Reinhard Döhl | Kunst Handwerk Kunst

Kunst, sagt es eine Redensart, komme von können. Wobei die Redensart, beim Wort genommen, offen läßt, ob dies bedeutungsgeschichtlich gemeint ist oder als Hinweis auf das Können als Voraussetzung jeder Kunst. Der meist ironische Gebrauch dieser Redensart dort, wo jemandes (künstlerische) Fähigkeiten nicht ausreichen, unterstreicht die Bedeutung des Könnens als Voraussetzung der Kunst wie jedes produktiven Tuns.

Und weil dies für den bildenden Künstler ebenso gilt wie für den Siebdrucker, weil Handwerk zwar nicht immer Kunst, Kunst aber immer auch Handwerk ist, hat die mit dem Siebdruck-Atelier verbundene Galerie Geiger ihr elftes Geschäftsjahr unter das Motto "Kunst Handwerk Kunst" gestellt.

Solides handwerkliches Können ist denn auch das eine, das alle von der Galerie Geiger vertretenen Künstler auszeichnet in einer zweitens lebendigen Auseinandersetzung mit aktueller Kunst, ihren Voraussetzungen in der Kunstrevolution und darüber hinaus mit oft weit zurückweisenden kunstgeschichtlichen Traditionslinien. In dieser Auseinandersetzung und jeweils sehr eigenen Anverwandlung der verschiedensten Elemente haben die Künstler der Galerie Geiger im Laufe ihrer Entwicklung drittens jeder einen eigenen und unverwechselbaren Stil entwickelt, jeder ein eigenes OEuvre geschaffen, zu dessen Verständnis kunstgeschichtliches Wissen zwar nicht überflüssig ist, das zu betrachten aber auch ohne dies Spaß macht anregt oder nachdenklich stimmt, je nach Temperament des Künstlers und des Betrachters.

Daß dabei fast jeder an gegenwärtiger Kunstproduktion Interessierte auf seine Kosten kommen kann, liegt nicht zuletzt an dieser Breite des Angebots, das in verkürzter Form spiegelt, was heute an ernsthafter künstlerischer Auseinandersetzung möglich ist. Aktualität also als begründetes Programm und nicht als Proklamation, nicht retrospektiv, sondern als Perspektive auf der Basis der Kunst als eines Handwerks mit der Voraussetzung des Könnens - das ist nicht das schlechteste Programm, dem sich eine Galerie verschreiben kann.

Wenn eine Galerie Farbe bekennt, geschieht dies in der Regel in Form einer Ausstellung. Das ist auch hier der Fall. Zweiundzwanzig von der Galerie seit ihrer Begründung zum Teil mehrfach ausgestellte Künstler zeigen von Juni bis September neuere und ältere Arbeiten, die extra für diesen Zweck ausgesucht wurden, und vermitteln so einen Querschnitt durch ein nunmehr elfjähriges Galerieprogramm.

Ihre Visitenkarte abgeben möchten die Galerie und das Siebdruck-Atelier aber auch in der Form einer Dokumentation, die einmal der Freunden der Galerie, den treuen Sammlern über viele Jahre die Möglichkeit bieten soll, sich zu erinnern, nachzuschlagen und nachzulesen, was ihnen in den Räumen der Galerie an Bild und Kommentar angeboten wurde. In Text und Abbildung ein weitgehend getreuer Spiegel der Galeriearbeit, wurde das Zustandekommen dieser Dokumentation durch ihren weitgehend dialogischen Charakter wesentlich erleichtert. Dafür sei auch an dieser Stelle allen beteiligten Künstlern und Autoren, aber auch dem Publikum der Galerie als unabdingbarem Partner dieses Dialoges in Sachen Kunst ausdrücklich gedankt.

[1986]