BioBibliograffiti
| Über Reinhard Döhl
man.
Eine Partitur für 5 Stimmen
Auschwitzprozess Beginn 20.
Dezember 1963 [-1964]
Hermann Langbein: Der Auschwitzprozeß.
Eine Dokumentation. Europa-Verlag Wien 1965
Peter Weiß: Die Ermittlung.
1963/1964
Reinhard Döhl: man.
1961/1962 und 1965/1966
- man. texte. ["die texte man
wurden in den jahren 1961/1962 und 1965/1966 geschrieben und von hjm (d.i.
Hansjörg Mayer) im dezember 1968 gedruckt"] (wh 3, Privatdruck)
- man. In: wie man so sagt
gedichte. O.O.: HSW Verlag o.J. [1985]. (Privatdruck. HSW steht als Kürzel
für die damals in Botnang benachbarten Autoren Helmut Heißenbüttel,
Döhl sowie den in Botnang geborenen Pastorensohn und Präjakobiner
Wilhelm Ludwig Wekhrlin). ["wie man so sagt / wie man so liest" sind Teilpublikationen
des Projekts "wie man so sagt/wie man so liest/wie man so hört", das
sich in den 60er Jahren nicht abschließen ließ]
-
Teildrucke in Anthologien
- bewältigte [sic] vergangenheit.
Teildruck der direkt auf den Auschwitz-Prozeß bezogenen Texte in:
Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.
Deportation und Vernichtung in poetischen Zeugnissen. Hrsg. von Bernd Jentzsch.
München: Kindler 1979
- Dass. in: Hans Weber (Hrsg.):
Vorschläge 2. Literarische Texte für den Unterricht Deutsch als
Fremdsprache. Bonn: Inter Nationes 1995; 2. überarb. Aufl. 1998
- man. Permutationen für
5 Sprecher. WDR Literarisches Studio 11.8.1969 (Regie Hans Gerd Krogmann),
mit Whlg und öffentlicher Diskussion
- man. Partitur für
fünf Stimmen. SR Hörspiel 1970 (Regie: Clytus Gottwald). Mehrere
Whlgen. beider Produtionen. Öffentliche Vorstellung auf der Experimenta
4. Akustische Ereignisse "Neues Hörspiel", Frankfurt 1.6.1971 und
auf der 8. Documenta, 1987 in Kassel.
- Aufführungen der
WDR-Version fanden auch im Rahmen von Ausstellungen statt: Amsterdam: Stedelijk-Museum:
akustische texte / konkrete poesie / visuelle texte; Stuttgart: Studiengalerie
Ausstellung Ulrich Zeh; Hof: Galerie Weinelt im Bootshaus: Reinhard Döhl:
Visuelle Poesie 1960-1970]. Eine vergleichende Sdg. beider Fassungen mit
einem Essay von Heinrich Vormweg sendete der WDR III am 8.3.1974]
- Stuttgarter Buchwochen 1970
(Regie Clytus Gottwald); Wilhelma-Theater, Stuttgart 1993 (Regie Christian
Hörburger).
[...] Bei der Eröffnungsfeier
[der "Stuttgarter Buchausstellung 1970"] wurden Sprachkompositionen von
Max Bense und Reinhard Döhl vorgetragen. Clytus Gottwald hat diese
Kompositionen inszeniert; die Mitglieder der Stuttgarter "Schola Cantorum"
waren die Mitwirkenden. Kurzfilme von Peter Rühmkorf, Peter O. Chotjewitz,
Otto Sudrow und Robert Weitert ergänzten das Programm der Eröffnungsfeier.
[...]
Stuttgarter Nachrichten
13.11.1970
Winfried Roesner: Im
Paradies für Leseratten
[...] Die Eröffnung der
Buchausstellung bot viel, aber nichts, was von den Büchern hätte
ablenken können. Die beiden Reden taten es nicht. Wein und Brezeln
schon gar nicht, im Gegenteil. Und das Programm zur Eröffnung war
so listig angelegt, daß man zwischendurch auch noch einmal zu den
Büchern bummelte. Denn womit sollte man sonst die überlange und
genau besehen überflüssige Pause zwischen den beiden Programmteilen
füllen?
Teil I war Sprachkompositionen
gewidmet, später sah man Kurzfilme. Zwei gute und einen nicht ganz
so guten. Interessanter aber waren die sprachlichen Experimente, zu denen
Max Bense und Reinhard Döhl die Texte lieferten. Texte waren es eigentlich
nicht mehr, eher Wortpartituren. Einfälle, die auf einem Wortfeld
gewachsen sind, genauer: auf einem "Rosenschuttplatz", wie Bense seine
Komposition nannte. Und Döhls Studie umkreiste das Wörtchen "man".
Im Publikum hörte man amüsiert zu, wie die fünf Damen und
Herren der Stuttgarter Schola Cantorum die Inszenierung von Clytus Gottwald
realisierten, improvisierten, vokalisierten - alle fünf gleichzeitig.
Man erlebt, wie Claus Huebner sagte, Produzierende und nicht ein Produkt.
So zerlegte, überlagerte Sprache hat einen höheren Aufmerksamkeitswert
und mehr Humor als ein gradliniges Traktat über die Ausflüchte,
die sich hinter dem Wörtchen "man" verbergen können. Die Sprache
wirkt als reine Assoziation, kreist ein, belagert das "Thema" geradezu.
Es ist eine neue taktische Konzeption der Literatur, entlarvende Wortattacken
und aparter Genuß zugleich. Nur die Buchdrucker kämen ins Schwitzen,
sollten sie diese Kompositionen lesbar machen.
Hofer Anzeiger
oder Frankenpost Hof, 16.10.1970
Ralf Sziegoleit: Kabarett
der Sprach-Artisten / Linzer Autoren-Gruppe überzeugte nicht / Faszinierendes
Sprechstück
[...] In der Galerie
Bootshaus wurde anschließend Reinhard Döhls Ausstellung "Visuelle
Poesie" eröffnet (wir berichteten bereits
darüber). Döhl,
Stammgast und Mitinitiator der Hofer Literaturtage, las dazu "Klappentexte",
Zitaten-Verschnitte aus
Western-Romanen und Krimis,
in denen so ziemlich alle berühmten Helden der einschlägigen
Literatur vereint ihren
Klischee-Geschäften
nachgingen. Ganz lustig. Der erste Höhepunkt kam dann vom Tonband:
Döhls Hörspiel oder besser
Sprechstück "Man".
Da wurde virtuos mit der Sprache umgegangen, es wurden Phrasen gedroschen,
auseinandergenommen,
verhackstückt. Und
das war durchaus nicht nur Spielerei; es war eine spielerische Demonstration
von Sprachverhunzung und
Manipulation, ein Angriff
auf Sprücheklopfer, aufs verallgemeinernde, unpersönliche Gewäsch,
dem man Tag für Tag begegnen kann.
Dennoch gab's gerade bei
dieser auch vom Rhythmus her faszinierenden Vorführung Störmanöver
aus dem Publikum, einer in
Hippie-Kluft schaltete schließlich
das Tonband ab. Henneberg und seine Schriftstellerkollegen ließen
sich's gefallen. Warum
eigentlich?
Kulturwarte.
Nordostoberfränkische Monatsschrift für Kunst und Kultur, Jg
16, H. 12, Dezember 1970
Ralf Sziegoleit: Hof
und die neue literatur
[...] Am Eröffnungsabend
präsentierte Reinhard Döhl, Akademischer Rat aus Stuttgart, "visuelle
Poesie" - Poesie zum Anschauen. Die Ausstellung in der Galerie Bootshaus
machte Spaß: Zerschnipselte Kataloge, unentzifferbare Briefe, Spiegel-Gedichte
und Buchstabenbilder stellten den vertrauten Umgang mit der Sprache in
Frage. Amüsantestes der 47 Ausstellungsstücke: ein Apfel, in
dem der Wurm ist - buchstäblich, denn aus nichts anderem als den Wörtern
"Apfel" und "Wurm" besteht die Lesefrucht. Zur Eröffnung der unkonventionellen
Schau stellte Döhl per Tonband sein Sprechstück "Man" vor, das
virtuos mit der Sprache umgeht, den Phrasendrusch aufs Korn nimmt und den
Zuhörern die alltäglichen Sprachklischees förmlich um die
Ohren schlägt.
Heinrich Vormweg:
Essay
zu "man" (1974)
Heinrich Vormweg: Hörspielautor
Reinhard Döhl (1985) [u.a. zu "man"]