ein neues requiem | löse das band deiner schuhe | die irre (1) | die irre (2) | die irre (3) | bambusfloß am himmel | silberfisch und rose | ich hörte sagen | requiem 56 | trompete für pan | efeu | wechselnd unter dem mond | am achten tage der schöpfung (2. fassung) | brief an die freundin | segel traumlos
kommst du wieder,
singt der pirol,
der einzige unserer sümpfe.
das fieber der sümpfe
hat auch dich belehrt
umzukehren - ohne angabe
der adresse
zwischen termitenhügel
gehängt.
nicht mehr die moskitostiche
merken,
das ist die antwort
der bloßen arme,
die braun in die sonne greifen.
löse das band deiner
schuhe,
meine augen sind schwerer,
wenn ich sie
von der leere deiner hände
emporhebe.
löse die korallen,
die um deinen hals sind,
und gib sie dem schwan,
der dir das brot
aus der hand nimmt.
löse den traum,
der um beide,
um dich und mich noch ist.
löse das band deiner
schuhe,
löse das blut der korallen.
tritt in den raum
ein und schweige,
wenn du mein spiegelbild
siehst.
sei behutsam zu ihr
und sprich worte,
wie man sie kindern sagt.
gibt ihr ruhig den stift
wieder,
den du ihr nahmst.
bleibe,
wenn ihr gekritzel klagt.
es klagt dich an.
sei behutsam zu ihr
und sprich worte,
aber sprich sie langsam.
du hast den krug geleert,
ich will ihn zu scherben
schlagen,
niemand kann sagen,
ob helios morgen noch fährt.
stunde des vogel greif,
über schädelstätten,
auf der liebenden betten
fällt morgen schon
reif.
du hast den krug geleert.
(der müde alte zecher
opferte zuerst. er hatte
den becher
bis zur neige begehrt.)
stunde, da niemand lacht;
mythos und wunde -
es schließt sich die
runde
vielleicht schon zur nacht.
du hast den krug geleert,
ich will die scherben,
ich will die kerben
für das, was ich verzehrt.
tragen, dahingehen wie ein
hauch,
leib in urne aus rauch,
firmenschild des kälteren
wächters.
tragen die kette der schwangeren,
kette aus mißgunst,
der tage wärme und
laubgeruch verwest.
das lied der einfältigen,
aus billigem kaffeehausdunst,
zwischen den spitzen des
gelächters.
tragen, dahingehen wie ein
hauch.
tragen die kette der schwangeren.
singen das lied der einfältigen.
bambusfloß am himmel
pappel aus den schwarzen
fenstern der ruinen,
türme von babylon
aus stahl und beton -
aber bambusfloß am
himmel.
zerbrochen ist der tonkrug:
aus seinen scherben
sind die wurzeln der pappel,
sind die türme von
babylon.
zerbrochen sind die sonnenuhren:
aus ihren ziffern
unter den blättern
des weines
lesen kinder vielleicht
eine zeit.
pappel aus stahl und beton,
pappel zwischen den türmen
von babylon,
pappel aus den schwarzen
fenstern
und bambusfloß am
himmel.
silberfisch und rose,
mit ihnen ist natur hinzugetreten,
die rose stahl ich, den
fisch
schnitt ich aus einer konservendose.
silberfisch hat kein meer,
seine flossen rudern den
himmel herab,
in seinen gräten ist
der wind,
ist ein grab.
rose hat keine schwester,
hat auch kein wasser im
krug,
eine handvoll sonne
ist am abend genug.
silberfisch und rose -
rose stahl ich,
fisch schnitt ich
aus der konservendose.
ich hörte sagen,
die kathedralen
seien wieder.
ich hörte sagen,
auf grauen wassern
seien blaue segel.
ich hörte sagen,
die sonne sei weiß
über den kathedralen.
und als ich das hörte
ging ich hinaus
und schwieg.
formen -
kinderleicht, greisenschwer:
spiegelbild in den gebrochenen
fenstern
der kathedralen.
das ist - verglichen mit
dem geräusch
der gesprungenen glocken
-
genug geräusch und
requiem
für alte grabsteine
und vorübergehende.
unter dem starren auge
schrittlangsam die
ausgespienen der katakomben.
das müde gesicht des
küsters
sieht erstaunt
und ohne sonderliches verständnis
auf die gesträubten
nackenhaare
seines hundes.
roter bordeaux auf den tischen,es ist so stille hier
als sei der große pan gestorben
[christoph martin wieland]
gib mir die trompete,
gib mir den traum,
bordeaux steht auf den tischen,
girlanden sind im raum -
bekränztes - schatten
unter dem augenlid.
gib mir die trompete,
das fenster will ich zerbrechen.
pan
öffnet die augen.
efeu an den wänden
der bars,
in den händen
der trinkerin. efeu im fallen
des haars.
eine ranke ist noch aus tränen,
zerrissene insel im fluß
stadt,
außer verfallenen
kähnen
ist niemand, der solchen
efeu hat.
muschel in der hand
des kindes, sand,
der durch sie hindurchgeht.
efeu an den wänden
der bar,
gebet
in den händen
der trinkerin. efeu im fallenden
haar.
wechselnd unter dem mond
bin ich über die plätze
gegangen.
sieh die schatten, sie verfärben
sich,
dein gang ist von netzen
verhangen.
der laternenanzünder
- der letzte , den ich weiß
-
löschte auch diese
laterne,
sie wurde zu heiß.
ich höre sein langsames
dahingehen. seinen schritten
folge ich. ich weiß,
er hat die laternen gelitten.
wechselnd unter dem mond
bin ich über die plätze
gezogen,
verfärbt sind die schatten,
reif wurde der wein an den
bogen.
am achten tage der schöpfung (2. fassung)
die hand der schöpfung:
weiß klappert die
milch
in den ersten kannen
zu stadt.
die biegung der straße
läßt das abwasser
gerade durch den nebel
brechen.
ferne ist dein gesang,
langsame hügel tragen
den schritt,
den du zögernd tust.
nicht deine augen sind es,
nicht dein mund -
dein atmen teilt sich den
gräsern mit.
anders sind die dinge,
mit denen die wände
beschäftigt sind -
und das blaß der fenster
ist anders
und dein herz.
traumlos sind die segel.
sie kleben am himmel.
sie gehen mit dem wind.
achte auf die strömung.
vergiß nicht die ströme.
achte auf das meer.
traumlos sind die segel
über ufer und horizonte.
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