Zwei Stichworte ermöglichen eine Annäherung an die letztjährigen Arbeiten Philippe Morissons. Da ist zunächst die vielfach mißverstandene Formel "Form und Farbe". Gemeint war ein der farbigen Auflösung tachistischer Malerei gegenläufiger Prozeß der Formentwicklung aus der Farbe heraus, gefordert wurde nicht der farbige Konstruktivist, sondern der Maler. Das zweite Stichwort wäre die ebenfalls vielfach mißverstandene Land-art, die in ihren guten Beispielen Perspektiven zurückgewann, die seit der Landschaftsmalerei verloren gegangen schienen. Morissons Arbeiten der letzten Jahre lassen sich in einer ersten Annäherung durchaus von hier her verstehen. Der Übergang von einer vertikalen zu einer dominant horizontalen Struktur und ihrer Aufhebung des Raumes entspricht den Landschaften seiner Jugend, kann erklärt werden aus Seherfahrungen in einer Landschaft, deren wesentlichen Elemente die spezifischen Lichtverhältnisse der ausgedehnten Fläche, der Weite und ihrer horizontalen Schichtungen und Begrenzungen sind. Natürlich ist Morisson nicht Land-artist oder Landschaftsmaler, sind seine Bilder nicht Abbildungen, sondern ästhetische Umsetzung sinnlicher Erfahrung, sind seine Horizonte künstlich, setzen seine Bilder die Erfahrung von Fläche und Weite, ihrer horizontalen Schichtungen und Begrenzungen um in eine vielfarbige Lineatur farbiger Streifen, in eine Mikrostruktur blauer, gelber, grüner Chromatik. Einem nicht zuletzt durch die Lichtverhältnisse bedingten dialektischen Wechselverhältnis von Weite und horizontaler Begrenzung entspricht ein ästhetisches Wechselspiel von Farbe und Form, von Form und Farbe, von Form durch Farbe und Farbe durch Form. Philippe Mosisson ist Maler: La Couleur est le véhicle idéal pour m'exprimer.
[1976]