lautsprecher: mit dem letzten ton des zeitzeichens war es genau zwanzig uhr und dreißig minuten.
das radio wird hörbar ausgeschaltet.
der mann: du weinst?
die frau: weit es mich quält. weil sie mich quälen. weil ich ihn geliebt habe.
der mann: sie haben kein recht, dich zu quälen.
die frau: sie fragen. im scheinwerferlicht fragen sie. sie haben die stimmen von mördern. nachts. im schlaf. am tage. überall. und ich höre sie flüstern, ihre stimme vervielfältigt sich:- wie oft? mit wem? wie lange?
der mann: du weinst -
die frau: weil sie mich verrückt machen. mit den augen, mit denen sie mich ausziehen. und mit den nackten fingern, mit denen sie auf mich zeigen und in mich hineinstoßen, als wollten sie mich morden.
der mann: du weinst -
die frau: weil sie sagen, ihre stimme vervielfältigt sich: du bist schlecht. du bist schlecht. du bist schlecht. wie oft mit wem wie lange? wie oft mit wem wie lange? wie oft mit wem wie lange?
der mann: sie haben kein recht.
herr fischer lallt und seine stimme vervielfältigt sich: für kaiser gott und vaterland für kaiser gott und vaterland für kaiser gott und vaterland
frau fischer weit weg: mein gott, schrei doch nicht so. was sollen bloß die kinder denken. bist du denn ganz von gott verlassen. mein gott, hör doch auf zu schreien.
herr fischer lallt: vater unser land für gott und vater unser café unser vater unser café vaterland. ich will meinen kaffee haben ich will meinen kaffee haben.
die frau monoton: wie oft mit wem wie lange wie oft mit wem wie lange wie oft mit wem wie lange.
herr fischer lallt: wie lange soll ich noch auf meinen kaffee warten?
der mann: eindringlich: sie haben kein recht dich zu fragen, hörst du.
herr fischer brüllt: ich will meinen kaffee haben.
der mann: ihr kaffee bitte.
herr fischer: hat auch verdammt lange gedauert.
die frau leise: entschuldige bitte. mir wurde schlecht aber es geht mir schon wieder besser.
der mann: es geht besser? es war die angst. die haben dir angst gemacht, seit du ein kind warst, nicht wahr?
die frau: sie haben immer gefragt. unter scheinwerfern haben sie mich gefragt. ich mußte immer in das gräßliche licht hineinsehen. und sie haben immer gefragt. mit drohungen. nach meinem tode würde ich brennen.
der mann: sie haben kein recht dazu und sie haben nie ein recht dazu gehabt. du mußt es vergessen.
die frau: vergessen? ja, das muß ich wohl. aber sie haben mich immer gefragt.
der mann: vorsätzlich. sie machen alles vorsätzlich. sie haben immer gute vorsätze. das in alles. aber sie können ohne die nicht leben. ohne verdauung.
die frau: ja, habe ihn geliebt. da war kein vorsatz dabei. es war ganz einfach.
der mann: ich weiß. aber sie haben es vergessen. frierst du? es ist jetzt kalt abends.
die frau: nein, ich friere nicht. es ist schon nacht. wie spät ist es?
der mann: es ist spät.
die frau: wir wollen weitergehen. wirst du kommen?
der mann kommt näher ans mikrophon: ich will kommen. ist gott für tot erklärt?
die frau: gehen wir?
der mann sehr nahe: ich habe noch etwas zu tun. willst du schon vorgehen?
die frau: ich will auf dich warten. immer will ich auf dich warten. beeil dich.
der mann sehr nahe: ja, ich habe nur noch eine kteinigkeit zu erledigen.
herr frischer entfernt: darum sage ich euch, gott wird es schon machen. für ehre gott und
das schußgeräusch einer pistole.
frau fischer schreit weit entfernt: nein.
der mann: ja. wir können gehen.
die frau: du hast ihn nicht ausreden lassen.
der mann: er log noch immer. wir wollen gehen.
die frau: ja, das wollen wir.
stille / in die stille wird das chanson von der babylonischen gefangenschaft eingeblendet, das eine frauenstimme singt. zu diesem chanson gibt es eine musik von friedhelm döhl:
sie stehen an der normaluhr
von babylon
und warten auf die zeit.
doch sie sehen nicht auf
die zeiger der uhr
sie stehen da und warten
nur
und haben keine zeit.
die menschen an der normaluhr
von babylon
gehen weitet immer im kreis
doch sie sehen nicht auf
die zeiger der uhr
sie gehen im kreise und
warten nur
und haben keine zeit.
die zeiger an der normaluhr
von babylon
laufen weiter immer im kreis
sie warten nicht und sie
halten nicht an
die machen einen kreis und
sie halten nicht
und laben keine zeit.
zeitzeichen
lautsprecher: mit dem letzten ton des zeitzeichens war es genau dreinundzwanziguhr und dreißig minuten.
das radio wird hörbar ausgeschaltet.
herr fischer: ih bin dagegen.
frau fischer: ich bitte dich.
herr fischer: ich bin verdammt dagegen.
frau fischer: ich bitte dich. was sollen die kinder denken. sie sind übrigens immer noch nicht nach hause gekommen. ich mache mir ernstlich sorgen
herr fischer: ich bin verdammt noch mal ich bin dagegen.
frau fischer: aber was sollen wir bloß machen.
herr fischer. ach, da bist du ja. ich habe mich den ganzen tag deinetwegen geplagt. ich habe innen- und außenpolitik getrieben. familien- und sozialpolitik habe ich gemacht. und du sitzt immer noch auf deinem topf. es ist ein wunder. guten abend, liebling.
frau fischer: guten abend, liebling. ich bin schon seit stunden müde. die kinder sind immer noch nicht nach hause gekommen. Ich frage mich bloß, was wir machen sollen.
herr fischer. wegen der kinder?
frau fischer: nein. die sind schließlich alt genug. wir können uns ja nicht um alles kümmern. ich frage mich, was wir machen können. ich frage mich zum beispiel, ob wir nicht
herr fischer: ob wir was?
frau fischer: ob wir nicht gott lästern könnten.
herr fischer: ich bin dagegen.
frau fischer: aber es wäre doch wenigstens etwas neues.
herr fischer: nihil novi sub sole undsoweiter. du sitzt auf deinem topf. und daran wird sich nichts ändern. also bleib brav sitzen. außerdem ist es bald zeit, zu bett zu gehen.
der mann: du.
die frau: ja.
der mann: unsere schritte werfen keinen schatten.
die frau. unsere schritte hinterlassen keine spuren.
herr fischer: man darf sie nicht aus den augen lassen.
frau fischer sie gähnt / dann hellwach: wen?
herr fischer: es ist empörend. es ist skandalös.
frau fischer: natürlich liebling.
herr fischer: es ist - es fehlen ihm hörbar die worte - es ist...
frau fischer: natürlich liebling.
herr fischer: unnatürlich, gesetzwidrig. es ist - was sage ich - es wird immer schlimmer. und das an kaisers geburtstag.
frau fischer: führers geburtstag.
herr fischer: kaisers geburtstag! hörst du? kaisers geburtstag, das andere ist ein schlechter teppichwitz.
frau fischer: ja. aber
herr fischer: kein aber.
frau fischer: aber die kz's und die juden, und dann was die leute so sagen, daß man menschen einfach vergast hat oder lampenschirme gemacht hat. aus der haut. und seife. aus den knochen.
herr fischer: eigentlich müßten die kinder schon längst da sein.
frau fischer: und daß man sie hingeschickt hat. und sie haben ein Loch in die gefrorene erde hacken müssen.
herr fischer: die kinder sind immer noch nicht da.
frau fischer: und dann hat man sie von hinten totgeschossen und in das loch da geworfen.
herr fischer: hör endlich auf damit. du bist ja nicht dabei gewesen. du hast doch keine schuld. das ist doch alles bloß gerede, weil sie wollen, daß wir ein schlechtes gewissen haben sollen. verdammt noch mal, wo die kinder bloß bleiben.
frau fischer: sie müßten schon längst zu hause sein. wie spät ist es denn?
herr fischer: fast schon wieder morgen.
frau fischer: jaja. diese ungewißheit. und das warten.
herr fischer: was sollten wir sonst tun?
frau fischer: nichts. wir können nichts tun. und nichts geschieht.
herr fischer: was sollte wohl geschehen?
frau fischer: ich weiß nicht. nichts.
der mann. worauf warten wir noch?
die frau: ja, worauf warten wir noch, nachdem dies alles geschehen ist. leiser: im grunde ist das alles so einfach.
der mann: es ist spät. wir wollen gehen.
die frau: ja. und immer leiser: es ist ganz einfach. ganz einfach. einfach.
frau fischer: es ist spät.
herr fischer: ja, es ist spät.
frau fischer: ich werde zu bett gehen. gute nacht.
herr fischer: ich will nur noch die nachrichten hören. ich komme gleich nach.
lautsprecher: wir geben die ausspielungen im heutigen zahlenlotto bekannt.
in originalaufnahme: ten nine eight seven six five four three two one.
es erfolgt eine größere explosion oder trommelwirbel wie bei einer hinrichtung / pause.
lautsprecher: diese durchsage ist ohne gewähr.
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