Als 1908 mein erstes Selbstbildnis entstand, dachte
ich daran, die Versversuche, die damals in einer Schulkladde aufgezeichnet
waren, beiseite zu legen und nur noch zu malen. Weil jene Verse ganz und
gar unentwickelt waren, schien sich der Versuch, als Maler vonanzukommen,
freilich zu empfehlen. 1912 wurde Prof. Maillard (Kgl. Kunstschule Berlin)
mein Lehrer. Er erteilte einen erregenden Unterricht, lehrte seine Schüler
das Wesen und den Reiz der Farbe empfinden, wies auf van Gogh und Cezanne
hin und war ein fanatischer Antreiber. Es entstanden stark farbige Aquarelle
und von Japan beeinflußte Holzschnitte. Auch gegenstandslose Arbeiten
waren beliebt, als Kompositionsübungen. [...]
Das volle Leben und Malen begann. Ein, zwei Jahre
lang expressionistische Bilder. Dann aber lag ein Knabe in der Wiege. Der
Knabe war es, der zur Umkehr mahnte. Es drängte mich, nahe an der
Natur zu bleiben. Und sang ich imn ein Wiegenlied, so mußte es einfach
sein wie das Brot, und mußte neu sein, wie dies Kind neu war. Nicht
daß der wilde Maler sich bereits geschlagen gab. Der Streit dauerte
mehrere Jahre. Denn ein Streit war es. In jener Zeit war ich wirklich das,
was man einen Maler-Dichter nennt. Ich gab Unterricht als Zeichenlehrer,
ich schrieb Verse und Prosa, und malte. Mit Dreißig kennt man keine
Müdigkeit.
Folgendes ist über diesen Streit zu sagen:
Es wäre für mich unmöglich gewesen, in beiden Künsten
ans Ziel zu kommen; und es war ein jugendliches Unterfangen, es überhaupt
zu versuchen.
Aus: "Zwischen Farbe und Wort". Undatierter Zeitungsausschnitt [Anfang 30er Jahre], in: Vingriana, Bayerische Staatsbibliothek München