1. Schwesterliches Oval.
2. Die Kraft eines weißen
Eies.
3. Er war das Kind eines
Kommas und einer Setzmaschine.
4. Grauen vor der wuchernden
Üppigkeit des Lebens.
5. Unzählige chinesische
Gedichte, die gelesen zu haben sich niemand rühmen kann. Sternenheere
am nächtlichen Himmel. Unzählige leuchtende Punkte.
6. Die Erfindung der weißen
Punkte auf den Dominosteinen. Die Erfindung der schwarzen Punkte auf den
Dominosteinen. Persische Kulturleistung?
7. Gedanken - eine säende
Kette unausrottbaren Löwenzahns.
8. Siebenerlei Fleisch der
Turkey hat.
9. Die Schlange Homer; der
Löwe Vergil; die Sphinx Dante.
10. Der langnasige, lächelnde
Jüngling aus Tenea.
11. Die riesige Vagina des
Amphitheaters zu Orange, umblüht von Haarbäumen.
12 Und mit dem Ausruf: "Die
Griechen sind große Künstler!" fiel er in Ohnmacht.
13. Auf dem Friedhof. -
Strickende Frauen, Kinder spielen zwischen Grabsteinen. Die dörrenden
alten Toten.
14. Kindergräber. Vergrabene
Mäuse. Wahrscheinlich gebündelt.
15. Ersann Zeremonien für
meine Beerdigung.
16. Auf einem Spaziergang
mit S. stießen wir auf ein an der Stirnseite aufgeschnittenes Haus.
Welche Tragödien haben sich in seinem engen Gewinkel wohl abgespielt?
Es ist verblüffend, bemerkte S., wie wenig Raum eine Tragödie
benötigt... Wie wenig nun wirklich? Welches ist der kleinste Raum
für eine Tragödie?
17. Die Mühe des Schauspielers,
den Beifall auf sich zu ziehen. indem er die Wellen des Applauses mit ausgebreiteten
Armen aufzufangen oder durch eine Handbewegung zum Herzen hin auf sieh
zu lenken versucht oder im Gegenteil eine möglichst bescheidene Haltung
einnimmt, die der Akklamation den scheinbar geringsten Widerstand entgegensetzt,
ist vergeblich. Der Beifall, der eigentlich ihm gilt, trifft nämlich
immer die Bühnenarbeiter hinter den Kulissen, wird unansehnlich und
verläßt das Haus tres humblement durch die Hintertür.
18. Cabaret und Revue, Stätten
einer fernen, geistigen, überpersönlichen Erotik.
19. Analogie zum "Botanischen
Theater" Theater der Steine und Mineralien.
20. Drama der fünf
Sinne. Das Nasentier, der Augenmensch, der Ohrenschmaus, das Fühlhorn
(der Tastlöwe), der Schmeck.
21. Concetto.
Das markgräfliche Opernhaus
gleicht. einer Ananas. Ihre eine Hälfte ist die Bühne, ihre andere
das Parkett. Orchesterraum: Fruchtboden. -
Die Logen sind die Schuppen
der Ananas. Die Zuschauer (Schildläuse) sitzen in den Schuppen. Das
Fruchtfleisch ist der vibrierende Raum. -
Die Stiegenhäuser sind
die Blätter ihres Schopfes. -
Von außen wird die
Frucht von runden weißgekalkten Mauern umgeben, die bar allen Schmuckes
in die Höhe streben.
Die Ananas ist eine Scheinfrucht
22. Satanische Landschaft,
scheußliche Orgien unter schattigen Kronen.
23. Venedig der Ratten.
Richtplätze unter Wasser.
24. Der Hexenwald Die oben
verknoteten Wipfel. Die angelnden, schicksalshaften Frauen.
25. The Queen - ein mit
kurzen Flügeln schnarrendes Tier.
26. Omnibusse mit großen
Facettenaugen.
27. (In Omnibus: Krüppel
und nähere Bekannte.)
28. Métro-Station
Sèvres-Babylone.
29, Die Schönheit der
Jeanne Duval.
30. Die Melasse der Schönheit
(unkristallisierter Rohrzucker: Rückstände).
31. Ein Mann namens Christik.
Ein auf sich zurückgewendeter Heiland. Ein Christus, der nicht (mehr)
gekreuzigt zu werden braucht.
32. Kagerer. Jemand, der
so heißt stottert von Natur.
33. Die traurige Figur des
Opa S., dem eine Legende den Arm abriß und eine Kneipe das Bein brach.
34. Ich erinnere einen feinen
Mann. Er war schlank und alt. Der Mann hieß Heyerhoff und besaß
einen langen weißen Zaun zum Anhalten.
35. Student mit wildwuchernden
Wangenkoteletten (Turgenjew?).
36. Portrait.
Infantilismus. Klatschsucht.
Servilität.
Erzeugung: ehelich, beiläufig,
fantasielos, todernst (deutsch).
Kennzeichen: haararm, schweißfüßig,
schrumpköpfig, ledern. Dauernde Kopfschmerzen. Überanstrengung.
Ausdörrung. Steriler Sexualprotz.
37. Mädchenbild.
Runde kugelige Hüften.
Braune Härchen akkurat in die hohe gerundete Stirn. Ein Schäufelchen
weißer Zähne. Eine Narbe.
38. Dunkelgrün. Salomonis
Siegel. Nasse Baumblätter.
39. Schwarz. Schwarze hautdurchschimmerte
Dessous. Schwarz der Fette.
40. Weiß. Das Weiße
des Auges oder holunderblütenweiß. Alte Brüsseler Spitzen.
Gestrichenes C auf dem Klavier.
41. Braun, kackbraun, tödlich.
42, Jemand schlägt
den Stuhl, an dem er sich gestoßen. Tiraden wie: "0 Du gottverfluchtes
Ding, 0 Du Saustuhl, Dreckstuhl, 0 Du Hurenstuhl. Ich lecke Dich am Arsch,
Dich gottverdammten Scheißstuhl usw. usw."
43. Tauwetter. Verschneite
Wälder in Grätenmuster. Die eisblumenartigen Stickereien des
Frankenwaldes.
44. Flugkörper aus
weißer Wolle.
45. Bunt gewirkte Borte
auf einem weißen Wollkleid über dem Busen.
46. Das Verführerische
an Dirndlkleidern. Der tiefe Busenausschnitt, die Blenden über den
Brustwarzen, das weiße Leibchen, die Wespentaille, das Schößchen,
der reifrockartige Rock. Letzter Rest Rokoko.
47. Landschaft der Zungenschleimhaut.
Erloschene Krater unter drohend rotem Gewitterhimmel.
48. Menstruation. Der dünne
monatliche Weg zurück. Leerer Tage Besinnlichkeit. Venenrote Traurigkeit.
Vorsicht!
49.Möglichkeiten der
Purgation. Beichte oder Menstruation (Selbstreinigung). Das Weib und der
Katholizismus. Das alternde Weib und der Katholizismus.
50. Marianne und ihre bunten
Aktphotos, die man in USA den Rasierklingen beilegt. Eiserne Jungfrauen
mit eingebauten Rasiermessern.
51. Die mit Stacheln aus
Stuhlbeinen bewehrten Tischigel der Nachtcafés.
52. Windgeordnete Löckchen
auf der Stirn des Himmels.
53. Das Gehirn des Sommers
- Wolken (11.8.).
54. Familien, Arten, Rassen,
Individuen von Wolken.
55. Die Schichtungen der
Wolken. Entsprechungen der Schichtungen hier. Erweiterung meines Themas.
56. Ein Mädchen mit
windgekräuseltem Gesicht.
57. Der Buchstabe Digamma.
Eine ruhige Fahne vor einer Reihe wildgewordener Buchstaben,
58. Blühender Holunder
in Omelettenteig getaucht.
59. Pannhas. Speise für
die ganz Armen aus Wurstsuppe, Blut, Buchweizenmehl und Prophezeiungen.
60. Milch in Satten (gesteckelte
Milch). Dies zähe gelbe Dach von fettem Rahm.
61. Trommeln und Milch.
62. Truppen von Salat. Gefechte.
63. In der Gesindestube.
Man schäkert über große Entfernungen.
64. Weiße Teller wehen
herein. Hinterdrein eine schüchterne weiße Kanne.
65. Die vierte Dimension:
Kind einer Geschwisterehe. Bruder Raum, Schwester Zeit.
66. Der sich im Rhythmus
von Herzschlägen weitende und zusammenziehende Raum (Erfahrungen eines
Landarztes).
67. Die Tätigkeit des
Webers hat mich schon immer mit heiliger Scheu erfüllt, denn der Lärm,
den sein Stuhl macht, gemahnt an das Donnern des Himmels, - Das Interessanteste
an dem, was er macht, ist übrigens stets die Rückseite!
68. Blasen Sie einmal durch
die Lenkstange Ihres Fahrrades, - falls Sie eines besitzen!
69. Das böse Klappern
eines mit Blechplaketten beschlagenen Spazierstockes.
70. Das feine Geräusch
sich schälender Haut an den Schultern.
71. Die glänzend grüne
schimmernde Metallstimme.
72. Die Sprache der Flüsse.
Die rundkantigen Worte der Felsen.
73. Die blökenden Kühe
der Wälder. Ferndonner, Vögel.
74. Die aufgeblasenen Schäfte
von Zwiebeln ähneln Plastiken. Der Kopf ist eine Blüte. Seine
Gedanken weben über Gras,
75. Mein Großvater
griff mit kundiger Hand unter reifende Tomaten. Die waren klein, rund,
unkundig.
76. Er legte die Hände
in den Nacken, trat an die weißgeformte Schüssel und ließ
sich, das Rückgrat durchgedrückt, auslaufen.
77. Er hat ein Gesicht wie
ein Trichter. Er hat ein Gesicht wie ein Kerker. Er hat ein Gesicht wie
ein haariges Loch.
78. Plastiken aus Sand,
Sandel, Sahne, Samen, Samt.
79. Pfanzenziegel.
80. Flügelmutter.
81. Lichtgelenk.
82. Die Vokale sind das
Blut der Worte.
83. Die Stadt, Schmuck und
Ordnung. Vergleichbar der gefüllten Rose. -
Dörfer: Heckenrosen.
84. Der Garten...
Der Garten ist die Schwester
der Stadt.
85. Das Meer. Ein Schulfreund
übersetzte den berühmt gewordenen Schrei des xenophonischen Heeres,
als es das Meer erblickte, mit: "Tralala, Tralala!"
86. Das Meer im Spiegel.
87.Das Meer? 'ne Kasse!
88. Das Meer spricht - lateinisch
(morsum, keitum, eidum etc.).
89. Wenn eine Muschel sprechen
könnte, würde sie stottern müssen.
90. Die Verleiherin von
Segelschiffchen für Kinder. Die Kühnheit auf dem Karren. Zusammengepferchte
Träume. Die verflochtenen Leinen der Sehnsüchte, ein Wald aufrechter
Maste von Hoffnung.
91. Die Sonne balancierte
das Meer berührend einen gewaltigen Bau von Licht und Farben. Das
Meer in seiner abendlichen Bewegtheit steinern, übergossen von trocknem,
backsteinrotem Licht. Ein einziger Stern im Widerschein der versunkenen
Sonne.
92. Die Wege einer kleinen
Insel.
93. Schwänemark und
Deden.
94. Maximale Anreicherung
(Sättigung) des Gedichts mit Wahrem und Schönem.
95. Aufzucht der reinen
(sprachlichen) Mittel - nach Paul Klee.
Die reine Grammatik. Versuche
mit Genitiven, Dativen, Akkusativen. Versuche mit den Tempora, den Modi
usw. Anwendung nur solcher reinen Mittel.
96. Wörter - lyrische
Quanten, lyrische Impulse, pur.
97. Man muß das Wort
als DRECK und als HOSTIE behandeln.
98. Buchstaben als Signale
(Chiffren und Siglen). Zurückziehen des lyrischen Impulses auf kleinsten
Raum. wiederholte Anwendung der selben Chiffre Grundlage für eine
quasi algebraische Mitteilung von Lyrik.
99. Organisation von Prosamassen.
Komposition auf verschiedene Blickpunkte hin.
100. Die Perle im Austernfleisch.
Inkrustierung von Fremdkörpern im Fleisch der Kunst, Inkrustation
von Wirklichkeit (Wahrheit) mit Schichten von Schönheit.
101. Vergiß' den Einbau
blinder, schlechter und unsauberer Stellen nicht! Auch das sind Qualitäten.
102. Der Leser - ein angepflockter
Ochse auf der Weide der Assoziationen. Rückkehr des Ochsen in einer
Spirale zum Pflock, an dem wir ihn anbanden. Sein Blöken, wenn er
zum Zentrum des Kreises gelangt, weil sich seine Kette allmählich
um den Pflock gewickelt hat.
103. Erinnern über
die Gegenwart in die Zukunft. Von dort Rückerinnern an die Gegenwart
und Vergangenheit. Träumen. -
104. Flugzeuge, die zu Fledermäusen
wurden und sich in Eschenalleen und schwarzen Teichen verloren. Dreidecker,
Vierdecker, - zerfetzt, zerrostet, aber fliegend.
105. Sie bekam alle Zähne
gleichzeitig, aber es waren ihrer zu viele und mußten sich erst aus
Zweier- und Dreierreihen in eine durchgehende Linie ordnen.
106. Kretin mit stachlicher
Ananasschalenkopfhaut (mitgeteilt vom Gott der Träume und Figurationen).
107. Sah eine Mücke,
die dem Hl. Geist glich.
108. Zwei hintereinander
liegende Schlangen, die sich gegenseitig verzehrten. Sobald die eine die
andere und damit sich selbst sowie die andere gefressen hätte, hätte
das Spiel theoretisch von neuem beginnen können, wenn ich nicht aufgewacht
wäre. - Endloser Durchgang. -
109. Traumworte: Taureion;
Elis.
110. Traumwitz: "Kack de
Tid an!"
111. Kindermund: Brüssel
- der Welt Rüssel.
112. Der Brustkorb der Heiligen,
ein flammender Rost
113. Der Mund ist ein Engel.
Er hat vier Flügel.
114. Die Puppe der Kleopatra
war von Alabaster.
115. Die mittlere Höhe
(Idealität) Oberfrankens.
116. Blei-Tinte: Eindruck
schwebender Räumlichkeit.
117. Apercu: Von einem Maler
unterscheidet mich, daß ich nicht male. Sonst alles.
118. Archaisches Relief.
Regelmäßige Wiederkehr des selben Motivs (Rapport).
119. Maßstab für
Größe - die aufgebürdete Last.
120. Der Leib des Menschen,
der sich webt und entwebt, gleicht dem delischen Schiff, dessen Teile laufend
durch neue ersetzt wurden, das seiner Idee nach aber immer das delische
Schiff bleibt, auch wenn keine einzige Planke mehr vom ursprünglichen
Schiff herstammt.
121. Der Held: Ragendes
Hindernis in der Strömung des Lebens. Unterspülung dieses Hindernisses
durch Humor (Shakespeare).
122. Dieser Libellus ist
ein Fels, den ein Gestrandeter mit Namen, Daten, Zeichnungen, Reliefs usw.
bedeckt, die mit der Zeit zusammenwachsen, sich überlagern und den
Stein zu zerfressen drohen, bis das Bild eines hinter den scheinbar zusammenhanglosen
Bildern Gemeinten aus dem chaotischen, vielschichtigen Gekritzel hervortritt.
In diesem Augenblick wird der Gestrandete gerettet. - (Man kann für
Fels übrigens auch Zellenwand und für Gestrandeter Gefangener
sagen.)
123. Nach Pascal ist die
Liebe Bewegung.
124. Penis. Fuß der
Schnecke. Schiebt sich langsam in unversehrte Gebiete der Zukunft.
125. (Die Notizen können
fortgesetzt werden)