Heut vor 200 Jahr, am 22.April 1799, hat es dem Allerhöchsten nach seinem unerforschlichen Ratschluß gefallen, den Herzoglich Wirtembergischen RegierungsSekretarius und Fürstlich HohenlohSchillingsFürstischen HofRath, Doktor Eberhard Friedrich Hübner, nach einer fünfmonatlichen beschwerlichen Hämorroidalkrankheit aus dieser Zeitlichkeit in die frohe Ewigkeit abzufordern, welches wir seinen und unseren Freunden und Verwandten, unter Abbittung aller BeileidsBezeugung, hiermit bekannt machen.
Der isch am 17.Dezember 1763 bei Cleversulzbach dahobe, em Kochertal, en Neuenstadt an der Linde uff d'Welt komme, en der Residenz von dem klugen und kunstsinnigen Herzog Friedrich von Württemberg-Neuenstadt (1615-1682) ond seiner gradso gscheite Clara Augusta von Braunschweig-Wolfenbüttel (1632-1700). Da wo au die Mörike her send ond em Schiller sein Jonger, der Freiherr Carl von Schiller, zeitweis als Oberförster gschafft hat.
Der Hübner mueß au a saumäßig gscheiter Kerle gwä sei, därf en dui Lateinschuel en Neuenstadt gange ond scho mit fuffzehn uff dui Universität en Dibenge ond studiert dort Philologie ond Philosophie. Ond blutjung, mit 17 Jahr (so alt wie seinerzeit au dr Melanchthon), holt ihn dr Herzog Carl Eugen als Lehrer für Griechisch, Lateinisch ond Geographie an sei Akademie nach Stuegert.
Ond solang der vier Jahr ältere Eleve Schiller sein Regimentsmedicus macht ond hehlenge seine "Räuber" schreibt, schafft der Hübner als fruchtbarer Lehrer ond studiert nebeher au no dui Juristerei ond kriegt da später au sein Dokter. Aber mit dem Gschäft isch'r scheints net ausglastet gwä ond fangt au no a mit Verslesmache ond wird, wie er selber zuegibt, mit Hilfe vom reinen Wein des Freund Bacchus zom deutschen Dichter. Ond anno 1788 erscheint dr erste Band "Vermischte Gedichte von Eberhard Friedrich Hübner, der Weltweisheit Doktor und Lehrer an der Herzoglich Carls-Hohenschule, mit Claviermelodien von Herrn Tonkünstler Abeille".*)
Ond er fendet grad gnueg Subskribente, also Leut, wo des Buech scho kaufet, eb's überhaupt druckt isch, ond vorne standet se no au dren, die 206 Abnehmer von Mecklenburg bis Ungarn, vom Hochadel bis zom Handwerker, vom Schubart bis zum Cotta.Wer woiß, ob die des au gnomme hättet, wenn se vorher scho den "Prolog" glese hättet:
Ihr erste, die ihr meinen Namen fürt.
Wenn für die anderen nicht minder
Mein väterliches Herz sich rürt;
So bleibt doch ihr die liebsten, die ich zeugte,
Denn ich erzeugt euch nicht aus Pflicht -
Seine zweibändige Sammlung 'Vermischte Gedichte' fällt durch ungewöhnliche Geschmacklosigkeit auf. Wieland und Bürger sind Hübners Leitsterne; er ahmt aber gerade mit Vorliebe die Schwächen beider nach und sucht den einen in der Schlüpfrigkeit, den andern im Bänkelsängertone zu übertrumpfen. Seine Balladen leisten an Banalität das Möglichste und wirken, je grausigere Stoffe sie behandeln, desto komischer. Eher noch glücken ihm rein lyrische Sächelchen in tändelnder Manier, wobei seine Verse leicht hinfließen; aber auch hier verdirbt er sich gute Einfälle durch alberne Ausführung.
Isch ja bloß guet, daß der arme Poet den Verriß nemme verlebt hat. Mr hat'n jedefall uffm Hoppelaufriedhof vergrabe, für en Grabstoi aber hat's net glangt. Denn scho a paar Tag später hat dr Nachlaßverwalter em "Schwäbische Merkur" älle Gläubiger ond Schuldner vom Herr Doktor Hübner uffgfordert, sich zu melde und zu helfe, dessen Hinterlaßthum durch Untersuchung des Activ- und PassivZustands in schleuniger Bälde in Ordnung zu bringen.
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*) Johann Christian Ludwig Abeille *1761 Bayreuth +1838 Stuttgart.