reinhard döhl | gedichte | wandtexte
hellgraue steine

aporée

spielregel für
acht würfel
mit acht buchstaben
ich würfle namen
ein buchstabe fehlt

die bucht von douarnenez
eine königstochter heißt es
habe einem fremden die
schleusentore geöffnet ich
habe die glocken von ys gehört

dinge, die man nie vergessen kann
wenn man sie einmal gesehen hat
den grund des brunnens in teman
die ader in einer marmorsäule der moschee von corduba
gestern sah ich den weißen sand von xiros

gestern sah ich
in der höhle des montesinos
das marmorgrab von durandarte
sah ich belerma die königin guinevere
und dulcinea von tobosa

gestern sah ich
den strang zwischen den zähnen
einen fremden im glockenstuhl
hinter der uhr mit den 7 zifferblättern
auf seiner fiedel spielen

hinter der dunkelroten mauer
die verbotene stadt
die nach grünen walnüssen
duftenden einhörner ich betrete
die bibliothek mit dem nachlaß villons

ein toter fisch
ein roter stab
eine scheibe mond
und das wort undr
das alles enthält

die mädchen von tupia
umschlingen ihre liebsten
mit langen grashaaren
beginnt das gras zu blühen
müssen sie sterben

in der stadt hinter dem strom
in einem gasthof ohne möbel
längst verstorben geglaubte freunde
sehenswert sind die fresken
musik ist verboten

wort für wort
habe ich die leeren hefte gelesen
mein ganzes leben
vom ersten erinnern
bis zur letzten seite

wegbeschreibung
enoc wurde in eine säule eingemauert
andreas nahm das geheimnis mit ins grab
ich wäre mit der dritten quelle zufrieden
aber ich verstehe die zypressensprache nicht

während zwei grüne holzscheite
langsam verbrennen
während zwei scheite grünes holz
langsam verbrennen
eine sprache nur aus vokalen

forzenheim kälberfurz
mägdeflecken narrenberg
weißfischhausen
herr peter squentz
und die darstellung des mondes

aufwachend habe ich vergessen
was ich fragen wollte
träumend habe ich gefragt
was ich vergessen wollte
ich warte auf antwort

loatchik lo-at-chi
bis zum morgengrauen
wollte ich mit dir tanzen und
was ich sagen wollte
loatchi

ickpling gloffthrobb squutserumm blhiop
mlashnalt zwin tnodbalkguffh
slhiophad gurdlubh
asht
elfeinhalb zwölf

k'un-lun
ein vierzig fuß hoher baum
neun brunnen neun tore
ein see auf dem man nicht schwimmen kann
ein berggipfel aus feuer

jundapur
ich sah dich zum fluß laufen
ich sah dich in den armen des fährmanns
ich schrie als ich aufwachte
hörte ich nur den schrei eines reihers

nach wie vor hörte ich mich sagen
fehlen gärtner und parfümverkäufer
blumenbinder und köche
bäcker und dichter
was noch

begierde und fieber
wollust und tod
seien gegangen sagt man
als angus og sich
mit caitlin verband

hellgraue steine
jeder wunsch werde erfüllt
wenn man keine angst habe
und ohne frage sei
aber nur in bestimmten nächten

nicht was außerhalb der augen
sondern was in ihnen ist
begraben verlöscht
brücken fenster
als überflöge man ein leeres blatt

die orte nichtorte
möchtezeit für wanderer
auf der suche nach einem land
in dem man nicht ankommt
auf der suche nach engeln

zeichensprache
ich habe meine hände
an die stirn geführt und
meine arme vor der brust verschränkt
an die rose hatte ich nicht gedacht

ich mache die mehrsilbigen wörter
einsilbig lasse die partizipien aus
und vergesse die verben
alle vorstellbaren dinge
sind hauptwörter

was dann noch zu tun ist -
in einer ebene sich verlieren
von bergen in die leere schauen
wo in der sprachlosen ferne
das wirkliche aporée liegt.

[1997]


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