Heide
Göller
Von Ludwig Tieck stammt
der Gedanke, man solle sich nicht das Fremde gewöhnlich sondern das
Gewöhnliche fremd machen Es war dies so etwas wie ein erster Entwurf
eines recht verstandenen Surrealismus. Nichts anderes versuchen auch die
von Material- und Objektkonstellationen ausgehender Zeichnungen Heide Göllers,
wenn sich z.B. in und um eine Glasschale Eier Federn und Blütenblätter
zu einem scheinbaren Stilleben versammeln. Ihrer natürlichen Funktion
entfremdet (das Ei ist gekocht, die Blütenblätter sind verblüht,
die Federn signalisieren abwesendes Leben), verweisen de Elemente des Stillebens
(nature morte) auf die Anwesenheit des Todes im Leben.
Ursula
Laquay-Ihm
Auf Beschädigung, Vergänglichkeit,
Endzeit verweist ein Objektbild, dem Ursula Laquay-IHM den bezeichnenden
Titel "Nekropole" gegeben hat. Was auf ihm unter anderem zu besichtigen
ist, ist Stoff als Bildmaterial und -element, drapiert in einem Assoziationsfeld
zwischen Bett- und Leichentuch, Verband und letzter Hülle. Resignation
und Pessimismus? Ursula Laquay-IHM hat eine ihrer letzten Arbeiten "Arche
Noah" genannt. Kaum zufällig tritt der quer durch die "Nekropole"
gelegte, sie wesentlich determinierende Stoff im Falle der "Arche Noah"
fast in eine Rahmenfunktion zurück, nichts mehr verschleiernd, vielmehr
den Blick auf die Arche gleichsam freigebend.
Alida
Treichler
Alida Treichler verwendet
als Bildträger gerne Rupfen. So auch bei einer Folge von Arbeiten
aus den Jahren 1980/198l, die von der Künstlerin als "Grabtücher"
ausgewiesen wurden. Was sonst als Bildträger funktioniert. hat bei
ihnen eher die Aufgabe des Verbergens. Die grobe Struktur und die Schadstellen
das Rupfens in die Darstellung integrierend, gelingt es Alida Treichler,
persönliche Erfahrunq als ästhetische Botschaft zu vermitteln.
Da das nicht Zeigbare verborgen bleibt, Schmerz sich ohne Pathos zeigt,
enthüllt sich gleichsam ein Portrait des Todes, eingebunden in alte
volkstümliche Rituale, die der Rupfen assoziativ herbeiruft.
[1986]