reinhard döhl | gedichte| haiwaka
hibi kore ko djitsu

1986 fukuoka-tankas | fukuoka 87 | 1996 Senriyama-Haikus | Gäste von weither | Aus der Korrespondenz | 2001

1986 fukuoka-tankas

daß ich in japan
war heißt nichts weiter als daß
ich in japan gewesen bin
heißt nichts weiter als daß ich
in japan gewesen sein werde

eins zehn narita
er wollte im frühling kommen
es wurde herbst
zwei zehn hinter dem roten
tor ein bibliothekstraum

drei zehn rikyo
universität über
das experiment
mit der sprache sprechend
in einer sprache von fern her

fukuoka 87

über den weißen
mond ein gedicht zu schreiben
wie töricht (dachte
ich) ist dies aber als ich
mit meinem schatten heimging

sah ich das weiße
papier sah ich den schatten
die tusche reiben
den pinsel eintauchen und
einen schwarzen mond schreiben.

über den schwarzen
mond ein gedicht zu schreiben
wie töricht (denke
ich) ist dies in der nacht des
schwarzen mondes heimkehrend.

:

den kopf mit asche
über und über bestreut
betritt er den markt.
erzählt das nicht das erste
ochsenbild? kai to do men!

zum ursprung zurück-
gekehrt sind die gewässer
grün die berge blau
rote blumen sind rot.
hibi kore ko djitsu.

am grünen fluß sind
die vögel ganz weiß und am
blauen berg wollen
die roten blumen blühen.
mu. chu ari michi.

hitori tatte
kan tei katsu raku bou.
allein im stillen
garten stehend zähle ich
die gefallenen pflaumen.

das meer hinter dem
weiß der birken - noch läßt der
schnee auf sich warten.
haku un danzuru to-
koro ka zan taenari.

nachdem die brücken
überschritten sind im stein-
garten von dasai-
fu mit dem neuen pinsel
ein gruß für günter eich - ja.

ame ni nure-
ta konoha ga, asa-
hi ni kiraki-
ra hikatte imasu.
mehr sage ich dazu nicht.

1996 Senriyama-Haikus

21.10 9.25 Abflug mit Transit in London Heathrow

Hi o sena ni
tobu wa higashi e
hi ni mukai

[Sonne im Rücken ostwärts der aufgehenden Sonne entgegen]

22.10 Osaka - endlich
auf Chrysanthemenblüten
werde ich landen

Nach all den Jahren
die Chrysanthemenblüten
vielleicht nur ein Traum

24.10 Oktobersonne
schattiges Bambuswäldchen
warum schimpft Mozu

Fröhliches Essen
und helles Gelächter am
Abend vor Vollmond

26.10 Vollmond

Wind vertrieb Wolken
emsig putzt der Bambus die
Silbermünze Mond

28.10 Nach Morgenregen
jetzt unter Wolkenschiffen
die Minô-Berge

Himeji Kobe
die Toten die Lebenden
Kommen und Gehen

29.10 Forellenquintett
Windspiel Bambus und Grille
Karasu und ich

30.10 Kleiner Vorgarten
zwei Männer Bäume schneidend
im Gegenlicht

Einkaufen in Umeda
[Yukata; Pinsel, Papiere, Boku; Schale, Eß- und Kochstäbchen etc.]

Eine Schale Reis
zwei Stäbchen
drei gute Dinge

Hi[oder: ohisama] ga sizunde kara
minna de isshoni
aki no kotoba wo tabetayo

[Nach Sonnenuntergang gemeinsam Herbst Wörter Essen]

[Ein mit Basho in Bezug zu bringender Tempel kann aus Zeitgründen nicht mehr besucht werden]

Hi o sena ni
tobu ware shizumu
hi ni mukai

[Sonne im Rücken der untergehenden Sonne entgegen]

Frierend sehe ich
eine glutrote Sonne
im Osten aufgehn.

Gäste von weither / Guests from far places
[Aus dem Senriyama-Renku]

Licht fällt durch
lichtere Blüten wie in einer Allee
von Kirschbäumen

Traumverloren gehe ich
durch die Straßen Naniwas

Ein Spatzenquintett
für Windspiel, Bambus, Flöte,
Hundebellen und mich

Im Vorübergehen überraschend
einige Takte Schwanensee

Seinen Arm um
ihre Schulter gelegt
vor dem Gott, der bindet

Eine schmutzige Hacke
noch in der Bildnische

Im gesprungenen Spiegel
reitet der Mond heute Nacht
einen Wolkenstrudel

Westwärts fliegen Kraniche
über die offene See

Aus der Korrespondenz

Ein Sperling reinigt
sein verstaubtes Gefieder
in einer frischen Pfütze.

Nach den Hundsposttagen
Drachen steigen lassen
Hals über Kopf

In den Frühnebel
hat sich Reif gemischt, Zeit
den Teekessel abzustauben.

Gedichte aus der Eisenzeit, Theater
aus der Steinzeit, ein Roman
den das Leben schrieb.

[...]

2001

Im Vorbeifahren
ein Aufscheinen des Fuji san
für einen Augenblick

[...]