2. Postkarte
eigentlich hatte ich gedacht, Du würdest vor Neugier platzen.
- Wohlan denn: Satz 1, 1. Thema: h a s a g s e. Eigentlich ganz
harmonisch
3. Postkarte
das 2. Thema geht dann so: e h a d d e h. Nicht ganz so harmonisch
aber auch nicht schlecht. Jedenfalls auf dem Spinett.
4. Postkarte
jetzt müssen natürlich beide Themen nach bester 12Tonmanier
durchgearbeitet werden. Die Umkehrung und der Krebs sind wichtig. Wenn
das nicht Händel gibt!
5. Postkarte
der zweite Satz beginnt damit, daß Franz Elise eine alte Krampfhenne
nennt und eine Winterreise antritt, Ludwig van ihm die schöne Müllerin
ausspannt. Naja
6. Postkarte
hab' ich Dir eigentlich die beiden Themen des ersten Satzes, den ich
übrigens 6:2 gegen Steffi Graf gewonnen habe, schon mitgeteilt? Clara
war unpäßlich und Brahms ziemlich verbittert. Achja
7 Postkarte
also Deine Feuerwerksmusik kam bei uns nurmehr als Krach an. Die Spülung
betätigend haben wir mit einer Wassermusik geantwortet, nur Lindpaintner
war nicht einverstanden, Ende des 2. Satzes
8. Postkarte
freundliche Einladung ist Grund, Dir einen weiteren Satz der Sonate
zu schicken. Übrigens ein paar Töne oder Laut dürftest Du
schon einmal wegen dieser welterschüt-
9. Postkarte
ternden Komposition (von Dir) geben. In ihrem dritten Satz (hasta la
vista) geht es zwar nicht über Stock und Stein, auch solltest Du ihn
nicht vierhändig mit Stockhausen auf einem Steinway - aber
10. Postkarte
Du solltest Dich nicht nur oberhalb sondern auch unterhalb des Steges
aufhalten; & gelegentlich auch Zumsteeg (1760-1802 eben u. auch ein
Johann) just on the road, stone-way eben
Californian sonata (1)
11. Postkarte
der 17. ist genauso geeignet wie der 13., mit dem 4. Satz: scherzo
fundamentale: zu beginnen. Er besteht hauptsächlich aus Klopfzeichen
auf dem
12. Postkarte
Celloboden (das Instrument ist also verso zu traktieren, mit einigen
Zwischengriffen recto) was mich auf rektal und die Frage bringt, warum
der Mastdarm beim Cello
13. Postkarte
vorn ist? Oder ist vorne beim Cello hinten: Wie auch immer, im vierten
Satz hast Du vor allem Klopfzeichen zu geben und wenig zu streichen, was
sagen soll, daß der 4. Satz nicht gestrichen wird. Alternatives pizz[icato]
und Zupfgeigenhansl ad lib.
14. Postkarte
jetzt sollten wir uns so langsam an den letzten Satz machen, der natürlich
auf dem Grundton d basiert und zunächst mit d e dis d e
des d e dis d e des das Auf und Ab unserer Wer-
15. Postkarte
keltagswelt so recht zu Gehör und vor die Ohren bringt und stellt.
Danach hast Du die Wahl, ob Du zu d e s c e h a / c e d e s c e h a
absteigen oder Dich schon zu dis e f e dis usw. aufschwingen willst.
Um jedes Mißverständ-
16. Postkarte
nis auszuschließen: ich gehe immer noch davon aus, daß
Du meine Dir gewidmete oder doch zugedachte Komposition auch aufführst
mit Pfeil u. Bogen, Stumpf und Stil (!) minor et major
17. Postkarte
ich sehe gerade, daß ich Dir den letzten Satz noch nicht auf
die Post gegeben habe. So füge ich rasch die Coda noch bei und Du
kannst Dir das Ganze jetzt hinter den Spiegel stecken oder einrahmen. Herzliche
Grüße auch an Betty, Dein Reinhard.
Californian sonata (2)
Ich liebe diese alten Gassen,
wo müde sich ein Haus ans andre lehnt,
als wolle es sich tragen lassen,
wo silbrig das vergilbte Fenster gähnt.
Ich bin sie oft entlang gegangen,
ich hab die Häuser angefaßt,
und alle meine Schritte klangen
nur zögernd dort und ohne Hast.
Nun habe ich sie lang nicht mehr gesehen
und sehne mich nach ihrer Heimlichkeit,
ich möchte gerne durch die alten Gassen gehen -
und ruhig werden mit der Zeit.
Arbeiter, morgens
Wenn der Morgen langsam seine Läden aufschiebt,
wenn die Bäume noch die kalten Blätter hängen lassen,
so, als ob sie ihre Pflicht vergaßen,
wenn in jedem Winkel es noch schwarze Nacht gibt -
stehen sie mit hochgeschlagnem Kragen
an den alten kalten Ecken,
und sie spielen mit sich selbst Verstecken,
während sie verkratzte Mappen tragen,
in den Taschen ballen sie die Hände,
und sie warten auf die Straßenbahn,
und der Tag fängt sehr früh an,
und sie warten auf sein Ende.
November spiegelt im Asphalt
Wie ein Lampion
hängt der Mond
zwischen zerfetzten Wolkenstreifen
wie zwischen Gardinen.
Ab und an
flimmert hoch
droben auch
schon ein Stern.
Schwarz glänzt noch,
schwer von Regen,
Straßenpflaster
im Laternenlicht.
[Erste Dreizeiler]
Wenn es lange regnet,
tanzen die Regentropfen
auf meinem Spiegel.
In der Hütte ist es dunkel,
aber der Köhler schläft nicht,
ich sah ihn zur Stadt gehen.
Wenn du glaubst,
du könntest die Hoffnung begraben,
kann es sein, daß dich der Totengräber liebt.
silberfisch und rose
silberfisch und rose,
mit ihnen ist natur hinzugetreten,
die rose stahl ich, den fisch
schnitt ich aus einer konservendose.
silberfisch hat kein meer,
seine flossen rudern den himmel herab,
in seinen gräten ist der wind,
ist ein grab.
rose hat keine schwester,
hat auch kein wasser im krug,
eine handvoll sonne
ist am abend genug.
silberfisch und rose -
rose stahl ich,
fisch schnitt ich
aus der konservendose.
vor dem haus wollen wir
räuber und gendarm spielen.
du bist gefangen.
mein bruder trägt ein weißes hemd,
er steht am stacheldrahtzaun auf der lauer,
die sonne macht schwarze streifen auf sein hemd.
meine mutter sitzt auf den märkten
und hält paradiesäpfel feil,
die wollen wir essen.
mein vater hat eine uniform, seine freundin
nähte ihm rote streifen an die hose.
sie weinte darum.
vor dem haus wollen wir spielen, lauf,
sie wollen uns kriegen, lauf
um dein leben.
sieh
nur
das wetter wird sich ändern.
morgens
sind dem trompeter die töne entfallen
sammeln die kellner das lose geld
und warten papier ist geduldig
ein herr in grauem anzug faltet ein schiff
er lächelt blöd blut auf den tischen
jemand sieht zu eine frau schreit
jemand hat ein weißes gesicht
ober bitte zahlen
ein frack nickt ein kleid fällt
und der rest die kazets und die juden
roter bordeaux auf den tischen
aufgehobene reste
und trinkgeld
gebrauchsanweisung
brenne ein streichholz an
und halte es an die zeit.
benutze es auch für deine pfeife
du weißt was du tust.
wirf es zu den andern
in die schale deines abfalls.
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