Alaska
Europa, dieser Nasenpopel
aus einer Konfirmandennase,
wir wollen nach Alaska gehn.
Der Meermensch, der Urwaldmensch,
der alles aus seinem Bauch
gebiert,
der Robben frißt,
der Bären totschlägt,
der den Weibern manchmal
was reinstößt:
der Mann.
Der junge Hebbel
Ihr schnitzt und bildet:
den gelenken Meißel
in einer feinen weichen
Hand.
Ich schlage mit der Stirn
am Marmorblock
die Form heraus,
meine Hände schaffen
ums Brot.
Ich bin mir noch sehr fern.
Aber ich will Ich werden!
Ich trage einen tief im
Blut,
der schreit nach seinen
selbsterschaffenen
Götterhimmeln und Menschenerden.
Meine Mutter ist eine so
arme Frau,
daß ihr lachen würdet,
wenn ihr sie sähet,
wir wohnen in einer engen
Bucht,
ausgebaut an des Dorfes
Ende.
Meine Jugend ist mir wie
ein Schorf:
eine Wunde darunter,
da sickert täglich
Blut hervor.
Davon bin ich so entstellt.
Schlaf brauche ich keinen.
Essen nur so viel, daß
ich nicht verrecke!
Unerbittlich ist der Kampf,
und die Welt starrt von
Schwertspitzen.
Jede hungert nach meinem
Herzen.
Jede muß ich, Waffenloser,
in meinem Blut zerschmelzen.
Wir gerieten in ein Mohnfeld,
überall schrien Ziegelsteine
herum:
Baut uns mit in den Turm
des Feuers
für alles, was vor
Göttern kniet.
Zehn nackte, rote Heiden
tanzten um den Bau und blökten
dem Tod ein Affenlied:
Du zerspritzt nur den Dreck
deiner Pfütze
und trittst einen Wurmhügel
nieder, wenn du uns zertrittst,
wir sind und wollen nichts
sein als Dreck.
Man hat uns belogen und
betrogen
mit Gotteskindschaft, Sinn
und Zweck
und dich der Sünde
Sold genannt.
Und bist du der lockende
Regenbogen
über die Gipfel der
Glücke gespannt.
Einer sang:
Ich liebe eine Hure, sie
heißt To.
Sie ist das Bräuunlichste.
Ja, wie aus Kähnen
den Sommer lang. Ihr Gang
sticht durch mein Blut.
Sie ist ein Abgrund wilder
dunkler Blumen.
Kein Engel ist so rein.
Mit Mutteraugen.
Ich liebe eine Hure. Sie
heißt To. -
Don Juan gesellte sich zu
uns:
Frühling: Samen, Schwangerschaft
und Durcheinandertreiben.
Feuchtigkeiten ein alter
Rausch.
Ein Kind! O ja, ein Kind!
Aber woher nehmen und nicht
- sich schämen.
Mir träumte einmal,
eine junge Birke
schenkte mir einen Sohn.
-
Oh, welch ein Abend! Ein
Veilchenlied des Himmels
den jungen Rosenschößen
hingesungen.
Oh, durch die Nächte
schluchzt bis an die Sterne
mein Männerblut. -
Vor einem Kornfeld sagte
einer:
Die Treue und Märchenhaftigkeit
der Kornblumen
ist ein hübsches Malmotiv
für Damen.
Da lobe ich mir den tiefen
Alt des Mohns.
Da denkt man an Blutfladen
und Menstruation.
An Not, Röcheln, Hungern
und Verrecken -
kurz: an des Mannes dunkeln
Weg.
Ein Trupp hergelaufener Söhne
schrie:
Bewacht, gefesselt des Kindes
Glieder schon
durch Liebe, die nur Furcht
war;
waffenunkundig gemacht,
uns zu befreien,
sind wir Hasser geworden,
erlösungslos.
Als wir blutfeucht zur Welt
kamen,
waren wir mehr als jetzt.
Jetzt haben Sorgen und Gebete
beschnitten uns und klein
gemacht.
Wir leben klein.
Wir wollen klein.
Und unser Fühlen frißt
wie zahmes Vieh
dem Willen aus der Hand.
Aber zu Zeiten klaftern Wünsche,
in unserem frühesten
Blut erstarkt,
ihre Flügel adlerhaft,
als wollten sie einen Flug
wagen
aus der Erde Schatten.
Doch die Mutter der Sorgen
und Gebete,
die Erde, euch verbündet,
läßt sie nicht
von ihrem alten faltigen Leib.
Aber ich will mein eigenes
Blut.
Ich dulde keine Götter
neben mir.
Heißt: Sohn sein:
sich höhnen lassen von seinem Blut:
Feiger Herr, feiger Herr!
Purpurgeschleiert steht
meine Schönheit
Tag und Nacht für dich.
Was zitterst du?
Ich übe mir flinke
Sehnen an
für deine Wünsche,
o gib sie mir!
Laß mich tanzen!
Fege meinen Saal.
Gelbe speichelnde Gerippe
weißhaarigen, griesgrämigen
Bluts
drohen mir.
Ich aber will tanzen
durch dich
schleierlos
dein Blut.
Pastorensohn
Von Senkern aus dem Patronat,
aus Grafenblasen, Diadochen
beschiffte Windeln um die
Knochen
beflaggte noch vom Darnmsalat.
Der Alte pumpt die Dörfer
rum
und klappert die Kollektenmappe,
verehrtes Konsitorium,
Fruchtwasser, neunte Kaulquappe.
Der Alte ist im Winter grün
wie Mistel und im Sommer
Hecken,
Lobsingt dem Herrn und preiset
ihn
und hat schon wieder Frucht
am Stecken.
In Gottes Namen denn, mein
Sohn,
ein feste Burg und Stipendiate,
Herr Schneider Kunz vom
Kirchenrate
gewährt dir eine Freiportion.
In Gottes Namen denn, habt
acht,
bei Mutters Krebs die Dunstverbände
woher - ? Befiehl du deine
Hände -
zwölf Kinder heulen
durch die Nacht.
Der Alte ist im Winter grün
wie Mistel und im Sommer
Hecke,
'ne neue Rippe und sie brühn
schon wieder in die Betten
Flecke.
Verfluchter alter Abraham.
zwölf schwere Plagen
Isaake
haun dir mit einer Nudelhacke
den alten Zeugeschwengel
lahm.
Von wegen Land und Lilientum
Brecheisen durch die Gottesflabbe
-
verehrtes Konsitorium,
Gut Beil, die neunte Kaulquappe!
Über Gräber
Das schuftete und backte
nachts gebrochen
auf schlechtes Fleisch nach
alter Bäckerart.
Schließlich zerbrach
das Schwein ihm doch die Knochen.
Das Fett wird ranzig und
hat ausgepaart.
Wir aber wehn. Ägäisch
sind die Fluten.
O was in Lauben unseres
Fleischs geschah!
Verwirrt im Haar, im Meer,
die Brüste bluten
vor Tanz, vor Sommer, Strand
und Ithaka.
Drohung
Aber wisse:
Ich lebe Tiertag. Ich bin
eine Wasserstunde.
Des Abends schläfert
mein Lid wie Wald und Himmel.
Meine Liebe weiß nur
wenig Worte:
Es ist so schön an
deinem Blut.
Mutter
Ich trage dich wie eine
Wunde
auf meiner Stirn, die sich
nicht schließt.
Sie schmerzt nicht immer.
Und es fließt
das Herz sich nicht draus
tot.
Nur manchmal plötzlich
bin ich blind und spüre
Blut im Munde.
Gesänge
1
O daß wir unsere Ururahnen
wären.
Ein Klümpchen Schleim
in einem warmen Moor.
Leben und Tod, Befruchten
und Gebären
glitte aus unseren stummen
Säften vor.
Ein Algenblatt oder ein Dünenhügel,
vom Wind Geformtes und nach
unten schwer.
Schon ein Libellenkopf,
ein Mövenflügel
wäre zu weit und litte
schon zu sehr.
2
Verächtlich sind die
Liebenden, die Spötter,
alles Verzweifeln, Sehnsucht,
und wer hofft.
Wir sind so schmerzliche
durchseuchte Götter
und dennoch denken wir des
Gottes oft.
Wie weiche Bucht. Die dunklen
Wälderträume.
Die Sterne, schneeballblütengroß
und schwer.
Die Panther springen lautlos
durch die Bäume.
Alles ist Ufer. Ewig ruft
das Meer -
Räuber-Schiller
Ich bringe Pest. Ich bin
Gestank.
Vom Rand der Erde komm ich
her.
Mir läuft manchmal
im Maule was zusammen,
wenn ich das speie, zischten
noch die Sterne
und hier ersöffe das
ganze feige
Pietzengeschlabber und Abelblut.
Weil meine Mutter weint?
Weil meinem Vater
das Haar vergreist? Ich
schreie:
Ihr grauer Schlaf! Ihr ausgeborenen
Schluchten!
Bald sän euch ein paar
Handvoll Erde zu.
Mir aber rauscht die Stirn
wie Wolkenflug.
Das bißchen Seuche
aus Hurenschleim in mein
Blut gesickert?
Ein Bröckel Tod stinkt
immer aus der Ecke -
Pfeif drauf! Wisch ihm eins!
Pah!
Das Affenlied
Ihr Spiel Gottes! Himmel
sind die Schatten
der großen Wälder
um euer Fell.
Schlaf, Fraß und Liebe
reift still auf eurem
Blut-Sommerland. Ihr seligen
Mäher! -
Ein schmerzlicher Auswuchs,
von irgend einer Seuche
aufgetrieben
aus euerm kleinen, runden,
furchenlosen
Leib-Gehirnchen, ist unsere
Seele.
Du liebes Blut! Von meinem
kaum getrennt!
Tauschbar. Durchrausche
mich noch einen Tag!
Sieh: Stunden, frühere,
ausgelebte,
da wir noch reif am Ufer
hockten:
Da ist das Meer und da die
Erde -
Seht diese ausgelebten Stunden,
O diese Landungen aller
Sehnsucht
langsam um euch!
Madonna
Gib mich noch nicht zurück!
Ich bin so hingesunken
an dich. Und bin so trunken
von dir. O Glück!
Die Welt ist tot. Der Himmel
singt
hingestreckt an die Ströme
der Sterne
hell und reif. Alles klingt
in mein Herz.
Tieferlöst und schön
geworden
singt das Raubpack meines
Blutes
Hallelujah!
Da fiel uns Ikarus vor
die Füße,
schrie: Treibt Gattung,
Kinder!
Rein ins schlechtgelüftete
Thermopylä! -
Warf uns einen seiner Unterschenkel
hinterher,
schlug um, war alle.
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