Meine Damen und Herren, ab den frühen 80er Jahren, als ich Susanne Frenken als Ehe- und Kunstpartner meines Freundes Will Frenken kennenlernte, stellte ich - bis zum heutigen Tag zwar unausgesprochen - zwischen ihr und dem französischen Schriftsteller und Maler Jean Cocteau Verwandschaftlichkeiten her. Damit meine ich das Signalement einer Persönlichkeitserscheinung, die durch eine progressive, avantgardistische Grundhaltung zu kulturellen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sofort beeindruckt.; Susanne Frenken - die leider aus gesundheitlichen Gründen nicht hier sein kann - wirkt schillernd, lasziv, ironisch, anarchisch und auf jeden Fall in allen ihren sprachlichen und visuellen Werken als eine die semantischen Ebenen mehrfach brechende und reflektierende Artistin.
Bestimmt von ihrer Intellektualität und einer starken Schubkraft, hat Susanne Frenken schon ab ihrem 18. Altersjahr Prosa und Lyrik geschrieben. Während den langen Aufenthalten von 1952 bis 1969 in New York, Boston, Los Angeles und San Francisco, hat sie die Chance gehabt, den kontinuierlichen und nicht von diktatorischen Verdikten und Edikten sich entwickelnden Fluß der europäisch-amerikanischen Ästhetik kennenzulernen, also fast ohne die Verspätungen durch den Nachholbedarf, den ihre Generation im deutschen Kulturraum sonst aufbringen mußte.
Ich werde hier zwischen meinen Einleitungsworten 3 Gedichte von Susanne Frenken aus ihrem 1988 erschienenen Buch "DAS HUSTEN DES IGELS IN DER NACHT - Reisebilder aus Elsenien", vorlesen.
Ab 1952 "Malereien", wie Susanne Frenken in ihrer Vita schreibt, ab 1962 "semantische Kunstobjekte", ist sie in vielen ihrer Bilder eine Erzählerin - in der hier gezeigten Ausstellung ihrer 34 ganz neuen Arbeiten "präsenzen auf papier", verschränkt sie den epischen Stoff zugleich auch mit der Praxis psychologischer Explorationen, d.h. Auffaltungen von Vergangenheitsblöcken. Beim Betrachten der Bilder assoziierte ich mit gefalteten Tüchern, etwa dem Leichentuch Christi und den Fastentüchern.
In Susanne Frenkens Bildern sind es manchmal Fallgeschichten, Existenziale ihres seit einiger Zeit eingeschränkten Alltags. Wie gewisse in der Gestaltpsychologie und Gestalttherapie angewandte Dialogtechniken zwischen Therapeut und Patient, geht Susanne Frenken eine Personaleinheit ein, sie präpariert den "Explorationsbogen Papier" mit Farben nach ihrer Lust und Laune, traktiert ihn in trockenem oder feuchtem Zustand wie Aquarelle, faltet sie zu Widerspieglungen zusammen und greift spätestens hier mit Deutungen und Interpretationen ein. Köpfe entstehen so, auch Tierköpfe, mit Gouache und Acrylfarben akzentuiert und konturiert.
DAS DU DAS ICH
ES TAUCHT MIT MIR
HINAB HINAUF
AUS SICHT DES PLEXIGLASKUGELSCHACHS
IST DAS ZENTRUM DER ORT
DER AUS- UND RÜCKGEFLIPPTEN
KEIN DU KEIN ICH
DENN ES IST UNS
UND WIR
SIND WIR DENN EUCH
LÖFFLE DIE SUPPE
AUF IM DUNKELN
SCHMECKT SIE NACH UNS
DOCH EUCH
DAS SIND WIR NICHT