus reklamiert mit der Begründung, der wahre Künstler könne nur bei sich in die Schule gehen (7). Diese Verbindung von Meister und Autodidakt, von Genie und Dilettant muß beachtet werden, denn sie ordnet Hermann Finsterlin als Gesamtkünstler ein in eine Tradition, die sich seit Ende des 18. Jahrhunderts herschreibt: beginnend mit Künstlern wie Johann Heinrich Füssli, der ursprünglich Dichter war, wenn er heute auch nur noch als Maler bekannt ist, mit dem jungen Johann Wolfgang Goethe, der bis zu seiner "Italienischen Reise" zwischen bildender Kunst und Dichtung schwankte, oder mit dem genialen Friedrich (Maler) Müller, der beides miteinander produktiv zu verbinden wußte.

Das zweite Gedicht stellt der anspruchsvollen "Musik der Kugeln", stellt kosmischer Sinndeutung den Unsinn an die Seite:

Zwischen der Rolle und dem Mops
Verkehren elf Teslaströme,
Hips hips - hops hops
Ubu -
Ein Sigma stiehlt den Erdenklops,
Maskiert in als ein Gottesops -
Helene ach Helene
Was sagst denn Du dazu?
Ein frischer Frosch, gewickelt in
Ein Knuiai, Marke Fridolin,
Fühlt sich nicht ganz behäglich,
(Das ist auch gar nicht möglich) -
O spiele nicht mit Grieß - gewehr
Der Reis ist Dir zuträglicher,
Frag nur das Pipsevöglich.
Der Teigaff schwänzt inzwischen frech
Die Schule des Abemmilech,
Ubi moloch? Erbärmilich -
Mir wird vor Milch ganz wärmelich,
Den Popo hat die Bettelfrau
Vor Piper und Papaver blau -
Sunt aries taurus, gemini cancar leo virgo. (8)
Daß Hermann Finsterlin diesen "Beitrag zum Komisch-Kosmischen", der am Schluß noch die Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau lateinisch herzählt und damit vermutlich Ovids bekannteres Diktum Ut desint vires, tamen es laudanda voluntas [= Auch wenn die Kräfte fehlen, ist der Wille zu loben] parodiert, daß Hermann Finsterlin einen solchen Unsinn sehr wohl ernst nahm, läßt sich schon damit belegen, daß er dieses Gedicht neben anderen in den 50er Jahren ins Französische übersetzen ließ.

Eine solche Nähe, ja Verbindung von Sinn und Unsinn ist - bei unterschiedlichem Gelingen - durchaus ein Wasserzeichen nicht nur des literarischen Werkes von Hermann Finsterlin, das sich aus einer Beschäftigung mit zeitgenössischer Literatur (und Kunst) erklären ließe. Zwar hat Finsterlin solche Bezüge und Kontakte stets bestritten, aber in seinem Nachlaß fanden sich Kataloge und Publikationen des "Sturm"-Kreises um Herwarth Walden. Anderes kannte er aus dem Briefwechsel der "Gläsernen Kette" (9), zu dem er seit 1919 selbst beitrug. Vor allem aber besaß er einige aus heutiger Sicht zentrale Dada-Publikationen, darunter die "Anna Blume" (1919) von Kurt Schwitters und Hans Arps "die wolkenpumpe" (1920). Letztere hat er sogar regelrecht durchgearbeitet und exzerpiert, so daß man annehmen darf, daß er hier die Anregungen, zumindest aber eine Bestätigung für seine unsinnigen Wortwelten gefunden hat.

Schlüsselerlebnisse

So, wie Hermann Finsterlin stets künstlerische Einflüsse auf sein Werk bestritten hat, wehrte er sich seit seiner Wiederentdeckung in den 60er Jahren auch gegen eine Reihen- und Rangfolge, die dem utopischen Architekten erst mit Abstand den Dichter und Maler folgen ließ. Anfragen beantwortete er als Gesamtkünstler. Und in einer aus dem Typoskript häufiger zitierten "Biographie in großen Zügen" (10) reklamierte er für sich: Abstrakte Kollegen sehen in mir den kommenden Mann, weil ich absolute totale Malerei, Architektur und Dichtung mache.

Dieselbe "Biographie [...]" spart bei Beschreibung der Folgen des künstlerischen Schlüsselerlebnisses die Architektur sogar aus und spricht ausschließlich von einer Bild-, Klang- und Wortorganisation nach naturgesetzlicher Ästhetik. Womit wiederum die Musik [Klangorganisation] mit im Spiel wäre. Andere Selbstäußerungen Hermann Finsterlins verbinden dann alles miteinander zu einem Lebenswerk [...] in Bild, Bau, Klang und Wort bzw. Wort, Bild, Ton und Bau (11).

Auf diese vier Werkaspekte ist also jedes ernsthafte Bemühen um den Gesamtkünstler Hermann Finsterlin verpflichtet. Aber das stellt nur eine der Schwierigkeiten dar. Zweitens hat nämlich vor den theoretischen Überflug die hier gar nicht so schöngeistige Wissenschaft die Philologie gesetzt, die Sicherung von Daten und Fakten. Und genau sie wurde im Fall Finsterlin [Gerhard Storck] bisher nicht geleistet.

Ungeprüft hat eine Publikation nach der anderen eine widersprüchliche Biographie kolportiert, bei der bereits die Eckdaten ungenau, oft falsch sind (12). So lautet zum Beispiel die entwicklungsgeschichtliche Abfolge nicht, wie überall nachzulesen: Abitur - abgebrochenes Studium der Naturwissenschaften - Kunstakademie - freischaffender Künstler, sondern praktisch umgekehrt: Abitur - abgebrochene künstlerische Ausbildung - freischaffender Künstler - abgebrochenes Studium.

Ich erspare Ihnen und mir zahlreiche weitere Beispiele. Sie sind in meiner Finsterlin-Monographie nachzulesen. Für den Moment wichtig ist allein die genaue Datierung des künstlerischen Schlüsselerlebnisses, da dieses ja das Lebenswerk in Wort, Bild, Ton und Bau auslöste. Dieses Schlüsselerlebnis, das sich in Wirklichkeit aus zweien zusammensetzt, ist erstens eine nächtliche Watzmannbesteigung, die, der vorliegenden Literatur zufolge, entweder in einer Silvesternacht oder in einer Frühlingsvollmondnacht oder einfach nur in one moon-lit night entweder 1910 oder 1913 oder sogar erst 1920 stattgefunden hat.

Korrekt fand sie 1918, und das heißt mit Ende des Ersten Weltkriegs statt, mit dem Gipfelerlebnis, daß Hermann Finsterlin - ich zitiere wörtlich - die schöpferischen Künste als einziger grandioser Abglanz der gesamten Schöpfung (erschienen). Die Allmacht, die Urphänomene ins Unendliche komponieren und variieren zu können, zeit- und raumlos gebundene Ereignisse bildhaft, klanglich oder wörtlich erstehen zu lassen in einem unbeschränkten grenzenlosen Spiel unter dem einzigen Gesetz einer lebensfähigen Bild-, Klang- oder Wortorganisation eben der naturgesetzlichen Ästhetik sine qua non, die selbst den groteskesten Naturgebilden eignet, da hier jede Dissonanz, jede Übertreibung in die lebensfähige Balance rückt, in die übergeordnete Harmonie, war mir höchster Sinn des Lebens (13).

Erst ein zweites Schlüsselerlebnis fügte dann den drei hier noch ausschließlich benannten Kunstarten der Malerei, der Musik und der Dichtung die Architektur noch hinzu. Es war dies ein zwischen Watzmannerlebnis und Frühjahr 1919 zu datierender Architekturtraum, in dem sich Hermann Finsterlin aus dem architektonischen Gefängnis der primitiven Steinwürfel mit den paar Kisten drin [...] in eine seltsame farbige Grotte mit reizvoll ausgekurvten Wänden und Ecken träumte (14). Mit der Folge, daß er einige solcher Traumhäuser auf dem Papier entwarf, um in ihnen - nach eigenem Bekunden - in der Phantasie zu leben. Diese Traumhäuser waren es auch, die er Ende März/ Anfang April 1919 - einem Aufruf Walter Gropius folgend - nach Berlin sandte und die ihm zum künstlerischen Durchbruch verhalfen.

Diese Berliner "Ausstellung für unbekannte Architekten" im April 1919 in der Galerie I.B. Neumann war nicht ausschließlich für Architekten konzipiert, sondern für alle Künstler. Maler und Bildhauer, forderte Walter Gropius zum Beispiel in einem Flugblatt zur Ausstellung, geht in die Bauten, segnet sie mit Farbenmärchen, meißelt Gedanken in die nackten Wände und - baut in der Phantasie, unbekümmert um technische Schwierigkeiten (15).

Diese Ausstellung, die sich gegen die Alltagsarbeit des Architekten, den Zweckbau richtete und - auch das muß man vor dem Hintergrund der tristen Nachkriegssituation verstehen - ihnen eine ideelle Architektur, einen Bau aus Traum und Sternensehnsucht, kurz architektonische Utopie entgegenstellte -

Diese "Ausstellung für unbekannte Architekten" wurde nicht nur in Berlin und Weimar gezeigt und mit neuen Arbeiten ein Jahr später in Berlin wiederholt, sie hatte noch eine zweite Folge. Bruno Taut forderte nämlich im November 1919 einige Teilnehmer der Ausstellung zu einer geheimen Korrespondenz auf, zum Zusammenschluß der "Gläsernen Kette". Und er stellte damit dem Ikonoklasmus der Dadaisten den hohen, priesterhaft herrlichen Beruf des Bau-Herrn, des 'Architekten' entgegen.

Es spricht für das Sendungsbewußtsein der Mitglieder der "Gläsernen Kette" (16), daß sie ihre geheime Korrespondenz zusätzlich unter Pseudonymen führten. So nannte und fühlte sich Hermann Finsterlin zum Beispiel nach mythologischem Vorbild als Prometh[eus], was nicht nur in seinem Werk Spuren hinterlassen hat, sondern auch auf die Künstler der Genie-Periode (unter ihnen die genannten Johann Wolfgang Goethe und Johann Heinrich Füssli) zurückverweist, denen es Prometheus ebenfalls besonders angetan hatte.

Noch mehr spricht für das nahezu religiöse Sendungsbewußtsein der "Gläsernen Kette", daß Bruno Taut ihre zwölf Mitglieder als Apostel, sich selbst als Christus dachte, was seine historische Parallele bei den Frühromantikern (vor allem bei Novalis und Friedrich Schlegel) finden würde, eine Traditionslinie, die ich hier nicht weiter verfolgen kann.

Ein Gesamtwerk will beachtet werden

Hermann Finsterlins überraschender Erfolg als 'Architekt' hat davon abgelenkt, daß es daneben, und von den Architekturen eigentlich gar nicht zu trennen, auch das andere Werk in Bild, [...], Klang und Wort gab, ja er hat sogar bei den Architekturen den Blick darauf verstellt, daß sie in zwei Schüben entstanden sind, einem ersten um/nach 1919 und einem zweiten, den man nach 1922, wahrscheinlich erst mit 1923 ansetzen darf (17). Bis dahin war Finsterlin nämlich vorrangig mit seinem "Stilspiel", einer spielerischen "Genesis der Weltarchitektur" (18), beschäftigt, vergeblich bemüht, dafür einen Verleger zu finden.

Als dann die von Henricus Theodorus Wijdeveld herausgegebene Architekturzeitschrift "Wendingen" für 1924 eine Finsterlin-Nummer plant und sich in ihrer Folge eine Ausstellungsmöglichkeit im Kunstzaal d'Audretsch (Den Haag) bietet, beginnt Hermann Finsterlin ein zweites Mal, Architekturen zu zeichnen. Aber nicht nur das, er versucht auch, sein literarisches und essayistisches Werk zu sammeln, abzuschreiben, zu ordnen und einzubinden. Diese Gleichzeitigkeit von Sondernummer, Ausstellung und Sammeln deutet bereits äußerlich den Zusammenhang an, den Hermann Finsterlin für seine Arbeit nicht müde wird zu betonen.

So zeigt denn auch die Ausstellung 1925 im Kunstzaal D'Audretsch neben den Architekturen zahlreiche, von der Kritik besonders beachtete Aquarelle. Vor allem versammelt dann 1928 eine Ausstellung im Stuttgarter Landesgewerbemuseum Hermann Finsterlins Werk in einer bis heute nie wieder gebotenen Komplexität unter der bezeichnenden Überschrift "Formen- und Farbenphantasien und -spiele".

Diese Ausstellung, erinnert sich Hermann Finsterlin in seiner "Biographie [...]", habe das Beste gezeigt, was er bis dahin geschaffen habe, die großen Wandbilder, die Holzplastiken, die Architektur, Bühnenbilder, Portraits, Textil und die drei Baukästen. Rechnet man hinzu, daß in den Vitrinen des Landesgewerbemuseums den einzelnen Exponaten zum Teil Gedichte beigegeben waren, hatte man in der Tat alles beisammen. Nicht in schlichter Addition, sondern, wie die Kritik zurecht erkannte, als ein Ganzes, das mehr war als die Summe seiner Teile, eine seltsame Wunderwelt, in der alles aufeinander bezogen sei. Herausgerissen aus dem organischen Zusammenhang der Gesamtwerke des Künstlers, schrieb zum Beispiel der Kritiker des "Schwäbischen Merkur" verliere das einzelne an Bedeutung und an Verständlichkeit. Hier im Rahmen einer umfassenden Schau bekomme es dagegen plötzlich Klarheit und ein festes Gesicht mit deutlich umrissenen Zügen (19).

Hermann Finsterlin hat für die damalige Ausstellung in Form von Beistelltafeln zum einzigen Mal in seinem Leben für seine bildende Kunst so etwas wie eine übergreifende Theorie versucht, wobei er - ausgehend von seinen Architekturbaukästen, dem "Stilspiel", den "Didyms", dem "Formdomino" - über das "Riesenspielzeug" schließlich auf das "Illusionistische Flächenbild" und seine "Stickereien" zu sprechen kam.

Diese Theorie, die ich in meiner Finsterlin-Monographie dargestellt habe, hier nachzuzeichnen, würde den zeitlichen Rahmen eines Vortrags sprengen. Zitiert sei allerdings aus der Beistelltafel zum "Illusionistischen Flächenbild" eine Bemerkung, die auch auf die Aquarelle zutrifft. Danach tritt auf dem "Illusionistischen Flächenbild", respektive dem Aquarell zu den in den Baukästen und Spielen vorgestellten anorganischen und organischen Stereotypen der Erde, sich ihnen verbindend, die beglückende, unendliche Verwandlungsmacht des Kosmos. Diese Verwandlungsmacht ermögliche aus jedem gegebenen Nebelflecken die Verwandtschaftsgebilde (die Similia) und darüber hinaus die unendlichen Spiel-Arten [...], die geistige Transmutation der Formelemente.

Farb- und Linieninspirationen

Das ist natürlich Theorie, die im Bild erst einmal Praxis werden will. Und da sprachen die Kritiker der Den Haager Ausstellung auch etwas nüchterner von Formgesetzen des Ungreifbaren, von den Sinnen enteilenden Bildern, die jede natürliche Formgebung vermeiden und jenseits der Wirklichkeit bleiben. Statt an Nebelflecken fühlten sie sich an Ballung und Wiederauflösung von Wolken erinnert, an farbige Verschlingungen, an das Spielen farbiger Flecken (20). Und sie hatten mit Letzterem Finsterlins malerischen Ausgangspunkt durchaus richtig erfaßt. Betont er doch in der bereits mehrfach zitierten "Biographie [...]" ausdrücklich, daß jedes seiner phantastischen Ereignisbilder [...] von je erst aus gegenstandslosen Farb- und Linieninspirationen erwachsen sei, wie die Architektur auch.

Das erleichtert es, nach Plazierung in der Architekturgeschichte, Hermann Finsterlins Ort auch in der Kunstgeschichte etwas genauer zu bestimmen. Innerhalb der Entwicklung der abstrakten Malerei, in einer Fülle sich oft widersprechender Theorien, ist, Marcel Brion folgend (21), zwischen einer abstrahierenden und einer gegenstandslosen Tendenz zu unterscheiden, zwischen einer Malerei, die die Gegenstände bis zur Unerkennbarkeit zerlegt und auflöst, und einer Malerei, die sich auf elementare Form- und Farbstrukturen ohne gegenständliche Assoziationsmöglichkeit konzentriert. In dieser Unterscheidung käme Finsterlin zunächst von den Abstraktionstendenzen des Jugendstils her, mit zahlreichen Berührungspunkten zur Obrist-Debschitz-Schule, aber auch zu einzelnen Künstlern und ihrem Werk. Zu den organischen "Kompositionen" zum Beispiel Henri van de Veldes oder - deutlicher - zu "Kompositionen" Hans Schmithals'.

In dem Augenblick jedoch, in dem er nach 1918 beginnt, seine Aquarelle und Architekturen, die er deshalb aus gutem Grund auch Ereignisse oder Ereignisbilder nennt, aus gegenstandslosen Farb- und Linieninspirationen erwachsen zu lassen, kommt jene Traditionslinie ins Spiel, deren immer wieder einmal zitierter Kronzeuge der italienische Kunstkritiker Vittorio Imbriani ist. Der hatte 1868 angesichts einer kleinen Arbeit Filippo Palizzis, die lediglich ein paar nichtssagende Pinselstriche enthielt, gefolgert: die macchia, der malerische Ansatz sei das entscheidende eines Bildes, nicht seine literarische Idee (22).

Die Mehrdeutigkeit von macchia - Fleck, Klecks, Buschwerk, Dickicht und übertragen: Skizze - ist es auch, die Imbrianis Folgerung für Hermann Finsterlins Arbeiten interessant macht. Denn eine Reihe kleinerer, mittlerer und großformatiger Blätter voller Farb- und Linieninspirationen haben danach mehr als nur Atelierwert. Bisher kaum bekannt und veröffentlicht, wurden sie erstmalig in größerem Umfang 1990 in einer Ausstellung der Grafischen Sammlung in der Stuttgarter Staatsgalerie gezeigt und in dem zugehörigen Katalog bzw. meiner Monographie veröffentlicht.

Sie bestätigen, daß das, was Hermann Finsterlin Farb- und Linieninspiration nannte, automatische Form- und Farbnotation ist, eine peinture automatique, die der Künstler als Fundus, als - wie er es nannte - Mutterlauge für seine Ereignisbilder betrachtete. Diese Skizzenblätter zeigen ferner, wie Hermann Finsterlin durch Ausgrenzen, Nachzeichnen, Fortführen im Detail die jeweilige macchia, das jeweilige Lineament in eine phantastische Gegenständlichkeit oder in Richtung der Architektur trieb. Zuschriften am Blattrand oder im Blatt lassen dabei ablesen, in welch phantastische Richtung Hermann Finsterlin das jeweilige Ereignis deutete, welches Ereignis er in die jeweilige macchia, das spontan notierte Lineament hineinsah. Dabei können ein und dieselbe macchia, ein und dasselbe Lineament durchaus mehrere Ausdeutungen erfahren.

Hatte Imbriani gefolgert, nicht die literarische Bildidee, der malerische Ansatz sei das Entscheidende, wird Hermann Finsterlin in diesem Ausdeuten der macchia jedoch rückfällig. Denn wenn er seinen malerischen Ansatz, seine automatische Niederschrift nachträglich inhaltlich besetzt, nimmt er seinem Ansatz die abstrakte Unschuld. Überzeugt von der Richtigkeit seines Verfahrens, hat er den radikalen Schritt zum Informel, zu dem er mit seinen Farb- und Linieninspirationen schon auf dem Weg war, nicht vollzogen. Dabei hätte er, in konsequenter Weiterentwicklung seines Ansatzes einer automatischen peinture, neben, ja sogar schon vor Hans Hartung (23) zu einem entscheidenden Wegbereiter des Informel, des hierarchielos aufgebauten Bildes werden können. So aber landete er notwendigerweise zwischen den Ismen.

Vermischung der Kunstarten

Vielleicht liegt hier auch der Grund, daß den wirklich aufregenden Aquarellen und Architekturen zwischen 1918/1919 und 1924/1925, daß Hermann Finsterlins kunstgeschichtlich bemerkenswertem Ansatz nach 1925 praktisch keine eigentlich neuen Arbeiten mehr folgen. Eine Vermutung, die für die Baukästen und Spiele, die Essays und das literarische Werk ebenso gilt wie für eine kleine Anzahl verblüffender musikalischer Einfälle.
Auf dieses andere Werk muß abschließend der Blick noch gerichtet werden, auch um ansatzweise die These zu begründen, daß Hermann Finsterlins Tätigkeit in fast allen Kunstarten nicht ein künstlerisches Nebeneinander auf unterschiedlich ästhetischem Niveau, sondern ein Mit- und Durcheinander der Kunstarten war, das ihm mit mehr Recht den Hang zum Gesamtkunstwerk bescheinigt als vielen anderen Künstlern einer gleichnamigen Ausstellung von 1983 (24).

Dieses Mit- und Durcheinander wird schon äußerlich deutlich, wenn zum Beispiel die Babel-Metapher in Gedicht und Essay, die Midas-Metapher in Essay, Gedicht und Bild begegnet. Der Casanova des frühen Werkes permutiert zu den Architekturen der "Casa Nova"-Serie, von denen mindestens eine bezeichnenderweise "Palazzo Casanova" getitelt ist, sowie zu Hermann Finsterlins letztem großen Architektur-Essay "Casa Nova. (Zukunftsarchitektur). Formspiel und Feinbau" (25). Den Architekturzeichnungen des "Planetariums" und des "Haus[es] des Psychometers" entsprechen, im Filmskript "Der Trotz des Heils", das astronomische Cabinett und der Psychometerturm.

Hermann Finsterlins Architekturtraum einer seltsamen farbigen Grotte mit reizvoll ausgekurvten Wänden und Ecken schlägt sich entsprechend nicht nur in Traumhäusern und zahlreichen "Innenarchitekturen" nieder, er ist auch Auslöser für das phantastisches Szenarium "Die Grotte" und bereits 1915/1916 in einem eroto-philosophischen Essay als locus amoenus antizipiert, einem Essay, von dem sich auch die erotischen Architekturen und die wesentlich schwächeren späteren erotischen Aquarelle miterklären ließen.
Eines der vielen Spiele, die Hermann Finsterlin erfindet, bestand aus Karten, die entweder Zahlen oder Farben oder Eigenschaften oder Gegenstände oder Tätigkeiten bezeichneten und nach bestimmten Regeln aufzunehmen waren. Dadurch entstanden Texte der Art: Grüne Tintenfische sprossen aus elf roten Glasspinnen und schießen aus ihren Näpfen Ketten von orangefarbenen Herzen. Die zerfallen in blaue Kamele aus Papier, während Elefanten aus Metall gelb-violette Wachsbäume aussaugen mit ihren Rüsseln.
Das erinnert nicht nur, das berührt sich konkret mit den instabilen unsinnigen Textwelten Hans Arps. Denn in seiner kleinen, jedoch hochkarätigen Dadabibliothek besaß Hermann Finsterlin, wie schon erwähnt, auch Hans Arps "die wolkenpumpe" von 1920, die er nicht nur gelesen, sondern regelrecht durchgearbeitet hat - ein dadaistisches Zwischenspiel, das umfassender ist, als der Hinweis anzudeuten vermag.

Hermann Finsterlin hat derartige Spielergebnisse gelegentlich sogar in Gedichte umgeformt. Er hat sie aber nicht nur als Anregung zu phantastischen Geschichten für Erzählung, Bühne usw. gedacht, sondern gleichermaßen auch als Quelle für bildhafte Komposition und Illustration. Man darf also den zitierten Text auch auf jene Bilder beziehen, auf denen sich zum Beispiel Elefanten tummeln, die ihrerseits wiederum aus einer Farb- oder Linieninspiration erwuchsen und häufig als der Ganesha der indischen Mythologie ausgedeutet wurden.

Ist der Ausgangspunkt einer Farb- und Linieninspiration derart auch auf das Entstehen unsinniger Textwelten übertragbar, für einige Partituren, die von Klecksen ausgehen, gilt dies konkret [26]. Und wie diese fragen lassen, ob Finsterlin Partituren Ferruccio Busonis gekannt hat, stellt zum Beispiel das Aquarell "Die Macht der Klänge" die Frage nach der Bekanntschaft Hermann Finsterlins mit zeitgenössischen Überlegungen zur Klangfarbe, zum Beispiel bei Arnold Schönberg in der Musik, bei Wassily Kandinsky in der Malerei. Zugleich weist das einleitend von mir behandelte Gedicht "Musik der Kugeln", das Aquarell eines mit der einen Hand Leier spielenden, mit der anderen Mauern auftürmenden "Orpheus" auf den Mythos und altgriechische Philosophie zurück.

Daß Hermann Finsterlin ein "Konzerthaus" entworfen hat, versteht sich fast von selbst. Und wenn er auch die Zwölftonmusik nicht erfunden hat, eine Zwölfton-Tonleiter spielt ebenso wie eine sechstonige Tonleiter in seinen Aphorismen eine Rolle, die überdies wiederholt Musik und Farbe verbinden.

Die sechstonige Tonleiter, schreibt eines der Notate, als Reinigungserlebnis unseres Gehörs. Die zunehmende Mißklangliebe [Dissonantik] der neueren Musik als unbewußter Weg zum Richtigen. Unsere bisherige Harmonie ist reine Gewohnheit, wie die Geschmäcke der Kochkunst und pervers wie diese.

Gleich in mehrfacher Hinsicht interessant ist folgender Aphorismus: Als Analog zu der Excentrik unseres Tonsystems käme höchstens die Erscheinung der Irridation in Frage, welche die drei Grundfarben in ihren Größen differenziert, vom großen Gelb ins kleine Blau. Körperliches Symbol der "plastischen Pythagoräer". Denn zu diesem Notat gibt es nicht nur das farblich interessantes Aquarell "Pythagoras", das Notat weist auch zurück zu der in dem Gedicht "Musik der Kugeln" angespielten pythagoräischen Vorstellung einer Sphärenharmonie. Gleichzeitig ist aber noch Hermann Finsterlins Lektüre Arthur Rimbauds mit zu bedenken, anläßlich derer er sich die alchimistischen "Voyelles" [A schwarz, E weiß, I rot, U grün, O blau] exzerpiert hat, was gleichzeitig zu seinen eigenen Farbengedichten den Bogen schlägt, wie es fragen läßt, ob ihm nicht auch Wassily Kandinskys 1911 erschienener Essay über "Das Geistige in der Kunst" bekannt war.

Auch mein Ziel und mein Stil ist das Spiel.
Das muß an Hinweisen auf das andere Werk, als Beleg für die These genügen, daß man im Falle Hermann Finsterlins keine Kunstart getrennt von der anderen betrachten sollte. Was er hinterließ, war ein Werk, dessen Wurzel, dessen Ausgangspunkt Farb- und Linieninspirationen waren. Ein Werk, das, in vielen Aspekten zeitgenössischer als bisher erkannt, in seiner irrationalen Fundierung auf den Mythos und in seiner kosmischen Dimensionierung jedoch eher einen Einzelfall darstellt. Und es ist dies ein Werk, dessen entschiedenes Movens drittens das Spiel war, womit ich nicht nur die Spiele und Baukästen meine, vielmehr das vielfältige Zusammenspiel aller seiner Teile.
Paul Scheerbart hatte diesem Spiel in einer Permutation das Motto gegeben.

Im Stil ist das Spiel das Ziel
Im Spiel ist das Ziel der Stil
Am Ziel ist das Spiel der Stil.
Hermann Finsterlin kannte diese Zeilen als Zitat aus dem utopischen Briefwechsel der "Gläsernen Kette" und hat sich in einem seiner Briefe ausdrücklich zu ihnen bekannt: Auch mein Ziel und mein Stil ist das Spiel (27). Am Ziel ist Hermann Finsterlin mit seiner Kunst zwar nicht angekommen. Aber etwas vom kosmischen Spiel (28) begriffen und in irdischen Spielen sichtbar gemacht zu haben, ist drin nicht geringes Verdienst. Daß sein Spiel dabei nicht nur auf die Architekturen, sondern gleichermaßen auf Aquarelle, Literatur und Musik ausgerichtet war, sie alle miteinander verbindend, das hoffe ich hinreichend deutlich gemacht zu haben. Es ist an der Zeit, Hermann Finsterlins Gesamtwerk zu mustern, die Rangfolge seiner Teile erneut, ja zum erstenmal zu gewichten.

[Kunsthalle Hamburg, 4.5.1995; zugleich Katalogtext]


Anmerkungen
1) Udo Kultermann, "Dynamische Architektur", München 1959; "Der Schlüssel zur Architektur von heute", Wien, Düsseldorf 1963; "Architektur der Gegenwart", Baden-Baden 1967. - Ulrich Conrad/Hans Sperlich, "Phantastische Architektur", Stuttgart 1960; "The Architecture of Fantasy. Utopian Building and Planning in Modern Times", New York 1962. - Nikolaus Pevsner, "Finsterlin and some others". In: Architectural Review, Vol. 132, No 789, 1962, S. 353 ff. - Dennis Sharp, "Modern Architecture and Expressionism", London 1966; "A visual History of Twentieth Century Architecture", London 1972. - Wolfgang Pehnt, "Die Architektur des Expressionismus", Stuttgart 1973; "Architekturzeichnungen des Expressionismus", Stuttgart 1985. - Stellvertretend für inzwischen zahlreichere Publikationen in Folge der genannten Autoren mit z.T. auch neuen Ergebnissen sei hier genannt: Thimothy 0. Benson, "Expressionist Utopias. Paradise, Metropolis, Architectural Phantasy", Los Angeles (County Museum of Art) 1993.
2) Manfred Speidel, "Architecture in Germany, in: Space Design. Journal of Art and Architecture", [Japanische Ausgabe], Nr 46, H. 9, 1968, S. 6-66; Hiroshi Yamaguchi, "Book Review 'Hermann Finsterlin'", in: Architecture and Urbanism, [Japanische Ausgabe], Vol. 1, No. 7, 1971, S. 98.
3) Das literarische Werk Finsterlins in umfassender Auswahl habe ich erstmals publiziert in: "Hermann Finsterlin. Eine Annäherung", Stuttgart 1988.
4) Finsterlin hat das Gedicht den mit 1918 datierten, handschriftlich und als Typoskript erhaltenen Gedichtkonvoluten "Den Schöpfern des Schöpfers in Liebe" bzw. "Der Weltseele Sang" eingeordnet.
5) Die Diatonik ist ein Dur-Moll-Tonleitersystem mit 7 Stufen (Ganz- und Halbtöne) im Gegensatz zur Chromatik, der Veränderung [Färbung] der 7 Grundtöne durch Versetzungszeichen um einen Halbton nach oben oder unten.
6) Der frühexpressionistische Kreis der Kosmiker bemühten sich unter Einfluß Nietzsches um hymnisch-pathetische, ekstatische, gelegentlich unmelodiöse, oft zyklisch (symphonisch) komponierte Versdichtungen von großer Bildfülle um kosmische Visionen und mythische Gestalten. Speziell Mombert verbindet in seiner mythischen Kosmologie gnostische Elemente, Seelenwanderungsvorstellungen und Visionen der schöpferischen Urkräfte in Geistes und Menschheitsgeschichte im materiellen wie im seelischen Bereich.
7) Antwort Finsterlins auf die erste von 13 vom Arbeitsrat für Kunst gestellten Fragen: Lehrprogramm. Welche Maßnahmen werden für geeignet gehalten, eine gründliche Reform der Ausbildung für alle bildnerische Tätigkeit zu erreichen?". In: "Ja! Stimmen des Arbeitsrates für Kunst", Berlin 1919.
8) Von Finsterlin der gebundenen Typoskriptsammlung "Der schwarze Herrgott. Beiträge zum Komisch-Kosmischen. Ereignisse und Zustände" (1924) eingeordnet; desgleichen in die 1925 zusammengestellte, anders geordnete und auch ältere Gedichte umfassende Sammlung "Der schwarze Herrgott", jetzt aber ohne den Untertitel von 1924. - Da Finsterlin keinen Verleger fand, hat er immer wieder seine mit der Schreibmaschine abgeschriebenen und vervielfältigten Gedichte, in wechselnden Zusammenstellungen, an seine Freunde verschenkt.
9) Vgl. Iain Boyd Whyte, Romana Schneider [Hrsg.], "Die Briefe der Gläsernen Kette", Berlin 1986.
10) Die "Biographie in großen Zügen" existiert in unterschiedlichen Fassungen und Abschriften, deren erste mit 1961 datiert ist. Hier und im folgenden zitiert nach der letzten, nicht datierten Fassung.
11) Zit. nach der handschriftlich und als Typoskript erhaltenen Antwort auf eine Anfrage Nikolaus Pevners (1962) bzw. nach einem dreiseitigen, "Kurze Biographie" überschriebenen Typoskript.
12) Obwohl inzwischen die meisten Daten und Fakten gesichert werden konnten ("Hermann Finsterlin. Eine Annäherung, vgl. Anm. 3), folgen Ausstellungskataloge und Publikationen häufig immer noch [so zuletzt in Manchester] den Finsterlinschen Angaben.
13) Biographie in großen Zügen. - Wenn auch reale Bergfahrt, steht Finsterlins Gipfelerlebnis zugleich in einer literarischen Tradition, die dem Erkenntnis Suchenden und Seher die erhabene Position des Berggipfels zuweist, und ist so gesehen zugleich eine Mystifikation.
14) So in einem späten, in zwei Fassungen existierenden, nicht datierbaren Vortragstyposkript.
15) Zitiert nach dem Flugblatt zur Ausstellung.
16) Mitglieder waren u.a. Bruno und Paul Taut, Hans Scharoun, die Brüder Luckhardt, Carl Krayl, Wenzel Hablik, Paul Goesch, später noch Afred Brust und eben Hermann Finsterlin.
17) Zu den Datierungsproblemen der Finsterlinschen Architekturen vgl. Gerhard Storck: "Der Fall Finsterlin", im Katalog Hermann Finsterlin (1887-1973). Ideenarchitektur. Entwürfe für eine bewohnbare Welt, Krefeld 1976.
18) Finsterlins Stilspiel und der erläuternde Aufsatz "Die Genesis der Weltarchitektur oder die Deszendenz der Dome als Stilspiel", enstanden wahrscheinlich schon 1921. Veröffentlicht wurde der Aufsatz mit Illustrationen und Zeichnungen in der 2. Folge des von Bruno Taut herausgegebenen "Frühlicht", Frühjahrheft 1922.
19) Schwäbischer Merkur, 9. Oktober 1928. - Der Kritiker Hanns Otto Roecker ist auch einer der wenigen, der in diesem Zusammenhang auf Goethe verweist: Bei allen Erscheinungen des Organischen und der künstlerischen Phantasie versuche Finsterlin zur Urform vorzudringen, im Organischen bildnerisch das zu gestalten, was Goethe als Urphänomen bezeichnet habe.
20) In Übersetzung zitiert nach den maschinenschriftlich im Nachlaß erhaltenen Abschriften.
21) Marcel Brion, Geschichte der abstrakten Malerei, Köln 1960.
22) Vittorio Imbriani, "La Quinta Promotrice", Neapel 1868. - Die Kenntnis dieser Publikation verdankt die Kunstgeschichte einem Aufsatz Benedetto Croces aus dem Jahre 1904, leicht zugänglich in "Kleine Schriften zur Ästhetik", Tübingen 1929, Bd 2.
23) Vgl. den Ausstellungskatalog "Hans Hartung. Malerei, Zeichnung, Photographie", Düsseldorf, München 1981/1982.
24) Ausstellung und Katalog der gleichnamigen Ausstellung (Zürich, Düsseldorf, Wien 1983) kannten Finsterlin nur als Mitglied der "Gläsernen Kette".
25) Erstdruck in der Finsterlin-Nummer der Zeitschrift "Wendingen", Jg 6, 1924, H. 3. - Einen Nachdruck brachte im Februar 1925 die Zeitschrift "Mittelland. Ein Zeitspiegel".
26) Vgl. Andreas Krause, "Klecks-Klang - Die graphischen Klaviernotationen Hermann Finsterlins", in "4 Musica", Juli/August 1991, S. 224-229.
27) Bruno Taut hatte Scheerbarts Permutation am 1. Januar 1920 zitiert (Whyte/Schneider, vgl. Anm. 7, S. 34). Finsterlins Zustimmung findet sich in einem Brief vom 3. Februar 1920 (Whyte/Schneider, S. 56).
28) Alfred Liede über Paul Scheerbart in "Dichtung als Spiel. Studien zur Unsinnpoesie an den Grenzen der Sprache", Berlin 1963, S. 73 u. passim.