Projekt Factory
(Möglichkeiten eines oberfränkischen Kulturzentrums)

Für das Projekt "factory" liegt ein Architekturvorentwurf vor, dessen Durchführung durch die interessierte Brauerei "Löwenhof" bereits wesentliche Voraussetzungen für ein oberfränkischen Kulturzentrum schaffen würde. Die Einbeziehung und der Ausbau zusätzlich zur Verfügung stehenden Raumes läßt die Erweiterung des Projektes zu einem echten Kulturzentrum mit vielfacher Aufgabenstellung und Funktionabilität zu. Diese Erweiterung vorausgesetzt, bietet das Projekt folgende Raum- und Veranstaltungsmöglichkeiten:

1. Ein bewirtschafteter Gastraum als Galerie mit ständig wechselnden Ausstellungen aktueller Kunst (in der Art des "Bootshauses").

2. Ein Mehrzweckraum (ca. 100 Plätze) für

a) Theateraufführungen
b) Filmstudioaufführungen
c) literarische Lesungen
d) musikalische Veranstaltungen
e) Multi-Media-Veranstaltungen
Das Foyer des Mehrzweckraumes kann ebenso wie der Mehrzweckraum als weiterer Ausstellungsraum genutzt werden. Umgekehrt ist für Besucher der Veranstaltungen 2/a-c der bewirtschaftete Gastraum als Restaurant gut geeignet.

3. Archiv- und Museumsräume für

a) eine Sammlung neuer Kunst in sinnvoller Auswahl aktueller künstlerischer Tendenzen,
b) ein Archiv für neue Literatur (entsprechend einem bereits 1968 vorgelegten Entwurf unter besonderer Berücksichtigung des Tage für "neue literatur in hof" und der Aktivitäten des "verlages für neue literatur claus henneberg")
c) ein auf theoretische Arbeiten zum neuen Film spezialisiertes Archiv unter besonderer Berücksichtigung der Internationalen Hofer Filmtage (Dokumentation),
d) ein Theaterarchiv, verbinden mit einer Sammlung "Neues Theater", unter Berücksichtigung der Geschichte des Hofer Theaters.
4. Galerie und Mehrzweckraum bieten dabei zum ersten Male die Möglichkeiten, die oberfränkische Kulturszene durch regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen mit einzubeziehen und ihr ein zentrales Podium zu schaffen. Gedacht sind dabei an a) eine Jahresausstellung oberfränkischer bildender Künstler (unter der Voraussetzung ihres Zusammenschlusses zu einem oberfränkischen Künstlerbund e.V.),
b) ein jährliches Konzert oberfränkischer Komponisten und Musiker,
c) zwei bis drei Lesungen oberfränkischer Autoren oder Autorengruppen (über ein Jahr verteilt an Stelle des bisherigen Abends oberfränkischer Autoren während der Tage für "neue literatur in hof").
In jedem Fall sollten bei diesen Veranstaltungen die sog. naiven oder Sonntags-Künstler miteinbezogen werden.

Zu den Veranstaltungen im Einzelnen:

zu 2/a.
Der Mehrzweckraum sollte dem Hofer Werkraumtheater sowohl als sinnvolles ständiges Studio für Proben als auch als fester Aufführungsraum dienen. Darüber hinaus steht er für einmalige und kurzfristige Theatergastspiele und theaterähnliche Veranstaltungen, wie anspruchsvolles Cabaret u.ä. zur Verfügung.

zu2/b.
Gleichzeitig sollten in ihm die Hofer Filmtage ebenso stattfinden wie regelmäßige Filmstudioaufführungen z.B. des "Cine-Centers Hof".

zu 2/c.
Statt der bisher auf die Tage für "neue literatur in hof" zeitlich konzentrierten Lesungen wird durch den Mehrzweckraum eine Dekonzentration der literarischen Aktivitäten über des ganze Jahr möglich, wobei je nach Art der Aktivität der Gastraum mit einbezogen werden kann (vergl. die bisher während der Literaturtage im "Bootshaus" veranstalteten Abende). Nicht zuletzt durch diese Kombinationsmöglichkeiten können jetzt während des ganzen Jahres literarische Veranstaltungen der unterschiedlichsten Art in größerer Breite als bisher angeboten werden.

zu 2/d.
Weiterhin würde der Mehrzweckraum für die gewünschten musikalischen Studio-Aufführungen (unter Leistung von GMD Peter Richter-Rangenier) ebenso wie für Gastspiele experimenteller Musik (vergl. den Abend "Text und Musik" bei den Veranstalrungen "neue literatur in hof 1969" und für Jazztage der ideale Raum sein.

zu 2/e.
Schließlich bietet der Mehrzweckraum dank seiner architektonischen Konzeption noch die erwünschte Möglichkeit, auf der internationalen Kunstszene längst übliche sog. Multi-Media-Veranstaltungen durchzuführen, in denen die verschiedenen Kunstarten und deren Darbietungsweisen verquickt werden.

zu 3/a-d.
Sämtliche genannten Veranstaltungen sind aber nur dann sinnvoll, wenn es gelingt, sie durch eine konsequente Archivierung und weitergehende Sammlung zu untermauern und zu ergänzen. Durch den Ausbau des noch ungenutzten, zur Verfügung stehenden Raumes können die genannten und notwendigen Archiv- und Museumsräume mit relativ geringem Kostenaufwand bereit gestellt werden. Dabei ist bei den genannten Archiven und Sammlungen zunächst nicht an Ankäufe gedacht, sodaß sich die anfallen Kosten fürs erste auf Ausbau, Ausstattung und Unterhaltung beschränken. Die notwendigen Archive und Sammlungen selbst sollen vorläufig mit Hilfe von Stiftungen und Leihgaben, unterstützt von einem Freundeskreis und einem beratenden Gremium, angelegt und konzeptionell vorstrukturiert werden. Sie können dann in ca. 2 Jahren zum ersten Male öffentlich zugänglich in Anlage und Struktur bereits derart fortgeschritten und übersichtlich sein, daß ihre weitere Ergänzung und gezielte Erweiterung mit öffentlichen Mitteln sinnvoll diskutiert werden kann. Für Interessenten bereits von Anfang an bereits benutzbar, ist für die Archive und Sammlungen für den Zeitraum des ersten Aufbaus an eine ständige Information der Öffentlichkeit durch die Presse gedacht.

Hof/Saale, den 17. November 1970
Werner Weinelt, Claus Henneberg, Dr. Reinhard Döhl, Dr. Karl Gerhard Schmidt