Eduard von Seckendorff
Die drei Kreuze bei Stammheim
 
Ein Landmann pflügte sein Ackerland,
Ein altes rostiges Schwert er fand,
Das verlor vor vielen Jahren schon
Ein Krieger, der blutigsten Schlacht entflohn.
Er thät es nach Haus mitbringen -
Hütet euch vor alten Klingen!
 
Und er trägt zu der Schmiede hin das Schwert:
"Eine Pflugschaar schmiedet mir, Meister wert!"
Der Meister warnend zurecht ihn weist:
"Im Schwerte, da wohnt ein besondrer Geist,
Läßt schwer sich zur Arbeit dingen,
Hütet euch vor alten Klingen!"
 
Doch der Andre beharrt auf seinem Sinn
Und verheißt dem Meister guten Gewinn;
Der schmilzt es ein und schmiedet's gut -
Wie glüht's, wie zischt's in des Ofens Glut,
Wie sprüht's von des Hammers Schwingen -
Hütet euch vor alten Klingen!
 
Und wie der Ackersmann sein Feld
Mit der Plflugschaar zum erstenmal bestellt,
Dringt's ächzend in den Boden ein,
Mag wol nicht gerne Pflugschaar sein,
Gar schwer will die Arbeit gelingen -
Hütet euch vor alten Klingen!
 
Wo nie ein Stein sonst, da bricht ein Stoß
Wie von einem Felsblock die Pflugschaar los;
Der Landmann, eilig zur Flucht gewandt,
Die Pflugschaar läßt an der Straße Rand;
"Das geschieht nicht mit rechten Dingen! -
Hütet euch vor alten Klingen!"
 
Im Dorf war Hochzeit. Vom lustigen Schmaus
Spät Abends giengen drei Bursche nach Haus,
Sie giengen erhitzt von Tanz und Wein:
"Was blinkt dort? es mag von Eisen sein;
Mein ist's! wer will mir's entringen?" -
Hütet euch vor alten Klingen!
 
"Was geht dich die Pflugschaar an Gesell?
Gib her!" so ruft's und entreißt es ihm schnell;
Und sie schlagen sich, reißen sich's aus der Hand,
Das Schwert hat zum alten Gewerb sich gewandt,
Wie kreis't es in mächtigem Schwingen -
Hütet euch vor alten Klingen!
 
In Strömen das Blut floß auf den Grund,
Und es sanken die Drei zum Tode wund;
Drum hat man die Kreuze gebaut von Stein,
Die Pflugschaar soll drunter vergraben sein,
Zu meiden des Bösen Schlingen -
Hütet euch vor alten Klingen!
 
Drum wahrt euch, wahrt euch, die ihr begehrt
Zum Pfluge zu wandeln das Ritterschwert!
Hoch blüht so manches edle Haus
Und die Rittertugend, sie starb nicht aus,
Ihr werdet sie nimmer bezwingen:
Hütet euch vor alten Klingen!




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